Frank Schirrmacher †

12. Juni 2014 15:00 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Ein großer Journalist, Interlektueller, Vordenker und Mahner hat uns am 12.06.2014 überraschend und zu jung verlassen: Frank Schirrmacher, R.I.P.

Nicht immer teilte ich seine Meinung aber in einigen meiner Vorträge lieferte er für den Ausblick auf die Entwicklung der Informationsgesellschaft die Steilvorlagen – PAYBACK ist immer gut für provokative Zitate:
"Wer frisst wen in der digitalen Gesellschaft? Der darwinistische Wettlauf zwischen Mensch und Computer:
Die Informationsexplosion wird unser Gedächtnis, unsere Aufmerksamkeit und unsere geistigen Fähigkeiten verändern, unser Gehirn physisch verändern, vergleichbar nur den Muskel- und Körperveränderungen der Menschen im Zeitalter der industriellen Revolution. Kein Mensch kann sich diesem Wandel entziehen. Aber das sind nur Vorbereitungen auf einen ungleich größeren Wandel.

Er hat vieles bewegt und ich vermisse ihn wie viele andere auch.

 

Hier einige Nachrufe:

FAZ "Ein sehr großer Geist"
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/zum-tod-von-frank-schirrmacher-ein-sehr-grosser-geist-12986939.html

SPIEGEL "Diese herrliche Lust am Untergang"
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/frank-schirrmacher-nachruf-auf-den-faz-herausgeber-a-974861.html

ZEIT "Das abenteuerliche Herz"
http://www.zeit.de/kultur/2014-06/frank-schirrmacher-tot

Heise "Auf das eigene Denken hören"
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Auf-das-eigene-Denken-hoeren-zum-Tode-von-Frank-Schirrmacher-2221168.html

Cyslanski "Wenig richtige Antworten, zumeist falsche Fragen, aber viele Anstöße relevanter Diskussionen"
http://www.czyslansky.net/?p=11560

Beimnollar "Wie soll es jetzt überhaupt weitergehen?"
http://www.beimnollar.de/2014/06/15/wie-soll-es-jetzt-uberhaupt-weitergehen/

Sascha Lobo "Digitale Debatten: Was man von Frank Schirrmacher lernen kann"
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/lobo-kolumne-debatte-als-waffe-vermaechtnis-von-frank-schirrmacher-a-975860.html

Jakob Augstein "Es gibt keinen anderen wie ihn"
https://magazin.spiegel.de/digital/#SP/2014/25/127626396

Shoshana Zuboff "Er schuf Kultur, stündlich, täglich"
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/frank-schirrmacher/erinnerung-an-frank-schirrmacher-er-schuf-kultur-stuendlich-taeglich-12988841.html

John Brockmann "Vielleicht war er der einzige wahre Futurist-Humanist"
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/frank-schirrmacher/erinnerungen-an-frank-schirrmacher-vielleicht-war-er-der-einzige-wahre-futurist-humanist-12993079.html

Wieesaussieht "Fragen und Antworten" (mit einer umfangreichen Linkliste zu Nachrufen auf Schirrmacher – auf der wir nicht gelistet sind 🙂 )
http://www.wiesaussieht.de/2014/06/13/fragen-und-antworten/#more-6509

Der Tagesspiegel "Ein Wunderkind mit Freude am Experiment"
http://www.tagesspiegel.de/kultur/zum-tod-von-faz-herausgeber-frank-schirrmacher-ein-wunderkind-mit-freude-am-experiment/10036708.html

 

Sein Lebenslauf auf Wikipedia.de: http://de.wikipedia.org/wiki/Frank_Schirrmacher

 

 

Meinerseits: Danke Frank Schirrmacher!

