Forrester Wave „ECM“ 2015

22. Juli 2015 11:19 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Genau genommen heißt die aktuelle Forrester WaveTM "ECM Transactional Content Services, Q3 2015 | Our Evaluation Of 10 ECM Vendors And How They Stack Up" und wurde von Craig Le Clair und seinem Team verfasst. Sie beinhaltet die aktuellen Positionierungen von EMC, HP, Hyland, IBM, Laserfiche, Lexmark Enterprise Software, M-Files, Newgen und Unisys.

Die Studie wurde am 15.7.2015 veröffentlicht und kann bei den beteiligten Anbietern heruntergeladen werden. Wir haben einige wichtige Ergebnisse aus unserer Sicht hier zusammengefasst. Die Forrester Wave für ECM gibt es alle zwei Jahre – anders als der jährliche Gartner Magic Quadrant für ECM oder die ständig aktuelle Go2Crowd Grid für ECM. Allerdings erstellt Forrester zwischenzeitlich auch andere Studien zum Thema ECM wie z.B. "Forrester’s July 2014 Global Enterprise Content Management And Archiving Online Survey" oder für Fabasoft die Befragung zum Einsatz von ECM in der Cloud in Deutschland, Österreich und der Schweiz (2014).

In diesem Jahr hat Forrester die Bezeichnung der WaveTM für ECM Enterprise Content Management auf "ECM Transactional Content Services" geändert. So stellt sich auch hier angesichts der aktuellen Diskussion um den Begriff ECM die Frage, was denn nun mit "Transactional Content Services" und warum diese Formulierung eine neue Qualität für Enterprise Content Management mit sich bringen soll: 

"Forrester defines the enterprise content management market according to how the content is put to use. Business content helps workers complete tasks and share ideas. It may originate internally or be received from partners, prospects, or clients. Business content includes familiar formats, such as office documents, presentations, spreadsheets, and rich media. Transactional content generally originates outside of the enterprise from third parties, such as customers and partners, and relies on complex workflows or business process management (BPM) to drive processes. Many companies are mining customer interactions to find patterns and trends in what clients say to predict how they might behave in the future."

Forrester legt also den Fokus neben den traditionellen Themen auf die Verarbeitung von Inhalten, die von außen in das Unternehmen kommen (traditioneller Content oder Dokumente – und nicht wie man auch meinen könnte, "Daten statt Dokumenten" oder generell alle Information), auf Business Process Management und auf Analyse und Auswertung der Informationen. Während die ersten beiden Themen Capture und BPM schon immer Schwerpunkte in ECM Enterprise Content Management waren kommt Analytics als neues Thema hinzu. "Services" spricht für die Eigenschaft von Enterprise COntent Management als Dienste-Konzept und Middleware, wo Services im Untergrund allen Anwendungen zur Verfügung gestellt werden.

Für die Bewertung der Unternehmen und ihrer Produkte kommen 26 Parameter zum Einsatz, die im Auswertungswerkzeug individuell gesteuert werden können (die übliche Wave-Darstellung ist nur eine generalistische Sicht auf die Daten). Basis der Untersuchung sind 143 befragte Technologie Spezialisten und auf Grund der Auswahlkriterien damit eine Einschränkung für den Wert des Ergebnisses: "This survey used a self-selected group of respondents, Forrester contacts interested in enterprise architecture and content management, and is therefore not random."

Forrester sieht folgende besonderen Herausforderungen am Markt:

  • "Deep experience in key transactional applications". Hier geht es um die Intefgration von ECM-Funktionalität in andere Anwendungen, die die Information verarbeiten, nutzen und verwalten.
  • "Improved search and content sharing". Hierunter verbergen sich neben klassischer Metadaten-basierter Suche auch Enterprise Search und neue Sharing-Funktionen, wie sie EFSS bietet.
  • "A stronger emphasis on consolidation and repository integration". Konsolidierung heißt auch Migration und auch Schaffung eines übergreifenden Zugriffs über heterogene Informationsbestände.
  • "Lighter on-premises solutions with enhanced architectures." Ausgehend von den schwergewichtigen Lösungen der Vergangenheit zeigt sich hier ein Trend zu einfacheren, fokussierteren und kleineren Lösungen, die sich schneller anpassen lassen und in der Architektur flexibler sind. Die Cloud spielt eine zunehmend wichtigere Rolle.
  • "Improved implementation time and integration". Schnelle und einfache Installation sowie einfache Pflege und Integration in Anwendungen sind entscheidende Faktoren. 

