Forrester Wave: ECMCP & CCP 2019

24. Juli 2019 16:56 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Zwei aktuelle Studien von Forrester zu ECM Content Platforms und Cloud Content Platforms definieren den Markt rund um ECM Enterprise Content Management wieder neu.

ECMCP

Begrifflich ist die neue „Forrester Wave™: ECM Content Platforms 2019″ eine Rolle rückwarts. Eben noch fixiert auf Content Services, BCS Business Content Services, TCS Transactional Content Services, nun wieder ECM im Namen der aktuellen Wave-Studie vom Juli 2019. Man befindet sich da irgendwo zwischen Content Services Platforms à la Gartner und dem traditionellen ECM Enterprise Content Management. Nun gut, ein wenig EIM Enterprise Information Management und IIM Intelligent Information Management spielt da auch mit hinein. Also heißt es wieder, die Kriterien ansehen, wie die Einordnung der 14 betrachteten Unternehmen vorgenommen wurde. Die Studie kann bei den verschiedenen gelisteten Anbietern wie OpenText oder SER gegen Überlassung persönlicher Daten und Androhung von Werbezusendungen heruntergeladen werden.

ECM Content Platforms 2019

Die Verfasserin der Studie ist Cheryl McKinnon, angesehene Analystin von Forrester, die auch schon in einer PROJECT-CONSULT-Panel-Diskussionen mit Beiträgen vertreten war. Cheryl definiert den Markt wie folgt:

<Zitat> Application Design Tools, Customer Support, Cloud Library Services Are Key Differentiators
As ECM shifts from on-premises suites to cloud-native and hybrid models, vendors with flexible platforms that include app design and development tools, mobile frameworks, and a superior customer service culture, dictate which providers will lead the pack. Vendors that can provide a balanced set of repository, collaborative, transactional, and intelligent content services position themselves to be the preferred content platform as customers modernize and shift to cloud.

The enterprise content management (ECM) market is in transition as cloud and hybrid deployments gain traction.1 Intelligent content services, such as artificial intelligence (AI), machine learning (ML), and advanced analytics, is the top area of vendor innovation, although AI adoption is in early days. 
Enterprises must consider user experience as essential — not a luxury. They need flexible platforms with a range of app and user interface design and development tools to tailor their employees’ experiences. Global full-time information workers spend over 27% of their day creating, finding, or reading documents.2 Mature vendors are under pressure from newer cloud-native providers and are having to step up the pace of their own next-generation content platforms. Competition, innovation, and the ongoing need to manage enterprise content create a large market opportunity.
</Zitat>

Eine klare Definition, was nun „ECM Content Platforms“ (ECMCP) sind, fehlt. Wir interpretieren dies so, dass die Funktionalität von bisherigen ECM-Lösungen ergänzt um neue Technologien wie KI, RPA, Analytics usw. als Infrastruktur für die Verwaltung beliebiger Inhalte dienen sollen. Also eine Art erweitertes ECM-Portfolio als Service-Infrastruktur in Unternehmenslösungen, Schwerpunkt auf on-premise (für CCP Cloud Content Platforms“ gibt es eine eigne Wave). Der Begriff „Content“ ist in dem neuen Wortgetüm nun zweimal vorhanden: einmal in ECM, zum Zweiten als „Content Platforms“. Der Leitbegriff von Gartner, „Services“ taucht praktisch gar nicht auf. Eine Service-orientierte Infrastruktur war schon seit 2000 Gegenstand der Grundprinzipien von ECM Enterprise Content Management. Mit dem Begriff „Platform“ nähert man sich wieder den Ansätzen von ECM an, das gesamte Unternehmen, für alle Anwendungen, ECM-Funktionalität bereitzustellen. Daher ist ECM Content Platforms eine „Rolle rückwärts“. 

Forrester schätzt das Marktvolumen für dieses ECMCP-Segment auf 10 Milliarden US$ im Jahr 2019 ein. Bis Ende 2020 soll sich das Volumen auf 11 Milliarden US$ weltweit erhöhen. Der Markt würde so in einem Jahr um ca. 10% wachsen. Ähnliche Wachstumsraten lassen sich auch bei vielen ECM-Anbietern in Deutschland feststellen. 

