AIIM Studie: Records Management & Information Governance
27. September 2020 11:13 Uhr | Dr. Ulrich Kampffmeyer | Permalink
In ihrer aktuellen Studie „Balancing Records Management and Information Governance:
Automation is the
Key Ingredient“ werden die Ergebnisse einer Anwenderbefragung vom Juli 2020 präsentiert (https://bit.ly/2S0DNTN). Europäische Anwender sind mit 38% der TeilnehmerInnen in dem Industry Watch (IW) Whitepaper vertreten. Die Teilnehmerinnen kommen aus allen wesentlichen Branchen und Regionen. Das Verhältnis erfahrene Nutzer (experienced) zu potentiellen zukünftigen Anwendern (potential users) ist ca 50:50. Die Bewertung der Ergebnisse erfolgte durch eine Gruppe (Panel) ausgewiesener Spezialisten zum Thema. Wie immer wurde die Studie von einer Reihe Anbieter gesponsert. Der Download ist nach Eingabe der üblichen Daten kostenfrei. Die Studie in Folienform hat ca. 24 Seiten (von 43) mit inhaltlichen Ergebnissen, Statistiken und Grafiken.
Wesentliche Ergebnisse fasst die AIIM selbst wie folgt zusammen:
<Zitat> Key Data Points
- 58% of organizations realize they need to move up the information management value chain from simply mitigating risk and cost to creating value.
- On average, organizations expect the volume of information coming into their organizations to grow from X to 4.5X over the next two years. They expect more than 57% of this information to be unstructured (like a contract or a conversation) or semi-structured (like an invoice or a form).
- 48% say that the shift in terminology emphasis from “Records Management” to “Information Governance” has made the task of managing and retaining critical business information easier. However, the “story” behind this data point is complex.
Making a more strategic argument for managing and retaining critical business information (i.e., “information governance”) often makes it easier to convince senior management of the importance of this task. But use of the term sometimes tends to undervalue the core records management capabilities critical to making governance a reality. - The top obstacles to undertaking new governance projects all relate to senior executive buy-in and support: a) too many other high priorities (22%), b) too much potential for change management problems (17%), and c) lack of executive leadership (15%).
- Overall, 53% of organizations see records management professionals as “indispensable” or “important” to the task of managing the retention of critical business information; the number rises to 59% among Experienced Users.
- 28% of Experienced Users say that “When it comes to decisions about business records, IT is the MOST important decision-maker.”
- Among Experienced Users, 47% say that “the process to dispose of ROT is an automated, accepted, and regular organizational discipline” (only 28% among Potential Users).
- 43% of Experienced Users say they have automated how they “validate disposal or retention actions, track user behavior, and identify potential violations” (only 27% among Potential Users).
- For three out of every four organizations (76%), change management is a challenge when it comes to planning governance initiatives. Interestingly, the results are roughly the same for both Experienced Users and Potential Users.
- The biggest frustrations surrounding governance automation are familiar ones – IT doesn’t understand the business (15%), business doesn’t understand IT (14%), and poor requirements definition (14%).
But coming in at a combined 27% are two issues that imply a deeper challenge related to the differences between data governance and information governance: poor understanding by others of content issues (10%) and poor understanding by others of records and governance issues
(17%). - It is generally agreed that the only way to avoid being swamped by the tide of information chaos is to automate as much of the information management process as possible. Experienced Users have a significant advantage on a variety of key competencies tied to this journey; Potential Users lag far behind.
Among Experienced Users:
¨ 53%: “We have an organization-wide strategy for metadata.”
¨ 52%: “We have automated processes to identify and protect PII.”
¨ 51%: “We have automated processes for how shared workspaces are created and who can do so.”
¨ 49%: “We have automated methods to translate compliance requirements into operational processes.”
¨ 74% of organizations say that turning unstructured information into action data is a significant problem for their organization.¨
In general, AI and Machine Learning are still on the wish list – only 12% have these capabilities in widespread use. - One simple way to look at the current state of governance automation is to consider how many organizations consider themselves above average on BOTH of the core governance parameters:
1) Lifecycle Information Management; and
2) Information Privacy and Security. Looking at the data in this
way, only 104 of the 229 organizations we surveyed (45%) rate themselves above average on BOTH of these core competencies.
