Gartner Market Guide for Content Services Platforms
7. März 2023 16:53 Uhr | Dr. Ulrich Kampffmeyer | Permalink
Gartner hat ihre aktuelle Studie „Market Guide for Content Services Platforms“ (CSPs) 2023 bereits im Januar diesen Jahres veröffentlicht. Autoren des Berichts sind die bei Gartner üblichen Verdächtigen rund um Marko Sillanpaa und Lane Severson. Der Bericht kann bei verschiedenen Anbieter, z.B. Hyland, kostenfrei heruntergeladen werden: https://bit.ly/3F37FYy. In der Vergangenheit hatte Gartner häufig Studien in Gestalt des Magiq Quadrant veröffentlicht – diese aber für das Marktsegment Content Services eingestellt (zuletzt 2021). Offensichtlich hält Gartner aber weiterhin am Begriff Content Services Platforms fest, wie dieser Bericht zeigt.
Die wesentlichen Ergebnisse sind:
Key Findings
- Übergreifende Content-Services-Strategien sind bei den Anbietern selten, da passende Lösungen in der Vergangenheit entweder für eng begrenzte Anwendungsfälle (z. B. für die Weiterleitung von Records und Genehmigungs-Workflows) oder für zu weit gefasste Zwecke, Suiten-Ansätze oder Speicherung von beliebigen Daten in der Cloud, eingesetzt wurden.
- Anwenderunternehmen, die sich nur auf Verbesserung der Produktivität und Zusammenarbeit konzentrieren, sehen sich häufig mit überschneidenden Redundanzen und unnötigen Ergänzungen in CSP-Lösungen konfrontiert, die die Verwaltung und den Schutz von Inhalten erschwert.
- Von den 67 Anbietern, die bisher in den verschiedenen Ausgaben des Gartner Magic Quadrant erschienen, sind nur 33 unabhängig geblieben. Bisher haben sich nur wenige in Anbieter neuer SaaS-Plattformarchitekturen gewandelt.
Interessant ist auch, wie Gartner den Markt definiert:
<Zitat>
Market Definition
Content services platforms (CSPs) are foundational for managing and utilizing content within an organization. CSP technologies enable employees to retrieve and work with content in a modern and seamless way across devices and organizational boundaries. Core CSP functionalities include content capture, creation, consolidation, processing and retention to support personal, team, departmental and enterprise business operations.
Content services platforms provide a basic set of tools to store, index and manage content with the intent that it can be edited and versioned. They serve as organizations’ default access point for internal content and provide the ability to embed content in other related documents and records management applications (e.g., enterprise resource planning, customer resource management, human capital management solution).
CSPs also provide a way to create consolidated content governance and increase efficiencies with records retention, data residence and sovereignty, document security and document audit trails. </Zitat>
Gartner sieht Content Services sehr eingeschränkt auf einen Teilbereiche des ECM Enterprise Content Management Konzeptes. Zu CSPs gehören Capture, Classification, Document & Content Management, Speicherung und Governance. Prozesse fehlen in der Definition. Auch die Anwendungsfälle sind sehr begrenzt: File Sharing, Prozess Optimierung (also doch auch BPM, RPA & Co.) und Compliance-Anwendungen.
Gartner differenziert die Anbieter und Lösungsansätze in drei Gruppen <Zitat>:
- Full-Suite Content Services:
Content services is the base platform for many other types of content services use cases that have very distinctive requirements. For example, extracting documents from a mainframe, digitizing paper and generating mass mailing such as statements. - Core Content Services:
This is the core set of functionality required to support official business content such as version control and information governance. - Content Collaboration:
This refers to the base functionality of centralized file sharing and storage. It is typically for work in progress documents used by individuals or teams. While it may be used for official business content, it is often not the best as it lacks even the most basic information governance capabilities. </Zitat>
Mit diesen Kategorien weicht Gartner wieder die enggefasste Definition von Content Services Platforms auf, da nunmehr auch Collaboration und Information Governance hier begrifflich Eingang finden. Dies wird noch deutlicher, sieht man sich die zwei Tabellen für Core- und für Full-Suite-Content-Services-Platforms an.
