E-Government Monitor 2019: wenig Fortschritte

18. Oktober 2019 16:08 Uhr  |   |  Permalink


Initiative D21 und fortiss haben durch Kantar den „eGovernment Monitor 2019“ erstellen lassen: http://bit.ly/eGovMon2019. D21 feiert übrigens dieses Jahr 20jähriges Jubiläum. Die Studie erscheint jährlich (hier gehts zu den Kommentaren zu den Studien 2017 und 2018). Die Studie wird durch zahlreiche Partner unterstützt. Darunter auch Partner wie Microsoft und Huawei – nicht alle unumstritten wenn es um eGovernment und öffentliche Aufträge geht. Der Monitor gilt als Barometer für den Zustand des eGovernment in Deutschland (und Österreich & Schweiz) im Vergleich mit Europa.

D21_eGovernment_Monitor_2019_TitelblattUnd gleich bei diesem Vergleich zeigen sich die gleichen Schwächen wie in den Vorjahren. Zwar hat sich die Nutzung von eGovernment-Services erhöht, jedoch ist Deutschland im europäischen Vergleich auf den hinteren Rängen. Bestehende Hürden sind geblieben und auch die technischen Sonderlocken sowie der Föderalismus machen das Leben weiterhin schwer. Bei digitalen Services sind mehreren Digitale Identitäten zwar unbequem aber anscheinend sinnvoll. Bei Standarddiensten wie der elektronischen Steuererklärung liegen Österreich und die Schweiz weiterhin vor Deutschland – von anderen europäischen Staaten ganz zu schweigen. „Der rückläufige Trend bei der Inanspruchnahme von Behördendiensten über das Internet ist sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz aktuell gestoppt, die Nutzung im Jahresverlauf steigt in beiden Ländern an.“ Und im Artikel in eGovernment Computing herausgehoben: „Ein großes Hindernis für die Nutzung von eGovernment-Angeboten bleibt, dass die gewünschten Dienste nicht oder nicht vollständig online angeboten werden. Allerdings sieht das Onlinezugangsgesetz (OZG) vor, dass bis 2022 alle Verwaltungen ihre dazu fähigen Verwaltungsleistungen online anbieten und im übergreifenden Portalverbund nutzbar machen.“ Viel hängt mit Marketing und Komfort zusammen. So wissen z.B. 61% der Befragten nichts über die eID-Funktion, die auch per NFC genutzt werden kann. Von der Verbreitung von Kartenlesegeräten einmal ganz zu schweigen. Hier besteht aber Hoffnung durch die Fernsignatur nach eIDAS. Der Monitor eGovernment geht dabei nicht auf die interne Nutzung und Situation innerhalb der Behörden und Verwaltungen ein, sondern beschränkt sich auf die Nutzung durch Bürger, Unternehmen und andere Spieler der Öffentlichkeit. Hier wird das OZG mit dem Bundesportal für eGovernment-Dienste vielleicht Fortschritte bringen, auch wenn es dahinter in den Fachanwendungen der Verwaltungen immer noch düster aussieht.

 

Einige Ergebnisgrafiken

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Kommentare zu den Grafiken aus der Zusammenfassung von Kantar

In Deutschland nutzt sie fast jeder Zweite (48 Prozent, das ist ein Anstieg um 8 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr). Insbesondere die mittlere Altersgruppe zwischen 35 und 54 Jahren entdeckt digitale Behördendienste zunehmend für sich, hier gibt es den größten Anstieg seit Beginn der Untersuchung 2012. Damit liegt die Nutzungsquote weiterhin deutlich unter denen der Vergleichsländer Österreich (70 Prozent, -4 Prozentpunkte) und Schweiz (58 Prozent, +2 Prozentpunkte). Im Langzeittrend konnten die BürgerInnen bisher kaum zu einer verstärkten Nutzung motiviert werden (2012: 45 Prozent zu 2019: 48 Prozent). Im EU-Vergleich liegt Deutschland an 24. Stelle und damit weit unter dem EU-Durchschnitt. 