Why does this matter?
It matters because governance competency translates directly into organizational excellence. The 45% of organizations with above average
governance competence assess their overall Digital Transformation effectiveness at 76 (on a 100-point scale), compared to an average across the entire sample of 60. </Zitat>
Während der Begriff Records Management klar gefasst, bleibt Information Governance etwas schwammig. Records Management ist eigentlich eine Methode um die Ziele einer Information Governance zu erreichen. Einen Widerspruch gibt es nicht. Anders als beim klassischen Records Management schließt die Information Governance noch andere Ansätze und Komponenten wie Information Lifecycle Management, Datenschutz, Datensicherheit, eDiscovery etc. ein. Künstlich erzeugte Unterschiede wie Data Governance zu Information Governance helfen hier nicht weiter. Auch digitale Informationen sind Daten. Eine Data Governance müsste zugleich auch eine Information Governance sein – und umgekehrt. Die Hindernisse für eine konsequente Umsetzung sowohl von Records Management als auch von Information Governance sind die „altbekannten“: Verständnis, Organisation, mangelnde Kenntnis von Prozessen und Datensenken, schlechte Prozesse, zu wenig Relevanz in den Augen des Managements usw. Ebenso wie die elektronische Archivierung wird Records Management häufig als „Nebenkriegsschauplatz“ der IT gesehen und um Information Governance kümmert sich ein Unternehmen – es sei denn, es ist streng reguliert – meistens erst dann, wenn etwas passiert ist.
Experienced Users Unterstands Records Management Value
Records Management ist wichtig und notwendig. Positiv ist deshalb die Aussage zu sehen, sich um den Wert der Information zu kümmern und nicht nur um Kosten und Risiken (zum „Wert der Information“ gibt es hier die Mitschrift einer Keynote aus dem Jahr 2005).
Eine wesentliche These ist, dass Automatisierung der Schlüssel ist, um eine einfache, durchgängige Information Governance zu erreichen. Mit manuellen Verfahren lassen sich die zunehmend komplexen Systeme und riesigen Datenmengen nicht mehr verwalten und erschließen. In Abschnitt 6 der Studie „Use Machine Learning to Break Down the Walls between Structured and Unstructured Information“ geht es dann auch um Artificial Intelligence, Machine Learning und Automatische Klassifikation. Die Überwindung der Unterschiede zwischen strukturierten und unstrukturierten Daten war immer Ziel von ECM Enterprise Content Management und wird jetzt im ganzheitlichen Information Management umgesetzt. Die Ergebnisse der der Studie sind hier zu Recht mit „Frustrations“ überschrieben.
Im Records Management sind Automatismen zunehmend im Einsatz (siehe z.B. unseren Artikel aus dem Jahr 2014). Ein aktuelles Stichwort ist hier sicherlich auch KI Künstliche Intelligenz. Auch wenn Automatisierung in der AIIM-Studie hervorgehoben wird – bei den befragten Anwendern ist es längst noch nicht so weit. Grundlegende Werkzeuge zur Dokumentation, Optimierung und Verwaltung sind bei den Anbietern erst im Entstehen.
Make Information Governance Invisible
Auch den Wunsch aus Kapitel 7 „Make Governance Invisible“ vertreten wir schon seit 25 Jahren. Der Anwender muss nicht wissen wo seine Information sich befindet, er muss sie nur im richtigen Kontext zur richtigen zeit ohne Aufwand bereitgestellt bekommen. Enterprise Content Management und Records Management waren dann immer am Besten, wenn der Anwender nichts von einem solchen System merkte. „Drei Knöpfe“ müssen reichen: etwas ablegen, etwas wiederfinden, etwas strukturiert anzeigen. Stattdessen haben DM-, ECM- und RM-Systeme unübersichtliche, aufwändig zu erlernende Benutzeroberflächen. Das macht Information Governance schwierig und die Aufwände zur täglichen Umsetzung sind so einfach zu hoch. Daher der Fokus auf Automatisierung.