Die „Forrester Wave“ ECMCP 

In der Forrester Wave sind diesmal 14 Anbieter berücksichtigt. Dabei gibt es einige Neue und andere sind entfallen, vergleicht man dies mit den Waves zu ex-ECM-Anbietern von 2017. Zu den Nachrückern gehören GRM Information Management und Micro Focus, die aus der Information-Governance-Ecke wieder hinzustoßen. Die Aufteilung in die vier Kategorien der Wave bringt folgendes Ergebnis:

  • Leaders: Alfresco, Hyland, Microsoft, OpenText
  • Strong Performers: Box, IBM, iManage, Laserfiche, Newgen Software, Nuxeo, SER
  • Contenders: GRM Information Management, M-Files
  • Challengers: Micro Focus

The Forrester Wave (TM) ECM Content Platforms Q3 2019

OpenText ist mit seinem großen „Warenkorb“ an Lösungen weiterhin ganz oben. Einsatz von KI und Focus auf Partner wie SAP, Microsoft und Google stärken OpenText zusätzlich. Microsoft ist immer noch per Sharepoint enthalten. Hyland hat seine Position ausgebaut während Alfresco sich weiter nach oben positionieren konnte. Schön ist, dass mit SER auch ein aus Deutschland stammender Anbieter auf dem Weg nach oben ist. Box als ECM Platform ist allerdings noch zu unterentwickelt um hier mithalten zu können (aber wenn es auch Microsoft schafft). Bei Box spielt sich auch die Kooperation mit IBM eine Rolle, auch wenn IBM selbst weit in Richtung Contenders abgerutscht ist. Newgen, Nuxeo, Laserfiche und iManage (ehemals HP), sind zwar gut positioniert, spielen aber im deutschen Markt keine und im europäischen Markt kaum eine Rolle. Die Position von M-Files ist etwas seltsam. Von GRM Information Management hat man bisher wenig gehört. GRM tauchte auch schon bei Gartners Content Services Platforms auf. Und in der neuen Wave von Forrester zu Cloud Content Platforms ist GRM auch gut gelistet. 

Woher kommen die Einschätzungen? Hierfür bietet sich ein Blick in die Kriterien und Einzelwertungen der Angebote an:

Forrester Wave ECP Einzelwertungen (1)Forrester Wave ECP Einzelwertungen (2)

Die Einzelerläuterungen zu den Unternehmen und ihren Produkten finden sich in der Studie.

CCP

Nahezu zeitgleich hat Forrester am 18.7.2019 auch eine zweite Studie als „New Wave“ herausgebracht: „The Forrester New Wave™: Cloud Content Platforms — Multitenant SaaS, Q3 2019“. Diese Studie lässt sich bei Anbietern wie GRM Document Management (ja, die URL läuft noch auf Document Management) herunterladen.

Auch diese Studie mit 13 Anbietern wurde von Cheryl McKinnon erstellt. Sie definiert ein neues Marktsegment (für Forrester, Ovum hatte dazu 2017 auch schon eine Studie): „Emerging market for multitenant cloud content platforms„, sprich SaaS-Angebote für Content-Management-Lösungen. Wichtig bei der Bewertung der Ergebnisse ist auch der Unterschied zwischen der „Forrester Wave“ und der „Forrester New Wave“. Cheryl schreibt hierzu:

<ZitatAgility And Speed Drive The Cloud Content Platform Market
Two markets have collided. Traditional enterprise content management (ECM) vendors are rearchitecting their platforms to be cloud native, while vendors with heritage in cloud enterprise file sync and share have pivoted to broader content repository services. This market overlap has resulted in a new segment: cloud content platforms. New vendors, with purpose-built content platforms, have also joined this growing, competitive space. The pace of cloud adoption for content management continues to rise, and we expect that 33% of overall ECM revenue will be software-as-a-service (SaaS) in 2019.
Only 22% of global software decision makers describe their content management deployment as only on-premises.2 However, there are many delivery models for cloud content services — hosted, private, hybrid, single-, or multitenant — and each offers its own advantages. The multitenant cloud model offers specific characteristics that customers value. Global software decision makers report that when they adopted SaaS, they achieved benefits including better business agility, automated delivery of features and fixes, deployment speed, and cost reduction.