E-Government nutzen in allen Vergleichsländern Jüngere und Ältere sowie Männer und Frauen etwa gleich viel. Ganz entgegen dem Trend bei anderen digitalen Aktivitäten, die meist Jüngere sowie Männer stärker wahrnehmen [2]. Bei digitalen Behördendiensten zeigt sich eine digitale Spaltung am stärksten nach dem Niveau der Bildung: 67 Prozent der Menschen mit hoher Bildung nutzen E-Government-Angebote, im mittleren Bildungsbereich sind es 59 Prozent, bei OnlinerInnen mit niedriger Bildung sind es nur noch 41 Prozent. „Es ist bedauerlich, dass wir hier keine Fortschritte oder übergreifenden Maßnahmen sehen. Gerade weniger Gebildete könnten von einem einfacheren Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen profitieren“, so Hannes Schwaderer, Präsident der Initiative D21. „Wenn wir digitale staatliche Dienstleistungen allen Menschen zugänglich machen möchten, brauchen wir einfache Sprache, intuitive Bedienung und nachvollziehbaren Mehrwert, etwa durch proaktive Hinweise auf Fristen oder beantragbare Leistungen.“

Ein großes Hindernis für die Nutzung von E-Government-Angeboten bleibt, dass die gewünschten Dienste nicht oder nicht vollständig online angeboten werden. Das Onlinezugangsgesetz (OZG) sieht vor, dass bis 2022 alle Verwaltungen ihre dazu fähigen Verwaltungsleistungen online anbieten und im übergreifenden Portalverbund nutzbar machen. Dazu Klaus Vitt, Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik und Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat: „Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes läuft auf Hochtouren. Die nutzerfreundliche Gestaltung von E-Government-Diensten steht im Mittelpunkt. Bis 2022 werden wir alle Verwaltungsleistungen auch online anbieten und den Bürgerinnen und Bürgern durch die Einführung des ‚Once Only–Prinzips‘ einen echten Mehrwert bieten können.“

Die Zufriedenheit mit den digitalen Verwaltungsdiensten steigt in allen drei Ländern im Vorjahresvergleich leicht an. In Deutschland sind 60 Prozent mit den Angeboten zufrieden, in Österreich 74 Prozent und in der Schweiz 73 Prozent (jeweils +2 Prozentpunkte). Im Langzeittrend seit 2012 ist die Zufriedenheit vergleichsweise stabil.

Die eigene Identität weisen die OnlinerInnen am häufigsten per Benutzername / Passwort, gefolgt von PIN-/TAN-Verfahren nach [3]. Das Ergebnis sind verschiedene digitale Identitäten und Passwörter, die sie verwalten müssen. Nur ein Viertel der InhaberInnen von mehr als drei Identitäten verwaltet diese über einen Passwort-Manager oder ein vergleichbares Instrument. Trotz der Komplexität ist die Bereitschaft für die Verwendung mehrerer digitaler Identitäten in allen drei Ländern hoch. Fast zwei Drittel der NutzerInnen empfinden den Umgang mit verschiedenen Identitäten als mühsam, aber sinnvoll. Für viele spielt dabei der Sicherheitsaspekt eine zentrale Rolle. Knapp ein Drittel fühlt sich mit der Handhabung verschiedener digitaler Identitäten jedoch überfordert.

Der Personalausweis als digitale Identität kann sich in Deutschland bislang nicht durchsetzen – in Österreich nutzt bereits fast jede/r Zweite die staatliche Lösung

Digitale Identitäten stellt der Staat aus, um eine sichere Online-Identifikation und Authentifizierung insbesondere in der Behördenkommunikation zu ermöglichen. Deutschland führte hierzu 2010 den Personalausweis im Scheckkartenformat mit der sogenannten Online-Ausweisfunktion (eID) ein. Laut „eGovernment MONITOR 2019“ besitzen rund drei Viertel der deutschen OnlinerInnen den Personalausweis im Scheckkartenformat und damit die Möglichkeiten für eine digitale Identifikation. Die eID-Funktion hat jedoch nur ein Viertel freigeschaltet. Die tatsächliche Nutzung der eID-Funktion bleibt gering, nur sechs Prozent haben sie bereits genutzt, der Großteil davon über ein entsprechendes Kartenlesegerät.