Die Studie entstand als die Covid-19-Krise im vollen Schwange stand und geht natürlich auch auf die Auswirkungen der „Collaboration Explosion“ ein (die jetzt wieder eingefangen werden muss). In Bezug auf Ordnungsmäßigkeit und Beherrschung der Information war dies ein Rückschritt. Für Records Management und Information Governance sind in den Unternehmen klare Strategie, realistisch umsetzbare Regeln und ein durchgängiges Metadaten-Konzept zur Erschließung von Information weiterhin – trotz aller Ansätze für KI, Bigdata und Automatisierung – eine wichtige Voraussetzung.
Am Ende der Studie haben AIIM, die Panelisten und die Sponsoren noch einmal die wichtigsten Aspekte zusammengefasst: „8 Things You Need to Know about Balancing Records Management und Information Governance“ sowie einige „Conclusions„:
Welche Bedeutung hat Information Governance in Deutschland?
Information Governance als Begriff und Strategie ist in Deutschland wenig verbreitet. #InfoGov ist allenfalls bei großen internationalen Unternehmen und in regulierten Branchen ein Thema. Dabei sind die einzelnen Arbeitsfelder innerhalb der Information Governance auch in Deutschland wichtig – Archivierung, Datenschutz, Informationsbeherrschung, usw.
Da der Begriff Information Governance in Deutschland bisher wenig verbreitet ist, tun sich auch die Anbieter solcher Lösungen schwer. Inzwischen wird das Sujet aber von immer mehr Anbietern aufgenommen und gewinnt an Fahrt, z.B. durch SAP, Microsoft und andere große Softwareanbieter, die entsprechende Werkzeuge in ihre Plattformen integrieren.
So ist auch das aktuelle Whitepaper „Bewältigung der Herausforderungen der Information Governance“ von Alfresco (kostenfreies Herunterladen bei eGovernment Computing gegen Hinterlassen der Kontaktdaten) ein solcher Anlauf, das Thema „IG“ zu platzieren (Alfresco wurde jüngst von Hyland übernommen). Alfresco will hiermit seine Information Governance Lösungen auch in Deutschland positionieren. Das englischsprachige Original des Whitepaper, das auf der obigen Studie der AIIM basiert, gibt es bei Alfresco auch in Englisch.
Vergleicht man nun die englischsprachige Version mit der deutschsprachigen bei eGovernment Computing, so zeigt sich, dass die auf den US-amerikanischen und internationalen Markt zielenden Daten und Aussagen lediglich übersetzt worden sind. Auf die anderen Bedingungen in Deutschland und in Europa wurde dabei wenig Rücksicht genommen. Bestimmte Verfahren wie eDiscovery spielen hier kaum eine Rolle. Das US-amerikanische Rechtssystem folgt auch anderen Prinzipien als das Prozessrecht in Deutschland. Da das Whitepaper bei eGovernment Computing veröffentlicht wurde, könnte man auch annehmen, dass es sich auf die besonderen Gegebenheiten der Öffentlichen Verwaltung bezieht. Dies scheint aber nicht gegeben.
Abgesehen davon, dass Information Governance unabhängig vom Begriff wichtig und notwendig ist, bleibt die Frage offen, in wie weit die Ergebnisse der Erhebung und publizierten Erkenntnisse – als Whitepaper, Studie oder gar eBook bezeichnet – für Deutschland relevant sind?
Bereits 2013 hatten wir bei PROJECT CONSULT versucht auf Tagungen das Thema Information Governance verstärkt zu adressieren, so z.B. mit einer Keynote „Information Management & Information Governance„, in einem Panel zu „Information Governance“ , einem Artikel „Information Governance – Grundsätze, Bedeutung und Prinzipien„, und natürlich unseren Records Management Veranstaltungen Das Echo von den Anbietern aber auch von den Anwender war damals gering. Ob man nun durch solche Whitepaper das Thema neu beleben kann?