Gartner Magic Quadrant RPA Robotic Process Automation 2021
7. August 2021 19:16 Uhr | Dr. Ulrich Kampffmeyer | Permalink
Im Gartner Magic Quadrant für RPA Robotic Process Automation vom Juli 2021 sind diesmal 18 international tätige Anbieter mit ihren Produkten gelistet und bewertet. Die Autoren des 33seitigen Reports sind Saikat Ray, Arthur Villa, Naved Rashid, Paul Vincent, Keith Guttridge und Melanie Alexander. Wie bei Gartner üblich sind die Bewertungskriterien ausführlich erläutert.
Die Gartner MQ RPA 2021 Studie kann kostenfrei – mit Hinterlassen der Kontaktdaten z.B. bei der als führenden Anbieter gelisteten Automation Anywhere – [hier] heruntergeladen werden. Unsere Besprechung fasst wesentliche Ergebnisse zusammen und ergänzt diese um unsere Einschätzungen.
Gartner definiert den Markt für Robotic Process Automation mit lizensierten Software-Produkten, die genutzt werden, um verschiedene Software-Lösungen über das Benutzerinterface zu integrieren und zu orchestrieren, um damit wiederkehrende, regelbasierte und voraussehbare Aufgaben zu automatisieren.
Damit bewegt sich RPA im Bereich des Production Workflow und BPM Business Process Management (oder in jüngerer Zeit auch als BPA Business process Automation bezeichnet). Was häufig fehl ist die zentrale Definition und Steuerung von Prozessen. RPA ist sehr stark auf den Anwender konzentriert und unterscheidet sich hier stark von vordefinierten und zentral gesteuerten klassischen Werkzeugen. Das übergreifende Managen von RPA-Abläufen stellt vielfach eine Herausforderung dar und wird zunehmend auch in RPA-Lösungen nachimplementiert. Gartner sieht hier zwei wesentliche Trends für die nächsten zwei Jahre: (1) die Entwicklung von APIs zu besseren Integration und (2) die Ausweitung in Richtung Sprache, mobile Apps und weitere benutzerorientierte Automatisierungsmöglichkeiten.
Der Gartner RPA Magic Quadrant
Wie bei vielen Studien konzentrieren sich die Publikationen der Ergebnisse häufig auf die grafische Darstellung der Positionierung der Anbieter. Wichtiger ist jedoch im Bericht die Einzelbewertungen zu lesen, da der Magic Quadrant nur eine mögliche Sicht auf die zu Grunde liegenden Daten bietet. Die vertikale Skala des Magic Quadrant beschreibt die Fähigkeit der Umsetzung der Funktionalität wohingegen auf der horizontalen Achse die zukünftige Ausrichtung als „Completeness of Vision“ kartiert ist. Die Definitionen der Kriterien finden sich am Ende des Berichts.
Als Grundfunktionalität von RPA werden die Möglichkeit für Entwickler zum Skripten, die Integration mit Geschäftsanwendungen mittels Abgreifen von Inhalten auf der Benutzeroberfläche des Arbeitsplatzes (kannten wir schon einmal früher bei der Übernahme von Daten im Dokumentenmanagement) und wichtiger werdend, Administrations-, Konfigurations- und Orchestrierungsfunktionalität sowie Überwachungs- und Sicherheitsfunktionen. Nicht alle Plattformen unterstützen Intelligente Verarbeitung von Dokumenten (dies kommt aus dem IIM- oder ECM-Bereich), Maschinenlernen und NLP mit Nutzung vorgefertigter Modelle sowie Analytics mit Process Mining und anderen Werkzeugen. Als innovative Techniken werden API-Konnektoren im Zusammenwirken mit den UI Scrapers (dem Abgreifen von Daten im User Interface), „Low Code“-Werkzeuge für Automatisierungs-„Bots“ und sogenannte „Headless“ oder „Serverless“ Workflow-Werkzeuge für die Automatisierung angesehen. Diese und andere Eigenschaften der Produkte wurden einzeln bewertet und bilden den Rahmen für die Positionierung der Anbieter im Magic Quadrant.
Vier Produkte haben es in den Quadranten der führenden Anbieter, „Leaders“ geschafft: Vornweg UIPath (UiPath Platform mit Governance, cloud-orchestrated RPA as a service), dicht auf gefolgt von Automation Anywhere (AARI Anywhere Robotic Interface, IQ Bot, Discovery Bot, Bot Insight, Bot Store marketplace integration) und von den „Challengers“ aufrückend Blue Prism (Intelligent Automation Platform mit Blue Prism Cloud, ALM Automation Lifecycle Management, Capture, Interact, Decipher IDP, DX Digital Exchange). Ebenfalls ist hier Microsoft (PAD Power Automate Desktop sowie die Saas-basierte Azure Automation Platform und integriert Power BI, Process Advisor, LCAP Power Apps, API Konnektoren und Power Virtual Agents) prominent und aufstrebend kartiert. Microsoft integriert immer mehr Automatisierungsfunktionalität in die Microsoft365-Plattform und trägt so zur weiten Verfügbarkeit von RPA-Funktionalität bei.
