Gartner MQ RPA 2022

7. August 2022 08:41 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Gartner hat im Juli 2022 ihren Magic Quadrant für Robotic Process Automation (RPA) veröffentlicht. Der vollständige Bericht kann bei verschiedenen Anbietern von RPA-Lösungen kostenfrei gegen Hinterlassen der persönlichen Daten heruntergeladen werden, so z.B. bei UIPath. Autoren des Reports sind Saikat Ray, Arthur Villa, Melanie Alexander, Keith Guttridge, Andy Wang und Paul Vincent. Gartner definiert den Markt für Robotic Process Automation wie folgt:

Robotic process automation (RPA) is the software to automate tasks within business and IT processes via software scripts that emulate human interaction with the application user interface.

Kommentar

Die Definition von Gartner beschreibt nur einen Teil des Marktes, der durch traditionelle hinterlegte Definitionen, Skripte, Prozesse automatisiert. Hinzugerechnet werden müssen neue Ansätze mit Maschinenlernen (ML) und Künstlicher Intelligenz (KI). Regelbasierte Systeme mit Skripten kennen wir schon sehr lange aus Workflow-, BPM- und Expertensystemlösungen. Warum Gartner in ihrer Definition RPA-Lösungen auf Skripte beschränkt, ist nicht ganz erklärlich. Es wird immer noch vom ursprünglichen Ansatz von RPA ausgegangen, entweder regelbasierte Prozesse zu implementieren oder aber die Aktivitäten von Nutzern aufzuzeichnen, um sie anschließend automatisiert ablaufen zu lassen. Dieses Aufzeichnen von Benutzerschritten mit anschließender Speicherung und erneuter Nutzung des Prozesses gibt es schon sehr lange.

Als zwei unterschiedliche funktionale Anwendungsgebiete sieht Gartner:

  • „Unattended Automation
    Hierbei werden Daten und Informationsobjekte automatisiert in Anwendungen oder aus Anwendungen heraus bewegt. Einerseits werden so Anwendungen „gefüttert“, andererseits erhält der Anwender auf seiner Benutzeroberfläche Informationen bereitgestellt. Alles nichts Neues in der Welt des Workflows. Früher von Server-Prozessen gesteuert können diese Prozesse jetzt auch auf Desktop ablaufen. Die Skripte sollen dabei die Interaktionen des Benutzers nachbilden. Bots spielen hier eine zunehmend wichtige Rolle.
  • Attended Automation
    Hier werden Nutzeraktivitäten mit den automatisierten Prozessen kombiniert. Diese Prozesse und Aktionen werden in der Regel von den Anwendern selbst angestoßen. Sie laufen dann auf dem Desktop ab und können z.B. über Dialoge Prozesse individueller steuern.

Wesentlich ist die Integration mit mehreren Anwendungssystemen, so dass Informationen passgenau zusammengestellt werden können, ohne dass der Anwender in verschiedene Systeme wechseln muss. Hinzu kommt auch die administrative Komponente, Aktionen und Prozesse verschiedener Anwender zu harmonisieren und nachverfolgbar zu machen. Task Mining soll hierbei die automatische Generierung von Prozessen ermöglichen – womit wieder doch bei der Dreier-Kombo Analytics, ML und AI wären.

In dem Magic Quadrant (CopyRight (c) Gartner Group 2022) sind 15 Unternehmen aufgeführt. Im Text sind die Eigenschaften, Stärken und Schwächen der Anbieter und ihrer Produkte ausführlich beschrieben. Der Magic Quadrant ist nur eine mögliche Sicht auf die verschiedenen zu Grunde liegenden Kriterien. Kriterien und Gewichtung werden am Ende des Berichtes erläutert. Gartner ordnet in dieser Sicht des Quadranten nach der Fertigkeit der Unternehmen und ihrer Produkte (senkrecht Ability to execute) sowie nach der Vollständigkeit ihres RPA-Ansatzes (waagerecht Completeness of vision) ein.