 

 

Ulrich Kampffmeyer

 

P.S. … und ein paar grundsätzliche Überlegungen zum Nachrufen:

InKladde "Nachdenken über das Nachrufen – anlässlich Schirrmacher"
http://inkladde.wordpress.com/2014/06/15/nachdenken-uber-das-nachrufen-auf-frank-schirrmacher/

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

5 Kommentare zu “Frank Schirrmacher †

  • Frank Schirrmacher
    13. Juni 2014 um 10:30
    Permalink

    „Jeder weiß, wie man ein Smartphone bedient; die politische Frage lautet umgekehrt: wie man verhindert, dass man vom Smartphone bedient wird.“ Schlusssatz im Beitrag zum Friedenspreis für den Internetkritiker Jaron Lanier. Offensichtlich der letzte Beitrag von Frank Schirrmacher in der FAZ.

    Antwort
    • Schirrmachers Heiligsprechung
      19. Juni 2014 um 15:56
      Permalink

      Zunächst einmal ist Sterben mit 54 Jahren viel zu jung. Seinen Tod zu betrauern ist angesichts des jungen Lebensalters das Normale und Richtige. Aber die Heiligsprechung, die vielerorts nun angestrebt wurde, ist verfehlt.

       

      Als Annette Schavan auffiel, dass sie in ihrer Doktorarbeit betrogen hatte und sich damit ein luaktives Leben erschlichen hat, waren so gut wie alle deutschen Professoren zu befangen, um darüber sachlich zu urteilen. Wenn man mehrere Millionen € vom Bildungsministerium bekommt, dann ist selbstverständlich die Ministerin eine tolle Wissenschaftlerin. Man hätte also unabhängige, ausländische Prüfer nehmen müssen.

       

      Ähnlich ist es bei Schirrmacher. Viele von denen, die jetzt ihre überaus große Trauer bekunden, haben Geld von ihm bekommen, dass sie in seinem Blatt seinen Ruhm mehren. Schirrmacher hat für Geld viele in seinem Blatt zu Wort kommen lassen, die man gemeinhin als Internet-Aktivisten bezeichnet. Aber hat er Debatten angeregt oder sie kanalisiert, um sie klein zu halten, damit das Konservative die Plünderung ungestört fortsetzen kann? Die Nerds wurden im Feuilleton versteckt. 

      Internetpolitik ist keine Sache für die große Politik vorne in Politik oder Wirtschaft, sondern hinten m Feuilleton. Wo man über Fernsehen, Filme, schöngeistige Kultur und Esoterik wie den bekifften Kafka spricht, den außer Schirrmacher kaum einer verstanden hat. Vielleicht hat Schirrmacher dazu beigetragen, dass die Nerds bei der GroKo zynisch ihre Demütigung erlangten: erst eine Enquete für Schrankware, dann ein Ausschuss mit Federführung für nichts, also überflüssig. Und jetzt gibt eins zwischen die Augen, wenn man sich erdreistet, etwa die Spionage durch die Geheimdienste aufdecken zu lassen.

       

      Nerds gehören ins Feuilleton. Das war das Ergebnis.

       

      War Schirrmacher etwa einer der großen Kämpfer gegen das Leistungsschutzrecht, gegen ACTA, gegen die Spionage fremder Mächte gegen Staat, Wirtschaft und Bürger?
      War er Bürgerrechtler?
      War die FAZ ganz vorne, was das Internet anbelangte?
      Nein, sie war die letzte Zeitung, die sich nur mit Widerwillen dem neuen Medium gewidmet hat. Schirrmacher hatte geglaubt, dass er mit dem Kaufen von Autoren sich in die neue Zeit einkaufen könnte.
      Und was bliebt uns haften, mit ihm verbunden?
      Außer die Journalisten-in-sich-Diskussionen?
      War die FAZ dabei, als Spiegel, New York Times und Guardian den NSA-Skandal aufdeckte?
      Nein, die sich selbst gehörende FAZ war sich selbst genug. Von der FAZ ging nie der Fortschritt aus, sie war immer retradierendes Moment, dass man einen Dreiakter zu einem Fünfakter verlängern kann und noch ein wenig in der alten Zeit verharren kann.

      Für Schirrmacher war immer sein eigener Ruhm das wichtigste. Er verkaufte sich nebenberuflich als teurer Redner mit schrillen Thesen wie Spitzer aber ohne Sachkunde das Neue betreffend. Wenn er sich selber teuer als Redner verkaufte, kaufte er sich Ghostschreiber, um das Thema aufzuarbeiten, von dem er keine Ahnung hatte (wie mir einer seiner Ghostschreiber erzählte).

