NKR veröffentlicht Bericht 2022

16. Dezember 2022 17:52 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Der Normenkontrollrat hat seinen Bericht für das Jahr 2022 vorgelegt: https://www.normenkontrollrat.bund.de/resource/blob/300864/2151122/fbd43166808e6431a5bff32d06ea94d0/22-12-13-nkr-jahresbericht-2022-data.pdf. In dem Jahresbericht „Bürokratieabbau in der Zeitenwende – Bürger, Wirtschaft und Verwaltung jetzt entlasten“ wird ein wenig über Fortschritte, aber auch weiterhin über Defizite geschrieben. Auf 80 Seiten finden sich die wichtigsten Ergebnisse.

Die „Kernbotschaften“ des Berichtes sind:

<Zitat>Kernbotschaften

  1. Erfüllungsaufwand deutlich gestiegen – Bürokratieabbau gerade in Krisenzeiten nicht aufschieben.
    Die Folgen von Krieg, Pandemie und Klimawandel haben den Druck auf Deutschland zusätzlich erhöht, innovativ und wirtschaftlich stark zu sein. Gerade jetzt müssen Unternehmen von unnötiger Bürokratie entlastet werden, um in der Krise bestehen zu können. Der Erfüllungsaufwand ist im Berichtszeitraum 2021/22 um rund 6,7 Mrd. Euro auf insgesamt rund 17,4 Mrd. Euro gestiegen und fällt damit deutlich höher aus als in den vergangenen Jahren. Auch wenn sich diese Steigerung zum größten Teil aus der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns ergibt, geht der Trend in die falsche Richtung. Hier muss mit neuem Elan und neuen Ideen entgegengewirkt werden. Bürokratieabbau ist ein Konjunkturprogramm zum Nulltarif. Wann, wenn nicht jetzt, ist es an der Zeit, Regularien und Vollzugsprozesse in Deutschland einfacher, adressatenorientierter und wirksamer zu gestalten?


  2. Neustart beim Bürokratieabbau – Neuer NKR in neuem Umfeld mit neuer Schlagkraft.
    Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) ist neu bestellt. Er besteht aus Persönlichkeiten mit breiten beruflichen, fachlichen und politischen Hintergründen und vielen Ideen. Die Anbindung beim Bundesministerium der Justiz sieht der NKR als Chance. Die Kombination aus Rechtsetzungsexpertise des Ministeriums mit den Ideen und Vorschlägen des NKR wird bei Bürokratieabbau und Besserer Rechtsetzung zu neuen Impulsen und neuer Schlagkraft führen. Gemeinsames Ziel ist es, dass Bürger, Unternehmen und Verwaltung spürbar von unnötiger Bürokratie entlastet werden. Das ist trotz aller bisherigen Anstrengungen noch zu wenig erkennbar. Deshalb muss die Wirksamkeit des bestehenden Systems zur Vermeidung und zum Abbau unnötiger Aufwände verbessert und müssen zusätzliche Bürokratieabbaumaßnahmen angeschoben werden. Dazu gehört auch ein neues Bürokratieentlastungsgesetz. Hier voranzukommen, ist Aufgabe der gesamten Bundesregierung. Der NKR bleibt konstruktiver, aber unabhängiger Berater und Mahner und wird die Regierung an ihren Ergebnissen messen.

  3. Chance für einfacheren Gesetzesvollzug – Die Einführung des Digitalchecks ist ein Meilenstein zur Verbesserung der Rechtsqualität.
    Verbindlich beschlossen und im NKR-Gesetz verankert: Ab Januar 2023 müssen die Bundesministerien ihre Gesetzentwürfe digitaltauglich gestalten. Der NKR erhält das zusätzliche Mandat, im Rahmen seiner Prüfung zu beurteilen, ob und inwiefern den Erwartungen an eine Digitaltauglichkeit entsprochen wurde. Dadurch soll erreicht werden, dass Vollzugs- und Digitalisierungsfragen in der Gesetzgebung von vornherein mitgedacht werden – indem z.B. Unterschriften und persönliche Gänge zum Amt gestrichen, Papiernachweise durch Registerabfragen ersetzt oder stärker automatisierte Verwaltungsverfahren ermöglicht werden. Der Digitalcheck ist aus Sicht des NKR Bestandteil der noch umfassenderen Bemühung, verstärkt Praxischecks durchzuführen und die Gesetzesqualität spürbar zu verbessern. Digital- und Praxischecks gehen Hand in Hand und müssen zum systematischen Bestandteil von Gesetzesvorbereitung und Gesetzesnachbereitung (Evaluierung) werden.