Im Quadranten der Herausforderer, „Challengers“, finden sich nah der Mitte die Anbieter NICE (NICE Robotic Process Automation mit NEVA RPA assistant, Automation Finder, Automation Studio, OCR) und EdgeVerve Systems (AssistEdge RPA mit Discover, Engage, Cloud RPA, AssistEdge Community Edition).
Bei den Nischenanbietern befinden sich auch die IT-Boliden SAP (iRPA Intelligent Robotic Process Automation) und IBM (neu im Quadranten; IBM Robotic Process Automation, ehemals WDG Automation, zusammen mit Cloud Paks for Automation, Process Mining, Task Mining, IT Automation Services). Besonders IBM hat mit Künstlicher Intelligenz das Potential, noch mehr im Bereich Automatisierung voranzubringen. Das weit gestreute Feld in diesem Quadranten enthält mit NTT (WinActor RPA mit WinDirector, WinActor Manager on Cloud), Samsung (Samsung SDS; Brity RPA mit KI und Maschinenlernen), Nintex (neu im Quadranten; Nintex Workflow Automation, Digital Forms, Document Automation, e-Signatures, ehemals AssureSign, ProMapp Process Mapping, LCAP & iBPMS, ehemals K2 Software, sowie zahlreiche vorgefertigte Templates), Kryon (neu im Quadrant; aus Europa; Kryon Studio, Kryon Console, Process Discovery, Analytics), Cyclone Robotics (Cyclone Robotic Process Automation mit CIRI Cyclone Intelligent Robotic Interface), Cyclone Mobile Assistant, Cyclone Chatbot, Cyclone Automation Centre, Cyclone Automation Marketplace, Cyclone Data Insights, Cyclone Swift, Cyclone AI Skill Platform) und Laiye (neu im Quadrant; aus China; LaiyeRPA mit IDP Intelligent Document Processing, Chatbots, pretrained AI models) weitere Anbieter, die aber in Europa eine geringere Präsenz haben.
Bei den „Visionären“ mit innovativen Ansätzen sind Workfusion (WorkFusion Intelligent Automation Cloud mit AI, ML, NLP), Pegasystems (Pega Robotic Process Automation auf der Pega Infinity Platform mit BPMS, AI, CRM, Business Rules Support) und Appian (neu im Quadranten; Appian RPA als Ergänzung der LCAP/iBPMS Plattform) sowie Servicetrace (X1 XceleratorOne mit RPA, BPM, AI, Task Mining) vertreten.
Herausgefallen sind AntWorks, HelpSystems, Jacada und Kofax, die 2020 im MQ RPA berücksichtigt waren. Die Besprechung des Gartner Magic Quadrant RPA aus dem Jahr 2020 zum Vergleich ist [hier] bei PROJECT CONSULT abrufbar.
Trends
Gartner geht davon aus, dass um 2024 die RPA-Technologien als matur, als ausgereift, betrachtet werden können. Andere Analysten sehen aber weiteres Potential durch Künstliche Intelligenz und Integration mit herkömmlichen BPM-Ansätzen. Gartner stellt fest, dass der Markt bereits heute von 10 Unternehmen beherrscht wird, die rund 80% des Marktvolumens abgreifen. Dabei fallen über 50% auf nur 3 Unternehmen. Weitere Anbieter im Bereich kaufmännischer und anderer Unternehmenssoftware und Internet-basierten Office-Lösungen werden nachziehen, um selbst die Kontrolle über Prozesse zu behalten und diese nicht zusätzlichen Softwareprodukten auf dem Desktop zu überlassen. Gartner hat allerdings Anbieter und Service Provider nicht berücksichtigt, die RPA-Software von Dritten anbieten oder in ihren Lösungen nutzen. Letztere tragen auch erheblich zur Verbreitung der RPA-Nutzung bei.
Die Zeit der einfachen Scraping/Skripting-Werkzeuge wie auch des Hypes mit Übererwartung sind offenbar vorbei. RPA Robotic Process Automation hat sich zu einer Kategorie nützlicher Werkzeuge entwickelt, die die Entwicklung und die Individualisierung von Prozessen mit Integration verschiedener Softwareprodukte erheblich erleichtern.