Intelligent Information Management (IIM)

„Intelligent Information Management ist ein ganzheitlicher Ansatz zur Erschließung, Verwaltung und Bereitstellung von Information.
Bisherige Strategien und Funktionen des Enterprise Content Management werden um Analysemethoden, Künstliche Intelligenz, Maschinenlernen und Automatisierung ergänzt.
Information wird so jederzeit an jedem beliebigen Ort, in jedwedem Kontext und auf jedem beliebigen Gerät nutzergerecht verfügbar.
Die Vision vom papierlosen Büro erfüllt sich endlich.“

(Dr. Ulrich Kampffmeyer, Update Information Management 2018)

Seit ca. dem Jahr 2017 versucht die Branche sich neu zu positionieren. ECM Enterprise Content Management sei tot, war der Schlachtruf. Verschiedene Begriffe und Akronyme streiten sich seitdem um die Vorherrschaft: CSPs Content Services Platforms, EIM Enterprise Information Management und nicht zuletzt IIM Intelligent Information Management. Während die erstgenannten Begriffe von Analysten und Anbietern favorisiert wurden, kommt IIM Intelligent Information Management von der AIIM, der Association for Intelligent Information Management international. IIM passte halt gut zur Abkürzung und zu Logo der AIIM. Aber nur dies als Grund für die Verwendung dieses Begriffes zu nehmen wäre zu kurz gesprungen. IIM bietet die Chance Ansätze der künstlichen Intelligenz und Automatisierung in das bisherige Konzept des Informationsmanagements zu integrieren.

Der internationale Branchenverband für ECM Enterprise Content Management, AIIM, ursprünglich Association for Image & Information Management international, hat sich in Association for Intelligent Information Management umbenannt. Die Diskussion um die Neufokussierung des Verbandes lief bereits sehr lange, da es ECM nicht geschafft hat, sich als Fachbegriff und Identifikation einer Branche am Markt dauerhaft zu etablieren. Dies lag auch daran, dass der Begriffsbestandteil “Content” nicht sehr “sexy” war und zu dem sehr nah am Begriff des Web Content Management nicht treffend genug ist. Die ECM-Branche war bereits seit einigen Jahren mit dem Begriff ECM “unglücklich” und hat versucht ihn weiterzuentwickeln. Dabei wurde ECM immer mehr in Richtung Systeme und Funktionalität verformt, eher als ECMS Enterprise Content Management Systeme und nicht als Methode, Strategie und Vision verstanden.

Bei PROJECT CONSULT haben wir die Verwendung des Akronyms und des Begriffes IIM Intelligent Information Management zum Ersten mal bereits in einem Vortrag im Jahr 2007 gefunden. Wir definierten IIM als „ganzheitlichen Ansatz zu Informationsverwaltung“. Damals war allerdings ECM Enterprise Content Management das beherrschende Banner der Branche. Erst ein Jahrzehnt später sollte IIM Intelligent Information Management wieder an Visibilität und Bedeutung gewinnen.

Erste Definitionsversuche

Es dauerte eine ganze Weile bis auf der AIIM Webseite und in Vorträgen für das neue Akronym IIM endlich Definitionen geliefert wurden, um das Thema handhabbar und verständlich zu machen. In die englischsprachige Wikipedia schaffte es nur ein kurzer Satz am Ende des Beitrags zu ECM Enterprise Content Management.