       

      Nun wird der Fortschritt nicht mehr durch Nebelbomben in der FAZ verlangsamt. Wir werden uns mit den Problemem beschäftigen müssen und nicht mehr mit Schirrmachers Person. Schon sein letztes Buch war nicht mehr der Erfolg wie andere Boulevard-Werke vorher. Erst neulich las ich ein Buch über Big Data aus 2013. Manche Autoren waren schwierig aber gut (Dirk Baecker), andere einfach gut, Weichert wie immer am Thema vorbei mit seinem Facebook-Brille der Welt und Schirrmacher einfach nur belanglos.

       

      Aber jeden kann sich selber fragen, welchen politischen Erfolg er mit der Diskussion Schirrmachers verbindet.

       

      Juristische Erfolge um Facebook herum hat ein Österreichischer Student in Irland erzielt, nicht etwa ein Beamter oder Journalist von uns.

      Das Zugangserschwerungsgesetz wurde mit einer Beispiellosen 180-Gradwende unseres rückgratfreien Bundestages nach einer Online-Petition durch eine vorher unbekannte Initiatorin und 140.000 Zeichner erwirkt.
      Das E-Government wird in Deutschland seit 15 Jahren durch esoterische nationale Technologie verhindert, die es außerhalb des nationalen Sumpfes nicht gibt.
      Hat Schirrmacher was dran geändert?
      Nein, aber teuere Reden in der Bundesdruckerei (die die englische Heuschrecke APAX dem Bundesfinanzminister wegen Underperformance zurückgegeben hat) zur Promotion des Unsinns geredet.

       

      Friede seiner Seele. Mitgefühl denen, die ihm nahe standen.

       

      Ansonsten bleibts bei Shakespeare: Viel Lärm um nichts.

      Antwort
      • Kritik
        19. Juni 2014 um 18:54
        Permalink

        Als Schirrmacher mich 2011 bat, die Themen Internet und Wissenschaft für sein Feuilleton zu beackern, war ich erstaunt. Ich hatte gerade sein Buch Payback in meinem damaligen Blog zerlegt. Auch die von ihm publizierten Thesen von Lanier und Gelernter fand ich uninspiriert, banal bis sachlich falsch. Einer seiner Glossenschreiber hatte mich ein Jahr zuvor besucht und ein unheiliges Kauderwelsch aus einem interessanten dreistündigen Gespräch fabriziert, das mich diskreditieren sollte. Warum wurde ich nun von ihm persönlich ins Allerheiligste bestellt zu einer „längeren Kooperation“ zum Thema Web.

        Als ich ihn in Frankfurt in seinem Büro traf und er mir die Ideen einer Zusammenarbeit skizzierte, war ich fasziniert. Was dann die Redaktion daraus machte? Als ich die von ihm gewünschten Reisen zu den abseitigen Web-Denkern dieser Welt in Brasilien, Südafrika und Island beantragte, schäumte die Redaktion. Ich hatte noch nicht mal eine Dissertation verfasst. Langjährige Redaktionssoldaten bekamn ein mal alle paar Jahre eine Reise nach München oder Hamburg bezahlt. Ich lernte schnell, wie groß das Gefälle dort wirklich war, wie wenig Macht im Alltag auf der Straße ankommt, wenn Abteilungsleiter, Fußsoldaten und Verwaltung Hand an eine Idee gelegt haben. Meine Kritik an seinen zum Teil oberflächlichen Büchern, Ideen und Vorhaben flachte ab. Auch die Verwunderung darüber, wie viele Zuträger mit ihm Boot saßen, wenn ein Thema angegangen wurde. Sein Beispiel eines dekonstruierten Don Quixote war mir ein Rätsel geworden – ohne jeden mystischen Hauch. Im Gegenteil. Die Meinung der Meute im Web war im Kern auf einer Illusion begründet. Er hat sie zu zerstreuen versucht, dafür habe ich ihn respektiert. Ich habe ihm zu danken, dass er einige meiner Artikel so toll fand, dass sie ganze Seiten in der FAZ ausfüllten. Ich war sehr stolz. Jemand seines Formats hat schon einiges an Sternenstaub im Rucksack. Das bringt natürlich Neider auf den Plan. Es bleibt die Erinnerung an eine verstörende Existenz, die von außen so mächtig aussieht, und fast nur auf den Erwartungen der Anderen beruhte. Das Vehikel Internet ist dabei noch das am wenigsten Ungewöhnliche. Aber es hat genauso wie das Thema Alter oder Familie zur Banalisierung beigetragen. Mein Fazit ist, dass man Foucault nicht innerhalb einer Redaktion fortführen kann.