Forrester sieht zusätzlich eine Reihe von Anwendungsfeldern, die durch die Weiterentwicklung von Analytics, Integration mit Cloud-Anwendungen, Enterprise Search, OpenAccess APIs, übergreifend nutzbaren föderierten Speicherorten und mobilen Technologien entstanden sind. Forrester konstatiert hier für alle ECM-Anbieter aber Nachholbedarf.

Bei den 10 betrachteten Anbietern handelt es sich um die "üblichen Verdächtigen" wobei sich uns die Einbeziehung von Unisys und deren Produkt nicht ganz erschließt. Die anderen 9 können durchaus als "international wichtige Player" angesehen werden, auch wenn sie in Deutschland kein (oder noch keine) Bedeutung haben. Bei den Produkten und deren Einschätzung ist außerdem ebenfalls Vorsicht in der Interpretation angesagt: einige Anbieter wurden mit einem großen Portfolio unterschiedlicher Produkte einbezogen (EMC, Lexmark Enterprise Software, OpenText), bei anderen wird eine Suite erwähnt (IBM, Newgen Software) und bei wiederum dem Rest (HP, Onbase by Hyland, Laserfiche, M-Files, Unisys) nur eine einzelne Produktbezeichnung (auch wenn sich hinter dieser vielleicht ebenfalls eine Suite verbirgt). Angesichts des aktuellen Ausscherens von iManage aus HP stellt sich bei der dort erwähnten Komponente "HP ECM", welches Produkt eigentlich gemeint ist. Die Anbieter und Produkte wurden nach der ECM-Funktionsabdeckung, signifikanter Anzahl von Anwendungen, Führungsrolle im Informationsmanagement, nachgewiesener Kompetenz und Anwendungsabdeckung auf "Enterprise Level" sowie auf Grund von Interesse von Forrester-Kunden ausgewählt. Alfresco und XEROX, die sich sonst auch immer in solchen Quadranten wiederfinden, wurden nur kurz im Text behandelt.

Als führend werden von Forrester in der diesjährigen ECM Wave IBM, OpenText, Lexmark, EMC und Hyland als "Leaders" klassifiziert. Newgen Software, M-Files und Laserfiche folgen als "Strong Performers" dicht auf. Und dann ist da noch Unisys. Und HP müsste jetzt auch etwas Federn lassen, da der durchaus lukrative Bereich von iManage jetzt weg ist. Die Details zu den Ergebnissen gibt es im Dokument.

Forrester Wave "ECM" 2015

 

Was sagt uns nun dies für den deutschsprachigen Markt?

IBM war hier immer stark, aber die reale Situation mit den immer noch existierenden unterschiedlichen Produktlinien hinter der Content Manager Enterprise Edition wird nur durch den Navigator oberflächlich zusammengeführt. OpenText ebenfalls stark in DACH unterwegs ist immer noch mit zahlreichen Produkten ein Bauchladen. Von EMC sieht man nicht mehr viel und auch hier gibt es mehrere Produktlinien. Auch Lexmark ist noch mit einem Bauchladen unterwegs und muss in das Portfolio Ordnung hineinbringen. Wiederkehrer ist Hyland mit Onbase. Neu ist M-Files unterwegs. Von Laserfiche und Newgen sieht man in Europa noch sehr wenig, bzw. garnichts. Und Unisys mit InfoImage fällt eher in die Rubrik "Altlasten".

Die Kritik ist seit Jahren eigentlich die Gleiche: bei den internationalen Übersichten fehlen die starken Europäer, allen voran, der deutsche Anbietermarkt mit den Mittelständlern. Allerdings würden hier in Bezug auf die neuen Themen die gleichen Einschränkungen wie auch bei den von Forrester betrachteten internationalen Spielern gelten. Und natürlich fehlen dann auch die Anbieter mit neuen Ansätzen aus dem Cloud- und Mobile-Umfeld. ECM ist nicht mehr, was es einmal war. So ist der Forrester-Ansatz selbst, was man heute zu ECM (oder besser EIM Enterprise Information Management) rechnen sollte, nicht mehr up-to-date. Die Grenze zwischen strukturierten und unstrukturierten Informationen fällt. Es geht nicht mehr nur noch um traditionellen Content mit "Dokument-Charakter", sondern um alle Informationen, die zunächst bewertet, dann erschlossen und verwaltet, und dann in Prozessen und als Wissen bereitgestellt werden müssen.

Ulrich Kampffmeyer

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

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