Cloud Content Platforms — Multitenant SaaS Evaluation Overview
The Forrester New Wave™ differs from our traditional Forrester Wave™. In the New Wave evaluation, we assess only emerging technologies, and we base our analysis on a 10-criterion survey and a 2-hour briefing with each evaluated vendor. We group the 10 criteria into current offering and strategy. We also review market presence.
We included 13 vendors in this assessment: AODocs, Box, Citrix, Dropbox, Egnyte, Fabasoft, Google, GRM Information Management, Laserfiche, M-Files, Microsoft, Nuxeo, and OpenText. Each of these vendors:
›› Offers a multitenant SaaS cloud content platform. Forrester looked at platforms that have been generally available in the market for a minimum of one year. We did not evaluate other cloud delivery models, such as hosted or managed services, single tenant, or private clouds.
›› Demonstrates a steady pace of innovation. Each vendor demonstrates an active road map and ongoing investment for the cloud content platform we evaluated.
›› Has customer references. Each vendor must provide references that use the multitenant SaaScontent platform we evaluated in a production environment.
›› Actively sells to large enterprises. Forrester defined a large enterprise as having more than 5,000 employees; we did not include vendors focused on small businesses or the midmarket.
›› Has active interest among Forrester clients. We focused on vendors that are most relevant to Forrester clients, as shown by the frequency of client requests
. </Zitat>

Die „Forrester New Wave“ CCP 

Es geht als um ECM-Lösungen als Cloud-Angebot (Überschneidungen mit der ECP Wave oben) und das ehemalige Umfeld von EFSS „Enterprise File Synchronisation & Sharing“. Die 13 (oberflächlich) „analysierten“ Anbieter werden wie folgt eingruppiert:

  • Leaders: Box, Microsoft
  • Strong Performers: AODocs, Dropbox, Fabasoft, Google, GRM Information Management, Laserfiche
  • Contenders: Citrix, M-Files, Nuxeo
  • Challengers: Egnyte, OpenText

Forrester_New_Wave_Cloud_Content_Platforms_Q3_2019

Es geht hier also um reine SaaS-Angebote die mandantenfähig (multi-tenant) sind. Vergleicht man die Waves für ECMCP und CCP dann sind die gleichen mal oben, mal unten, je nach dem wie es um das SaaS-Angebot bestellt ist. In der CCP Cloud Content Platforms New Wave ist OpenText ganz unten gelandet, Box und Microsoft bleiben oben. Box hat ja nur eine Cloud-Strategie, anders als andere Anbieter wie Fabasoft, Laserfiche, M-Files, Nuxeo und OpenText die eigentlich aus dem klassischen ECM-Inhouse-Geschäft kommen und sich erst in den letzten Jahren in die Cloud bewegt haben. Unternehmen wie AONdocs oder GRM sind in Deutschland noch weitgehend unbekannt. Dass Citrix hier beginnt ernsthaft mitzumischen ist den neuen Collaboration-Ansätzen geschuldet, wo man gern den Abstand zu Microsoft Office365 verringern möchte. Bei Box, Microsoft, Google, Dropbox, Egnyte und Co. geht es schwerpunktmäßig um Filesharing, zunehmend aber auch um Collaboration. Anbieter wie Box und GRM sind auch mit komplexeren Anwendungen im Markt unterwegs. Nimmt man die Kriterien von Forrester ernst, dann sagt diese aktuelle New Wave noch nicht viel aus. Nehmen wir hierzu die „Quick Card Reference“ aus der „New Wave“ zu Hilfe:

Forrester New Wave CCP Cloud Content Platforms Q3 2019

Die Details zu den einzelnen Unternehmen und ihren Angeboten finden sich in der New Wave Studie.