        Die Rebellion im Netz kann Schirrmacher nichts vorwerfen, was sie nicht selbst zu verantworten hat. Das Thema „Digitale Öffentlichkeit“ ins bürgerliche Lager zu tragen und dort damit Unruhe zu stiften, ist sicher sein Verdienst. Nun sind die Krakeler dran, ihr besseres Wissen in die tat umzusetzen. Ich fürchte, es ist längst zu spät. Auch das ist eine Furcht, die wenige außer ihm so klar formuliert haben.

        Antwort
  • Umstritten
    19. Juni 2014 um 8:30
    Permalink

    In unserer – unvollständigen – obigen Sammlung von Nachrufen auf Frank Schirrmacher hatten wir auch kritische Stimmen aufgenommen. Aber natürlich überwiegt so kurz nach dem Tode eine etwas "verklärende" Darstellung. Sascha Lobo trennte sich in seinem Kommentar http://bit.ly/Lobo-Schirrmacher von den Inhalten und suchte die Bedeutung von Schirrmacher in der Anregung notwendiger und wichtiger Debatten. Aber offenbar gibt es jenseits dieser öffentlichen Diskussionen noch eine andere Dimension.

    Auf Twitter entspann sich eine Diskussion nicht nur zu den von Schirrmacher vertretenen Inhalten und zu seiner Rolle als Anreger von Debatten sondern auch, wie viel Schirrmacher denn in seinen Vorträgen und Publikationen enthalten sei. Das Stichwort "Ghostwriter" fiel. Auszüge:

    Zu Schirrmacher als Person und als Geschäftsmann können wir nichts beitragen. Wir haben uns seitens PROJECT CONSULT mit Inhalten seiner Publikationen auseinandergesetzt, wenn sie unsere Themenwelt von Information Management, Information Governance & Information Society betrafen. Zuletzt übrigens mit einer Kontra-Position beim Thema "Europäische Suchmaschine". Dennoch würdigen wir die von ihm angestoßenen Debatten – wer auch immer die Texte geschrieben haben mag. Die öffentliche Wirkung, wo durch immer getrieben, darf nicht unterschätzt werden und bleibt als wertvolles Vermächtnis.

     

    Ulrich Kampffmeyer
    PROJECT CONSULT Unternehmensberatung GmbH

    Antwort
  • Mein kleiner Nachruf ...
    19. Juni 2014 um 17:52
    Permalink

    Danke, dass Du mich mit diesem Artikel an einen erinnert hat, den ich schrieb, nachdem ich mir das von Dir empfohlene Buch Payback von Herrn Schirrmacher durchgelesen hatte.
    Sicher ist ein Herr Schirrmacher als ein Mächtiger des Mass Mind Controls, der mit seinem Medium die Weltbilder mit formt, die sich in unseren Köpfen ausbilden sollen. In seinem Buch regt er aber gerade an, diese Weltbilder immer wieder zu hinterfragen und querzudenken. Das habe ich mir inzwischen sehr zu Herzen genommen. Daher bin ich an dieser Stelle dankbar für sein Wirken, dieses Buch betreffend.
    Ich las das Buch 2010. Ich habe daher den damaligen Artikel etwas aufgefrischt und angepasst, und hier nochmals veröffentlicht:
    Wir müssen nicht mehr Wissen, weil uns der Content auf Schritt und Tritt verfolgen wird …
    Viele Grüße, Martin

    Antwort

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