Leaders

Im Segment der führenden Anbieter finden sich mit UIPath, SS&C Blue Prism, Automation Anywhere und NICE Spezial-Anbieter, die schon seit Jahren zu den Marktmachern gehören. UIPath ragt aktuell bei allen Anbietern heraus. Einige setzen auf universelle Werkzeuge, andere wie NICE spezialisieren sich auf bestimmte Anwendungsfälle. Interessant ist, wie Microsoft sich in die Führungsgruppe hochgearbeitet hat. Hier ist das Power Automate Produkt im M365-Ökosystem kartiert. Microsoft besitzt darüber auch andere Dienste, die für Workflow-Automation genutzt werden können.

Visionaries

Hier sind Pega (Pegasystems), Appian, und SAP sowie Salesforce, die kürzlich Mulesoft übernommen haben, gelistet. Hier spielen „Low-Code-„, „No-Code“- und „AI-based-„Lösungen wichtigere Rollen. Bei SAP und Salesforce kommt die direkte Einbindung in Standard-kaufmännische Anwendungen zum Tragen. Appian und Pega gelten dagegen als Anbieter, die nicht so sehr auf eigene führende Anwendungen fokussiert sind. Ebenso wie Microsoft haben SAP und Salesforce aber die Marktmacht, ihre integrierten RPA-Anwendungen bei ihren Anwendern durchzusetzen.

Challengers

Es gibt nur einen Herausforderer, der zu dem stark der Mitte der vier Quadranten angenähert ist: Workfusion. Workfusion setzt auf Intelligent Automation mit Fokus auf die Collaboration.

Niche Player

Zunächst ist auffällig dass IBM hier stark „abgerutscht“ ist, obwohl im Bereich KI stark vertreten. Ist dies die P8-Legacy? Bei Forrester wurde IBM in 2020 noch als führendes Unternehmen gelistet. Cyclone Robotics, Nintex und Laiye (letztere nur wichtig in Asia/Pacific) bieten auch Produkte mit „Enterprise“-Anspruch, sind jedoch zum Teil auf bestimmte Branchen oder Anwendungstypen spezialisiert. Interessant ist, dass auch Samsung SDS sich mit Brigthy aus dem Bereich von Assistenzsystemen in Richtung RPA entwickelt.

Einige Systeme sind im Vergleich zum letzten Jahr herausgefallen: EdgeVerse erfüllte nicht mehr die Kriterien, Kryon wurde von Nintex gekauft, NTT fokussiert nicht mehr auf RPA und Servicetrace wurde ebenfalls von Salesforce/Mulesoft gekauft. G2 listet weitere RPA-Anbieter in ihrer Übersicht, die vielleicht auch zukünftig relevant werden.

Unser Ausblick

Allen Anbietern ist gemeinsam, dass sie immer mehr auf Cloud-Lösungen fokussieren oder zum Teil bereits nur in der Cloud verfügbar sind. Machine Learning und Artificial Intelligence werden das einfache Nachvollziehen von Prozessen einzelner Mitarbeiter ablösen. Die individuellen Arbeitsgestaltungsmöglichkeiten für den Endanwender werden noch komfortabler werden.

Gartner geht davon aus,. dass bereits 2024, 95% aller RPA-Anbieter intelligente Automation und Integration sowohl über API als auch über den Desktop anbieten werden. Die Mehrheit der Anwender von RPA auf dem Deskktop wird sich auf den Ausbau der Funktionalität in Richtung weiterer Devices wie Mobile und Web sowie Sprachinterfaces und NLP Natural Language Processing konzentrieren.

Eine Studie auf Statista zeigt das Wachstum des Marktsegmentes RPA Robotic Process Automation (CopyRight (c) Precedence Research; Global NewsWire, Januar 2022; Statista-User-Account notwendig). Bis 2030 soll der Markt von 2020 2 Milliarden auf ca. 24 Milliarden US-Dollar anwachsen – mehr als das 10fache.

Die Corona-Pandemie mit verstärkter Heimarbeit hat wesentlich zum Wachstum von RPA Robotic Process Automation beigetragen. RPA löst dabei z.T. vordefinierte Workflows und komplexe BPM-Systeme ab, oder verbindet sich mit Ihnen. Mit verbesserter Administration und kontrollierten Server-Prozessen nähert sich RPA zunehmend dem Leistungsumfang von klassischen BPM-Systemen an.

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

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