  4. Wer gut regieren will, muss gut regulieren – Gesetze nicht mehr im Eilverfahren abstimmen, sondern mehr Zeit in Wirksamkeit und Praxistauglichkeit investieren.
    Wirksame und effiziente Gesetze sind die Grundlage guten Regierens. Qualität benötigt Zeit und die Einbeziehung des Vollzugswissens von Betroffenen und Praktikern. Nur so können teure Fehler vermieden und der Vollzug möglichst einfach gestaltet werden. Dies gelingt der Bundesregierung oftmals nicht. Die eigene Geschäftsordnung wird häufig nicht mehr eingehalten – und das auch jenseits zeitkritischer Krisengesetzgebung. Abstimmungs- und Beteiligungsfristen werden immer knapper, die Anhörung Betroffener zur reinen Makulatur. Auch dem NKR werden zunehmend so kurze Fristen gesetzt, dass eine seriöse und verantwortbare Prüfung der Gesetzesentwürfe kaum mehr möglich ist. Bei allem Verständnis für die Zwänge hektisch gewordener, mediengetriebener Politik: Wer bessere Regulierungsergebnisse produzieren möchte, muss dafür mehr Zeit einräumen. Der NKR wird die Fristen von Gesetzgebungsverfahren in Zukunft genauer untersuchen und öffentlich dokumentieren.
  1. OZG 2.0: Letzte Chance für die digitale Verwaltung – Jetzt klare Konsequenzen ziehen!
    Einfache, nutzerfreundliche Onlineverfahren erleichtern den Umgang mit staatlichen Stellen
    und sind ein zentraler Hebel zum Bürokratieabbau. Nachdem Deutschland der Entwicklung
    in anderen Ländern jahrelang hinterhergelaufen war, sollte das 2017 beschlossene Onlinezugangsgesetz (OZG) die Wende bringen. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Trotz gewisser Erfolge und einem großen Engagement der Beteiligten in Bund, Ländern und Kommunen sind zwei Monate vor Ende der Umsetzungsfrist erst 33 von 575 Verwaltungsleistungen flächendeckend verfügbar. Grund hierfür sind strukturelle Herausforderungen im Zusammenwirken der Ebenen, die bisher nicht gelöst worden sind, etwa komplizierte Koordinierungsstrukturen, fehlende Standardisierung und mangelnde Verbindlichkeit. Das von Vielen geforderte OZG-Nachfolgegesetz muss die bisher und sehr schmerzlich gewonnenen Erfahrungen ehrlich analysieren. Das federführende BMI sollte dazu mit Betroffenen und Praktikern offen diskutieren. Es braucht ein konsequentes Umsteuern der Politik – Empfehlungen dazu liegen vor und sind auch in diesem Bericht enthalten (vgl. Kapitel 3).
    </Zitat>

Irgendwie kommt einem das alles bekannt vor. OZG nicht erfüllt, zu enge Fristen, keine ernsthaften Bemühungen, Neustart erforderlich, Aufwand eher größer geworden. Der NKR Normenkontrollrat warnt und mahnt und warnt und mahnt. Ähnliches hatten wir bereits 2021 vom NKR lesen dürfen: https://www.project-consult.com/news/normenkontrollrat-nkr-bericht-2021-bescheinigt-defizite/. Da wird auch der Digitalcheck ab 2023 ins Leere laufen.

Und natürlich gibt es auch ein neues „Chaos-“ oder „Wimmel-Bild“ der Organisation und Kompetenzen. Die Frage im Bild „Funktioniert das?“ muss klar mit „Nein“ beantwortet werden.

Es muss endlich etwas getan werden!

Erst neulich hatten wir bei der Diskussion des E-Government Monitors 2022 gefordert, endlich einmal die alten Zöpfe abzuschneiden, die Gesetze durchgängig auf das Digitale Zeitalter auszulegen und von den „Sonderlocken“ der Verwaltung abzurücken (https://www.project-consult.com/news/das-ozg-hat-seine-ziele-verfehlt/https://www.project-consult.com/news/das-ozg-hat-seine-ziele-verfehlt/). Einheitliche, standardisierte Lösungen heißt den Beschaffungsdschungel zu roden, keine Länder-, Verbands- oder Kommunenentscheidungen mehr bei Standard-Aufgaben. Nicht andauernd neue Ausschreibungen, die zur Heterogenität und Inkompatibilität beitragen. Keine speziellen individuellen Lösungen mehr. Renovierung der Verfahren und des Verfahrensrecht. Eine mutige Regierung ist gefordert, die endlich einmal durchgreift, damit Deutschland nicht komplett abgehängt wird!

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

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