XEROX teilt sich auf

29. Januar 2016 14:18 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Die 1906 gegründete Xerox Corporation wird laut Wallstreet Journal in zwei Unternehmen aufgeteilt: in einen Hardware-Anbieter mit Kopierern, Druckern und Scannern und einen Business-Service-Provider, der sich auf Software und Dienstleistungen fokussieren soll.

XEROX war einmal dasjenige Unternehmen, das dass Fotokopieren so populär gemacht hat, dass man noch heute in den USA von "to xerox" spricht. Diese glorreichen Tage liegen längst weit zurück. Der Traditionsanbieter Xerox hatte zuletzt einen Jahresumsatz von ca. 20 Milliarden US-Dollar. Der Börsenwert lag deutlich darunter, nur ca. eine Marktkapitalisierung von 9,5 Milliarden Dollar. Auch Hewlett-Packard hat erst kürzlich eine solche Aufteilung des Konzerns in zwei Bereiche vollzogen. Die Idee dahinter ist einerseits von den Investoren getrieben, andererseits sollen aber die neuen Einheiten agiler am Markt agieren können.

XEROX hat mit Docushare ein gut positioniertes Dokumentenmanagement-Produkt am Markt. Docushare ist auch bei Analysten wie Gartner und Forrester regelmäßig gelistet. In Deutschland hat Docushare aber keine hohe Marktpräsenz.

XEROX hatte im vergangenen Jahr international eine erhebliche Reputationskrise zu überwinden: der XEROXbug, den wir auf unserer Webseite ausführlich diskutiert haben. Durch ein mangelhaft implementiertes Komprimierungsverfahren – JBIG2 pattern matching & substitution – sind auf Millionen von Scans beim Digitalisieren (nicht OCR!) Zahlen und Buchstaben ausgetauscht worden. Ein GAU beim Scannen, denn dieser Fehler wurde 8 Jahre von keinem Anwender bemerkt. Das Vertrauen in gescannte Dokumente wurde damit erheblich beeinträchtigt.

Zuletzt erntete XEROX noch einmal negative Schlagzeilen in Deutschland, weil auf den Festplatten der Scan-und Kopier-Geräte (Multifunktionsdrucker, Drucker etc.) die erfassten Dokumente zwischengespeichert liegen. eiweiterverkauften Geräte waren die Dokumente dann vom Käufer abrufbar – auch im Fall eines Rechtsanwaltes und seiner Mandantenkorrespondenz. Auch wenn dies fast alle anderen Hersteller betraf, die einen Computer mit Festplatte im Gerät verbaut haben – so war dies dennoch ein weiterer Kratzer am Image der Firma.

Man muss daher jetzt sorgfältig beobachten, wie sich die beiden neuen Unternehmensteile eigenständig weiter entwickeln. Beide Teile sind so auch einfacher zu schluckende Übernahmekandidaten geworden.

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

5 Kommentare zu “XEROX teilt sich auf

  • Na ...
    29. Januar 2016 um 14:42
    Permalink

    … da bin ich ja mal gespannt wer auf welcher Seite bleibt 🙂 Die Entwickler des Bugs auf der Softwareseite, die damals in Verantwortung stehende Chefetage auf der Hardwareseite? 🙂

    Antwort
    • Na ... eine Antwort :)
      29. Januar 2016 um 14:54
      Permalink

      Lieber David Kriesel,

      der "Bug-Entwickler" wird wohl bei der Hardware-Truppe bleiben und der "nette Vice-President"  … ob der überhaupt bleibt? Mit der Trennung sind auch Umbauten und Personelles verbunden. XEROX leidet im Hardwarebereich an mehreren Fronten und durch die Aufteilung sind beide nunmehr kleineren Teile auch Übernahmekandidaten. Man darf auch, lieber David, nicht vergessen, dass durch Deine Entdeckung des #XEROXbug das Traditionsunternehmen massive Probleme hat. Der eine oder andere Kunde – zumindest in den USA – will wohl auch Geld sehen, im Vergleich oder im Prozess. Aus Deutschland hört man wenig über solche Regressforderungen an XEROX. Aber es zeigt sich, dass vor Gericht das Vertrauen in gescannte Dokumente geschwunden ist – z.B. das Urteil vom FG Münster Dezember 2015 (siehe auch die Unterlagen unseres "Update Information Management 2016" 😉 ). In Deutschland haben wir auch noch den besonderen Fall, dass es auch signierte Dokumente mit dem XEROXbug gibt. Hier wäre dann aber nicht mehr XEROX verantwortlich, sondern die Scan-Kraft, die das Dokument signiert hat und damit bestätigt, dass das digitale Abbild authentisch, integer, vollständig, richtig und so weiter ist. Die Scan-Kraft ist ihrer Aufgabe der Qualitätssicherung nicht nachgekommen. Das eigentliche Drama ist, dass kein Anwender, Integrator oder Hersteller den Fehler in den 8 Jahren und Millionen Scans gemerkt hat. Ich warte jetzt auf den ersten Fall, wo jemand vor Gericht fragt "ist das mit einem XEROXC-Scanner erfasst" und dann generell das Dokument ablehnen lässt. Das Vertrauen in das gescannte elektronische Dokument hat XEROX nachhaltig zerstört. Und da wird auch die Aufteilung nicht helfen sondern allenfalls das finanzielle Risiko auf nur einen Teil des Unternehmens eingrenzen. Und Icahn hat natürlich seine eigenen Interessen, den Konzern so umzubauen, dass es den Investoren passt: http://boerse.ard.de/aktien/xerox-aus-eins-mach-zwei100.html