Synopse

Forrester unternimmt mit den beiden „Waves“ den Versuch das Thema ECM Enterprise Content Management neu zu fassen und zugleich in zwei Nutzungsangebote aufzuteilen: Inhouse On-Premise und Cloud SaaS. Diese Trennung gelingt nicht ganz, kann auch nicht. Die großen Anbieter von Enterprise Content Management Suiten decken heute das gesamte Portfolio ab: On-Premise, IaaS und PaaS im RZ, hybrid On-Premise & Cloud, SaaS in der Cloud sowie integrierte Subsysteme für beliebige kommerzielle Anwendungen. Hier spielen Fragen der Architektur und Auslegung der Software eine Rolle: wieviel der großen Standard-ECM-Funktionalität lässt sich in einer nativen App unterbringen oder setzt man lieber auf eine App mit einem Web-Client? Wie sieht das Thema Sicherheit und rechtliche Vorgaben aus, wenn es darum geht, wo SaaS, IaaS oder PaaS ihre Daten speichern? Welche Nutzungsmodelle aus „alten“ ECM-Tagen werden heute favorisiert wo Teams, RPA, Analytics & Co. neue Maßstäbe setzen? Im Herbst wird es interessant werden, zu sehen, wie Gartner, IDG, Nucleus und alle die anderen auf diesen Neu-Definitions-Vorstoß von Forrester reagieren. Ob dies aber alles dem Anwender hilft, eine geeignete Lösung zu finden, lassen all die schönen Bilder und Tabellen offen.

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

2 Kommentare zu “Forrester Wave: ECMCP & CCP 2019

  • Ist es wirklich schön, dass ein deutscher Hersteller sein Geld..
    31. Juli 2019 um 15:57
    Permalink

    .. für die Präsenz in einer Studie rausschmeißt? Das Geld wäre wirklich besser in Produktentwicklung oder Service aufgehoben.
    Ich lobe ausdrücklich alle Hersteller, die auf die Präsenz bei Bezahlstudien von Forrester, Gartner & Co verzichten.
    Die sind doch allesamt Ihr Geld nicht wert. Und der Hohn ist, dass die Gartners auch noch die IT-Chefs abkochen wollen (außer, ein Hersteller sponsort aufgrund hervorragender Resultate auch noch die Veröffentlichung der Ergebnisse). Mich wundert, dass so etwas nach all den Jahren noch funktioniert. Vielleicht, weil es so etwas ist wie Selbstbefriedigung der Marketingleiter?????

    Antwort
    • Die Kritik können wir teilen, aber ...
      31. Juli 2019 um 16:50
      Permalink

      Ja, solche Studien kosten Geld.
      Ja, die Qualität und die Kriterien lassen häufig zu wünschen übrig (siehe gerade die Kritik an den beiden Waves oben).
      Ja, der Nutzen ist umstritten (siehe z.B. unseren Beitrag von 2017 http://bit.ly/StudienRelevanz).

      Aber es gibt auch Groß-Kunden, da kommt kein Anbieter auf eine Shortlist, wenn er nicht bei Forrester, Gartner, IDG & Co gelistet ist und zudem noch weit oben & vorn. Erst kürzlich fiel ein Anbieter in einer Grafik zurück und dann durfte man dem Management des Kunden die Kriterien erläutern und dass es doch die beste Lösung für seine Aufgabenstellung sei.

      Wer global wahrgenommen werden will, muss halt dabei sein. Kleinere Anbieter erfüllen garnicht die Kriterien, um aufgenommen zu werden. Das ist keine Frage des Geldes. Man zahlt viel für die Listung und Services, aber man kann sich nicht einkaufen (zumindest bei den Seriösen).

      Natürlich dienen solche Studien mit nur wenigen betrachteten Anbietern und über die Jahre volatilen Bewertungskriterien auch dem Penis-Vergleich im Wettbewerb. jedoch sind bei den namhaften Analysten die Kriterien wenigstens nachvollziehbar. Anders sieht das bei Webseiten aus, wo jeder seine Bewertung posten kann oder gar bei solchen Webseiten, wo man ein paar Daten eingibt, ein paar Fragen beantwortet und dann einen (oder eine Reihe von) Anbietern genannt bekommt, die genau das richtige System haben.

      Quadranten, Waves, Matrices etc. dienen zur Orientierung. Sie sind auch Maßstab für die nicht gelisteten Anbieter.

      Und dass der Download solcher Studien (die sonstwo 4stellig kosten) bei den besprochenen Anbietern die Zurücklassung von persönlichen Daten erfordert – daran sollte man sich gewöhnt haben (oder bei PROJECT CONSULT etwas später nach der Veröffentlichung stöbern).

      Antwort

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