AIIM Definition IIM Intelligent Informqtioin Management November 2017 auf Wikipedia

Die erste Definition schließt sich nahtlos an diejenige für ECM Enterprise Content Management an:

“IIM Intelligent Information Management is the strategies, methods, and tools used to create, capture, automate, deliver, secure, and analyze content and documents related to organizational processes. IIM refers to the management of content and data, not just content itself.” (AIIM, 2017)

Diese Definition lässt sich auch ins Deutsche übertragen:

“IIM Intelligentes Informationsmanagement sind die Strategien, Methoden und Werkzeuge um Inhalte und Dokumente in organisatorischen Prozessen zu erzeugen, zu erfassen, zu automatisieren, bereitzustellen, zu sichern und auszuwerten. Dabei geht es bei IIM um die Handhabung, Erschließung und Verwaltung von unstrukturierten Inhalten und strukturierten Daten zusammen.” (PROJECT CONSULT; Die Hintergründe zur Umsetzung der Definition haben wir hier erläutert: http://bit.ly/DefinitionIIM)

John Mancini, AIIM, unternimmt in einem Vortrag bei M-Files im Jahr 2017 einen neuen Versuch um “Intelligent” für “Intelligent Information Management” zu definieren:

“intelligent means that the business need information management tools that are 1) easy to use, 2)  usable without a lot of IT involvement; and 3) easy to integrate in their day-to-day processes.” 

In seinem Whitepaper “The Next Wave: Moving from ECM to Intelligent Information Management” im Mai 2017 wird John Mancini, AIIM, konkreter. Er entwirft hier eine “Roadmap”, in der bisherige ECM-Komponenten neu zugeordnet und ergänzt werden:


AIIM Roadmap From ECM to Intelligent Information Management

Der Ansatz ist leider nicht konsistent. Wesentliche Ideen von ECM – Strategien und Methoden – gehen ebenso wie die wichtigen “Manage”-Komponenten dabei unter. Stattdessen tauchen neue Schlagworte auf und werden nicht immer stimmig den neuen Überschriften “Create, “Capture”, “Automate”, “Deliver”, “Preserve” und “Analyse” untergeordnet. Eine griffige Definition ist dies nicht

Atle Skjekkeland, AIIM, definiert in einem Vortrag im Oktober 2017 eine weitere, seine Sicht auf IIM Intelligent Information Management:

AIIM New Approach for Intelligent Information Management
“Intelligent Information Management
– Understanding and anticipating internal and external customer expectations
– Digitalizing the core infrastructure
– Rationalizing and modernizing the information infrstructure
– Automating compliance and governance
– Levaraging analytics and machine learning.”

Auch das ist zu kurz gesprungen und greift nur einige Schlagworte und Aspekte des Information Management auf. Als Definition reicht dies nicht aus und ist keinesfalls einprägsam, verständlich und prägnant genug, um die Branche mit ihren Lösungen abzubilden.

Anfang 2019 gab es einen neuen Versuch IIM Intelligent Information Management zu definieren:  http://bit.ly/AIIMdefinitionIIM. Leider geht dieser Versuch ins Leere, da er nur neue Schlagworte aus dem Analysten-Umfeld als Bestandteile von IIM deklariert. IIM wird nun als Dach für verschiedene Services definiert, wobei die Inhalte der Gruppen und deren Definitionen auch eher volatil sind. Hintergrund ist das Aufkommen der Begriffe rund um „Content Services“, die seit 2017 von großen Analystenhäusern lanciert werden.

AIIM bezieht sich zwar auf ihre älteren Aussagen wie den AIIM report “The Next Wave – Moving from ECM to Intelligent Information Management”, sieht allerdings in Intelligent Information Management nur folgende drei Bausteine:

<Zitat>

“These challenges are creating a demand for new information management practices that extend beyond traditional Enterprise Content Management. We call this Intelligent Information Management (IIM), a roadmap that provides the following key capabilities:

  • CONTENT SERVICES: A flexible and modular approach that utilizes content and information wherever and whenever it is needed, independent of where it is stored.
  • PROCESS SERVICES: Tools that can be delivered with the simplicity of an app, but within a framework that allows the business to remain in control.
  • ANALYTICS SERVICES: Automated tools to prepare all information – both structured and unstructured — for machine learning.” </Zitat>

Dazu gibt es noch eine Grafik im typischen US-AIIM-Stil, die auch versucht, „Content Services“ mit zu integrieren:

Es ist der Versuch, die widerstrebenden Interessen von AIIM (IIM Intelligent Information Management) und der Analysten Forrester, Gartner & Co. (Content Services) irgendwie zusammenzubringen. Während Content Services als CSP Content Services Platforms den Kern des ursprünglichen ECM umfasst kommen neu Process Services (obwohl BPM Business Process Management schon immer Bestandteil von ECM war) und Analytics Services hinzu (dies ist neu und soll auch AI Artificial Intelligence mit integrieren). Was sich hinter den Process Services und den Analytics Services verbirgt, bleibt offen.