      Ulrich Kampffmeyer

      Antwort
      • Naja...
        29. Januar 2016 um 21:02
        Permalink

        Guten Abend die Herren,
        also wie ich die Nachrichten deute, teilt sich Xerox in die vor einigen Jahren erworbene BPO Unit (ehemals ACS) und die ursprüngliche Xerox Unit (Document Technology inkl. DocuShare & Co.) auf.
        Link zur Originalnachricht

        Um bei der Frage des Herrn Kriesel zu bleiben wird wohl Management und Entwicklung auf der selben Seite herauskommen. 😉

        Zum Thema XeroxBug streue ich gern auch ein, dass ganz ohne Bug sicher eine Menge Scans existieren die dank JBIG2 Pattern Matching auch durch Geräte anderer Hersteller erzeugt wurden. Wie von Ihnen angesprochen durch den verantwortlichen Anwender ggf. unbemerkt und dann signiert. Hat es bisher eigentlich hierzu Untersuchungen gegeben? Ich glaube die Aktivitäten dazu nur auf Xerox zu beschränken greift zu kurz. Meine Nähe zu Xerox will ich als Xerox Partner (Managed Print Services und DocuShare) an der Stelle nicht verhehlen. Das verlorene Vertrauen in das gescannte elektronische Dokument schmerzt die gesamte Branche und sollte meiner Meinung nach auch umfassend aufgearbeitet werden. Eine Konzentration auf einen Hersteller und dessen Fehler scheint mir da nicht adäquat. Die Automobilbranche übt sich ja auch gerade in ähnlicher Aufarbeitung.
        Marcus Putschli

        Antwort
  • XEROX: letzter Akt?
    2. Februar 2018 um 12:57
    Permalink

    Fujifilm übernimmt den klassischen Teil von XEROX (http://bit.ly/Fujifilm-XEROX). Hierbei stehen 10.000 Arbeitsplätze zur Disposition. XEROX wird dabei zu 100% in „Fuji XEROX“ aufgehen. An diesem Joint Venture hielt XEROX bisher 25%. Fuji setzt große Erwartungen in das Geschäft, obwohl beide, Fujifilm wie Xerox mit massiven Einbrüchen im traditionellen Kopierergeschäft kämpfen. Fuji Xerox soll sich auf Digital Solutions konzentrieren. Die Rolle von DocuShare als Xerox‘ ECM-Produkt, muss sich hier noch finden. Document-related Technologies (DRT) generell mit neuen Ansätzen für Artificial Intelligent Technologies sollen das Unternehmen aus der Krise führen.

    Der Niedergang von XEROX ist aus verschiedenen Gründen besonders traurig und ein klassisches Beispiel dafür, wie ein traditionelles Unternehmen in der Digitalisierung untergeht. Dabei hatte XEROX im vergangenen Jahrtausend alle Chancen eine Rolle wie heute Apple, Microsoft oder andere IT-Marktführer einzunehmen. Beginnend damit, dass das Renommé von XEROX im Kopierbereich sich sogar im gebräuchlichen Begriff „to xerox“ für kopieren niederschlug (der Name Xerox leitet sich von „Xerografie“ ab). Mehr noch durch die Entwicklungen im eigenen Rank Xerox Forschungszentrum PARC (Palo Alto Research Center), wo sich Bill Gates zu „Windows“ und Maus bediente – und auch die E-Mail schon fertig da lag. Den ersten Laserdrucker zeigte Xerox schon 1977. Die eigentlich innovativen STAR Workstations, später auch von Siemens als „Wissenschaftler-Arbeitsplatz“ in Deutschland vermarktet, waren Anfang der 80er das Non-plus-ultra. Grafische Oberfläche, integriert Textverarbeitung-Spreadsheet-Grafik-Folien-Software, Maus, usw. Man musste sich zwar bei den Siemens-Xerox-Nachbau-Workstation an eine erzwungene Kaffeepause gewöhnen, wenn man das Siemens-System von einer 8″-Diskette startete, aber dennoch war Rank Xerox hier Jahre vor den damals üblichen PCs und Workstations voraus. Aber so lange Xerox gute Geschäfte mit Kopierern machte, dümpelte die digitale Innovation vor sich hin.

    Dennoch, das Ende war schon sehr lange abzusehen und so wundert es niemanden, dass Xerox als eigenständige Firma nun vom Markt verschwindet. Vom Innovator in den 70ern zum Looser heute.

     

    Antwort
    • Übernahme von XEROX durch Fuji geplatzt
      1. Juni 2018 um 16:42
      Permalink

      XEROX macht weiter. Offenbar hat sich der Investor Icahn durchgesetzt und die Übernahme des Pioniers des Digitalen Zeitalter, XEROX, durch Fujifilm verhindert (http://bit.ly/xeroxfuji). In Deutschland stellt Xerox übrigens gerade Personal ein, um das Geschäft wieder in Gang zu bringen. 

      Antwort

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