Archivspeicher aus Glas

3. November 2022 10:13 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Heute ist World Digital Preservation Day (#WDPD) – da macht es Sinn, einmal über die dauerhafte Archivierung von digitalen Informationen für Millionen von Jahren sich Gedanken zu machen.

Bereits vor einigen Jahren wurden Speicher aus Glas vorgestellt, die ihre Informationen nahezu ewig bewahren können: „Eternal 5D Data Storage“ (https://www.southampton.ac.uk/news/2016/02/5d-data-storage-update.page). Der Glasspeicher hält ein tausendfach Vielfaches herkömmlicher Speicher wie Blu-Ray. Hierfür wird nanostrukturiertes Glas benutzt, das mit einem Femtosecond Laser beschrieben und gelesen wird. Der 2016 vorgestellte Speicher bot 360 TeraByte an Kapazität bei einer Hitzebeständigkeit von 1000 Grad Celsius. Bei Raumtemperatur gehen die Forscher davon aus, dass der Speicher Millionen Jahre lang hält. Hindernis für den Einsatz ist allerdings die sehr langsame Schreibgeschwindigkeit, an der aktuell gearbeitet wird und in 2022 erhebliche Beschleunigungen erreicht werden konnten. Inzwischen passen auf ein Glasmedium von der Größe einer CD über 500 TB Daten, die mit sehr hoher Sicherheit und Fehlerfreiheit deutlich schneller als bisher geschrieben werden können (https://opg.optica.org/optica/fulltext.cfm?uri=optica-8-11-1365&id=462661).

Inzwischen hat sich auch Microsoft dieses Verfahrens im Rahmen ihres Projektes „Silica“ angenommen (https://www.microsoft.com/en-us/research/project/project-silica/). Auch bei Silica werden die Informationen per Laser in Quarzglas eingeschrieben. Das Speichermedium ist sehr günstig, dauerhaft haltbar, einmal beschreibbar (WORM-Verfahren) und hat umwelttechnisch und energetisch einen geringen Fußabdruck. Mit Silica wurden bereits erste Musikaufnahmen und Videos archiviert. Ebenso wie die Universität Southampton arbeitet Microsoft an schnelleren Schreibverfahren. Inzwischen lebt auch die Idee der Jukebox, des Plattenwechsel-Automaten wieder auf (https://www.microsoft.com/en-us/research/project/project-silica/), die in Zusammenarbeit mit Warner Brothers zur Filmarchivierung entwickelt wurde. „Silica“ ist Bestandteil des Microsoft Programmes „Optics for the Cloud„. Hier wird im Rahmen des Projektes HSD „Holographic Storage Device for the Cloud“ auch an holografischen optischen Speichern für die Azure-Cloud geforscht (was mich an meine eigene Zeit vor knapp 40 Jahren am Fraunhofer Institut IITB in Karlsruhe erinnert).

Vor einigen Jahren schon ging die Ära der rotierenden digital-optischen Speicher zu Ende. WORM-Medien in 14″, 12″, 5 1/4″ und 3,5″ versprachen auch dauerhafte Archivierung. Nur leider kamen die Speicher in Bezug auf Schnelligkeit und Speichervolumen nicht mit den Festplatten mit, die zumal einfacher in Netzwerke integrierbar sind. Aber auch hier gab es Versuche von Sony mit besonders hochkapazitativen ODS-Blue-Ray-Medien in Jukeboxen (Sony ODS PetaSite Library) doch noch einen Durchbruch zu erzielen. Holografie-Speicher wurden schon vor langem „gehypt“, ohne dass sie eine wirtschaftliche Bedeutung erlangten. Vielleicht sieht dies mit den „Fensterscheiben-Speichern“ von Microsoft anders aus. Sie können vielleicht fast ewig halten – aber auch hier wird es Lesegeräte und Software brauchen, um an die Information zu kommen. Der Zugang zur Information und Format-Obsoleszenz sind weiterhin limitierende Faktoren.

Einen schönen WDPD noch …

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

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