AIIM versucht hier lediglich mit IIM eine Brücke zu den neuen Kategorisierungen der Branche zu schlagen. Die bisherigen “6 Gruppen” bzw. “3 Gruppen” in den tabellarischen Darstellungen mit der Zusammenstellung von Aspekten und Funktionalität von IIM Intelligent Information Management der ersten Definitionsversuche (siehe oben) sind damit abgelöst. Intelligent Information Management als Strategie schließt die technisch und funktional definierten Disziplinen “Content Services” als Ersatz für ECM(S), “Process Services” und “Analytics Services” ein.

Zu einem eigenen Eintrag auf Wikipedia hat es IIM Intelligent Information Management auch noch nicht gebracht. Dort finden sich nur am Ende des englischsprachigen Artikel zu Enterprise Content Management ein kurzer Satz.

IIM – eine InfoGraphic als Beschreibung

Zum Thema IIM Intelligent Information Management wurde 2021 eine Infografik von AIIM veröffentlicht, die die meisten Fragen, was denn nun Intelligent Information Management ausmacht, beantwortet: “Tend Your Information Assets and Harvest the Benefits with Intelligent Information Management“. Die Grafik betont den Nutzen von Informationsmanagement und beschreibt Disziplinen und Aufgaben.

In fünf Säulen sind die wesentlichen Komponenten zusammengefasst, die IIM Intelligent Information Management ausmachen (sollen).

  • Creating, Capturing and Sharing Information: hier finden sich Bestandteile aus der ursprünglichen ECM-Definition wie Capture, Collaboration und Document Management wieder. Ergänzt wird der Abschnitt um Begriffe wie Integration und Migration. Deliver, Bereitstellung, wie auch Output Management fehlen im Konzept von IIM. Ebenso ist Web Content Management nicht mehr Bestandteil des Konzeptes.
  • Digitalizing Information-intensive Processes: es wird wieder eine Einschränkung bei den Prozessen, also Workflow und BPM Business Process management, gemacht. Früher sagten wir hier “dokumentenlastige Prozesse”. Zu BPM kommen Case Management, Robotic Process Automation und Business Analysis hinzu.
  • Automating Governance and Compliance: Hier verwundert es nicht, dass Records Management, ein wesentlicher Bestandteil aus den Tagen von ECM, aufgeführt ist. Hinzu kommen InfoGov für Information Governance und Privacy – die GDPR/DSGVO lassen grüßen. Digital Preservation für die Langzeitarchivierung stellt das Endglied im Lebenszyklus dar und die Überstellung von Inhalten aus der revisionssicheren Archivierung in die Digital Preservation sollte automatisch möglich sein.
  • Extracting Intelligence from Information: dankenswerterweise beginnt die Auflistung mit Metadaten und Taxonomie. Ordnung schaffen und eine systematischer Erschließung zu ermöglichen ist weiterhin essentiell. Daten-Erkennung und Extraktion hätte auch gut zu Capture gepasst. Analytics und Enterprise (oder intelligent) Search runden den Baustein ab.
  • Implementing an Information Management Strategy: Danke. Die Themen Methoden und Strategien waren in der ursprünglichen ECM-Definition von den Anbietern gern ignoriert worden. Hier wird das Thema als fünfte Säule erneut betont. Analyse und Dokumentation des Ist-Zustandes, Entwicklung eines Business Cases mit fachlicher Konzeption, Lösungsdesign und schrittweise Einführung sowie übergreifende Kompetenz-Förderung gehören in dieses Segment. Ähnliches kannten wir schon aus Mike2, so dass man gut auf diese Methodik zurückgreifen kann.