Seit 2017 besteht die Möglichkeit, die NFC-Schnittstelle von Android-Smartphones zur Verwendung der eID-Funktion ohne ein zusätzliches Kartenlesegerät zu nutzen. Fast zwei Drittel der potenziellen NutzerInnen ist diese Möglichkeit allerdings unbekannt. Für Apple-Smartphones besteht die Möglichkeit erst seit September 2019, und damit nach Durchführung der Befragung.

„Smartphones tragen die Menschen heutzutage fast immer bei sich – daher liegt im neuen Angebot, den Personalausweis über die NFC-Schnittstelle zu nutzen, durchaus eine gute Chance, Akzeptanz und Nutzung zu steigern“, kommentiert Prof. Dr. Helmut Krcmar von fortiss: „Aber: jetzt müssen auch Anwendungen folgen, bei denen die BürgerInnen eine spürbare Zeitersparnis haben, wenn sie eine Leistung online nutzen und sich dabei mit dem Personalausweis sicher gegenüber den Behörden ausweisen können. Von Erfolg können wir erst sprechen, wenn die Menschen diese Möglichkeit auch wahrnehmen.“

Weitere Entwicklungen und Anwendungsformen für den Personalausweis und die staatliche digitale Identität sind für die BürgerInnen denkbar: Fast die Hälfte der deutschen OnlinerInnen kann sich vorstellen, die Informationen ihres Personalausweises auf einer sicheren Plattform im Internet zu speichern und diese dann zur Identifizierung bei verschiedenen Diensten zu nutzen. Eine Speicherung dieser Daten auf dem Smartphone lehnen jedoch 57 Prozent ab.

In der Schweiz besitzen mittlerweile 28 Prozent eine SuisseID – davon haben 84 Prozent sie bereits eingesetzt, häufig zum Einsatz kommt sie jedoch nur bei einer Minderheit. Das 2017 neu eingeführte SwissID-Verfahren erleichtert die Abwicklung und wird zunehmend genutzt: BesitzerInnen der SuisseID verwenden das neue Verfahren bereits deutlich häufiger als die SuisseID selbst. Die neue SwissID erlaubt nicht nur eine Identifikation für behördliche, sondern auch für private Dienste und benötigt keine zusätzliche Hardware.

In Österreich nutzen knapp 50 Prozent eine aktivierte Bürgerkarte oder Handy-Signatur – mit deutlich steigender Tendenz, zudem plant fast ein Drittel der NichtnutzerInnen die Anschaffung. Im Vergleich zu Deutschland sind in Österreich gegenwärtig deutlich mehr behördliche Dienstleistungen über die elektronische Behörden-ID zugänglich.

In einer „Citizen Journey“ untersucht der „eGovernment MONITOR 2019“ die Kontaktkanäle der BürgerInnen mit den Behörden im Zuge der Erstellung ihrer Steuererklärung. Insgesamt ist die elektronische Steuererklärung in Deutschland deutlich weniger verbreitet als in Österreich und der Schweiz.

Bei der Steuererklärung durchlaufen BürgerInnen im Wesentlichen vier Schritte: Informationsbeschaffung, Beratung, Erstellung der Steuererklärung und Abgabe. Die Behörden sind bei der Informationsbeschaffung und Beratung in Deutschland nur dritt- bzw. viertwichtigste Anlaufstelle. Öfter helfen Steuerberatungen, Lohnsteuervereine oder das private Umfeld. Ein Viertel der Befragten gab an, nicht einmal auf die Idee gekommen zu sein, die Informationen online bei den Behörden einzuholen. ÖsterreicherInnen und SchweizerInnen informieren sich deutlich häufiger auf offiziellem Wege. Große Unterschiede zeigen sich bei der Erstellung der Steuererklärung: In Österreich nutzen über 80 Prozent und in der Schweiz rund 60 Prozent die behördeneigene Software. Das deutsche „ELSTER“ hingegen nutzt nur rund ein Drittel, ein weiteres Viertel verwendet eine andere Software – insgesamt erstellen damit 56 Prozent ihre Steuererklärung in Deutschland digital. Die Abgabe erfolgt in Deutschland fast zur Hälfte elektronisch (32 Prozent ELSTER, 13 Prozent andere Software), in der Schweiz zu 41 Prozent digital (hier spielt der Brief nach wie vor die größte Rolle). In Österreich geben über 80 Prozent ihre Steuererklärung online ab.“

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