Core Functionality
- Content Repository
- New Work Hub Connectors (muss man bei Gartner nachschlagen …)
- Security Intelligence
- Privacy Intelligence
- Metadata
- Library Services
- Search
- Reporting
- Transformation Services
- Open APIs
Full-Suite Functionality
Core plus folgende Funktionalität:
- Process automation (or application development)
- Content Intelligence
- Productivity Intelligence
- Business Role Hub Connectors
- Enterprise Search (or federations)
- Information Governance (or Records Management)
- Output Management
- Intelligent Document Processing (IDP)
Bei der Full Suite kommen so viele weitere Komponenten hinzu, die letztlich aus einem CSPs im Prinzip ein intelligentes ECMS Enterprise Content Management System abbilden. Schlimm genug, dass praktisch Information Governance und Records Management gleich gesetzt werden.
Gelistet sind im Marktüberblick folgende 18 Anbieter mit ihren Produkten:
AODocs | AODocs |
Box | Box Content Cloud |
DocuWare | DocuWare |
Dropbox | Dropbox |
Egnyte | Egnyte |
Hyland | Alfresco Digital Business Platform OnBase Nuxeo Platform Perceptive Content Management |
IBM | Cloud Pak for Business Automation |
ISIS Papyrus | Papyrus Enterprise Content Manager WebArchive |
Kyocera Document Solutions | enaio IG Suite Kyocera Enterprise Information Manager nscale yuuvis |
Laserfiche | Laserfiche Laserfiche Cloud |
M-Files | M-Files Hubshare M-Files Online |
Microsoft | Microsoft 365 OneDrive SharePoint Teams SharePoint Server Subscription Edition |
Newgen | OmniDocs Contextual Content Services Platform |
Objective | Objective ECM Objective Nexus |
OpenText | OpenText Content Cloud, including: – Extended ECM – Core Content – Documentum – eDocs |
Rocket Software | Mobius |
SER Group | Doxis Intelligent Content Automation Doxis Cloud |
Systemware | Systemware |
Die „üblichen Verdächtigen“, die wir schon zu ECM-Zeiten hatten. Dabei als ursprünglich deutschstämmige Unternehmen Docuware und SER. Kyocera bietet hier ihr Sammelsurium von Optimal Systems (Enaio, Yuvis), Ceyoniq (nscale) und anderen Produkten an. Mobius wird unter dem neuen Besitzer geführt.
Im Bericht sind die Anbieter und ihre Lösungen nur mit Auflistungen der Grundfunktionalität erläutert.
Marktentwicklung
Der ECM- oder CSP-Markt ist matur, wie auch Gartner feststellt. Die Funktionalität und das Portfolio der Anbieter sind sehr ähnlich geworden. Unterschiede zeigen sich bei Anwendungslösungen, die auf der Content-Services-Platform aufbauen und deren Dienste nutzen.
Es sind im Prinzip immer noch die gleichen Anbieter, die dieses Marktsegment seit 10 Jahren dominieren. Bedingt durch Covid19 wurde viel in Collaboration investiert. Dies führte in 2021 zu einem Wachstum von über 10%, wo von 7,5% auf CSPs entfielen. Im übrigen wächst der Markt inzwischen nur noch langsam, da viele Anwender bereits (Teil-)Lösungen besitzen. Im Mittelstand ist zumindest in Europa noch Luft nach oben. Die Marktkonsolidierung schreitet weiter voran, wie auch unsere Übersichten zeigen (2022, 2023) . Über die Jahre hat Opentext allein 16 Anbieter übernommen während Hyland es in jüngerer Vergangenheit auf 5 Marktbegleiter brachte. Kyocera allein in Deutschland sog vier Anbieter ein.
Ein wichtiger Faktor im Markt ist weiterhin Microsoft. Während der Corona-Krise setzte Microsoft quasi mit M365 einen neuen Standard durch, der dank Sharepoint und OneDrive auch Dokumentenmanagement und Information Governance beinhaltete. In diesen Standard-Digital-Workplace muss jeder andere CSPs-Anbieter entsprechende Schnittstellen anbieten.
Durch das Thema Automatisierung mit Analytik, Prozess-Robotern, Künstlicher Intelligenz und selbstlernender, sich selbst weiterentwickelnder Software kommt eine Menge Druck auf die traditionellen Anbieter. Vieles versteckt sich hinter dem Begriff „intelligent“, den Gartner in ihrem Bericht gern verwendet. Hier zeigen sich dann doch noch sehr große Unterschiede in den verschiedenen Anbieter-Portfolios. Während dort manche noch mit der Umstellung in die Cloud beschäftigt sind, wenden sich andere verstärkt dem Thema Automatisierung zu. Die sinnvolle Integration von Artificial Intelligence – nicht einfach mal ChatGPT draufpappen – wird die Weiterentwicklung des Marktes beeinflussen und doch noch den einen oder anderen Marktspieler abhängen.