Im Vordergrund steht wieder der methodische Ansatz und nicht die Funktionalität der Systeme. Intelligent Information Management ist, was wir mit Information tun. Es geht vorrangig um Organisation, Erschließung, Bewertung und Bereitstellung von Information.

AIIM: IIM (Intelligent) Information Management

Der internationale Dachverband AIIM bewegt sich inzwischen immer mehr in Richtung „Information Management“ und lässt auch häufiger den Zusatz „intelligent“ in ihren Studien weg. In 2021 wird Information Management von der AIIM wie folgt beschrieben:

<ZitatWhat is Information Management?

Information, as we know it today, includes both electronic and physical information. The organizational structure must be capable of managing this information throughout the information lifecycle regardless of source or format (data, paper documents, electronic documents, audio, video, etc.) for delivery through multiple channels that may include cell phones and web interfaces. 

According to Wikipedia, Information management (IM) is the collection and management of information from one or more sources and the distribution of that information to one or more audiences. This sometimes involves those who have a stake in or a right to that information. Management means the organization of and control over the structure, processing, and delivery of information.

AIIM agrees with this definition. Information, as we know it today, includes both electronic and physical information. The organizational structure must be capable of managing this information throughout the information lifecycle regardless of source or format (data, paper documents, electronic documents, audio, social business, video, etc.) for delivery through multiple channels that may include cell phones and web interfaces. Given these criteria, we can then say that the focus of IM is the ability of organizations to capture, manage, preserve, store and deliver the right information to the right people at the right time.

Information management environments are comprised of legacy information resident in line of business applications, Enterprise Content Management (ECM), Electronic Records Management (ERM), Business Process Management (BPM), Taxonomy and Metadata, Knowledge Management (KM), Web Content Management (WCM), Document Management (DM) and Social Media Governance technology solutions and best practices. Information management requires the adoption and adherence to guiding principles that include:

  • Information assets are corporate assets. This principle should be acknowledged or agreed upon across the organization; otherwise any business case and support for IM will be weak.
  • Information must be made available and shared. Of course, not all information is open to anyone, but in principle, the sharing of information helps the use and exploitation of corporate knowledge.
  • Information the organization needs to keep is managed and retained corporately. In other words, the retention and archiving of information. If you save a document today, you expect it to be secured and still available to you tomorrow.

Information management is a corporate responsibility that needs to be addressed and followed from the uppermost senior levels of management to the front line worker. Organizations must be held and must hold their employees accountable to capture, manage, store, share, preserve, and deliver information appropriately and responsibly. Part of that responsibility lies in training the organization to become familiar with the policies, processes, technologies, and best practices in IM. That training is available through AIIM. </Zitat>

Diese Ansätze verfolgen wir bei PROJECT CONSULT schon seit über einem Jahrzehnt und sprechen nur noch von Information Management. Dies schlägt sich auch in unseren 10 generischen Grundprinzipien des Informationsmanagements nieder, die Bestandteil aller bisherigen Definitionen der Branche sind:

Die zehn Prinzipien des Informationsmanagements

  1. Informationsaustausch
  2. Informationsnutzung
  3. Informationsbereitstellung
  4. Informationsschutz
  5. Informationsverwaltung
  6. Informationsbeherrschung
  7. Informationsverteilung
  8. Informationsbewertung
  9. Informationsbewahrung
  10. Informationsentsorgung

Den Begriffsbestandteil „Intelligent“ kann man sich dabei sparen.

„Intelligent Information Management ist das, was wir mit Information tun,
nicht Technologie oder Funktionalität von Systemen“.

Dr. Ulrich Kampffmeyer
Update Information Management 2018

Resourcen

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

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