Bundestag verabschiedet E-Government-Gesetz
19. April 2013 07:45 Uhr | Dr. Ulrich Kampffmeyer | Permalink
Seit 2010 dümpelte das deutsche E-Government-Gesetz vor sich hin (http://www.verwaltung-innovativ.de/nn_1978556/DE/Regierungsprogramm/e__gov/e__gov.html). Nun wurde das eGovG in der Nacht vom 18. auf 19.04.2013 im Bundestag um 22:00 verabschiedet. Es muss noch durch den Bundesrat bestätigt werden.
Der Entwurf des eGovG wurde durch die Koalition noch angepasst (Referentenentwurf vom 9.3.2013 http://bit.ly/eGovG). Publikumswirksame und umstrittene Komponente des eGovG ist De-Mail. De-Mail löst praktisch in vielen Bereichen die qualifizierte elektronische Signatur ab. Ebenso wird durch das eGovG der Einsatz des neuen Personalausweises nPA gestärkt – allerdings nur mit der EID-Funktion, nicht mit der qualifizierten elektronischen Signatur. Durch De-Mail und die elektronische Identifikationsfunktion des neuen Personalausweises soll die bisher im Behördenverkehr erforderliche Schriftform nach § 126, 127 BGB ersetzt werden. Die QES fällt nur noch unter "sonstige sichere Verfahren". Das Thema Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bei De-Mail ist damit "durch" – es gibt jetzt Rechtssicherheit "per-Ordre-de-Muft". Kritiker nennen daher das eGovG auch "Unsicherheit per Gesetz".
Das eGovG sieht in der überarbeiteten Form eine Erweiterung der Identifizierungsmethoden beim Eröffnen eines De-Mail-Kontos um "geeignete technische Verfahren" vor – wie das funktionieren könnte, bleibt offen. Die Auseinandersetzung mit der Post und dem Post-Ident-Verfahren ist so noch lange nicht vom Tisch, zumal die Post mit dem E-Postbrief nun doch wieder bei De-Mail mitspielen will. Bürger können den Behörden ihre Erreichbarkeit über De-Mail künftig auch durch einen Eintrag im Adressregister mitteilen, worauf diese natürlich noch nicht eingerichtet sind. Die Bundesbehörden werden verpflichtet, die Barrierefreiheit im elektronischen Verwaltungsverkehr – wie auch immer das gehen soll – zu gewährleisten. Also vieles ist eher im nebulösen Bereich der Ankündigungsrhetorik verhaftet. So auch das amtliche Bekanntmachungen parallel auch in digitaler Form erscheinen und im Sinne von Open Data in maschinenlesbarer Form im Netz stehen (es lebe die Web-Archivierung, die natürlich niemand in der öffentlichen Verwaltung auf dem Schirm hat). Das neue Gesetz soll ferner auch im öffentlich/rechtlichen Bereich die Möglichkeit für elektronisches Bezahlen, Bescheinigungen und Nachweisdokumente schaffen. Wenn dies allerdings noch nicht einmal innerhalb der Behörden untereinander elektronisch geht, wie soll dies mit Unternehmen, Organisationen und Bürgern außerhalb möglich sein? Die Bundesbehörden werden durch das eGovG zum Umstieg auf die elektronische Aktenführung angehalten. Damit kommt wieder das Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit ins Spiel, das z.B. bei der "elektronischen Akte" immer noch die elektronische Signatur und auch das Nachsignieren vorsieht. Auch hier sind nunmehr Anpassungen an die geänderte Gesetzeslage notwendig.
Im Vergleich mit E-Government-Gesetzen anderer Staaten bleibt das deutsche eGovG zurück und setzt zudem auf nationale "Sonderlocken", die z.B. ausländische Mitbürger und Bürger aus Staaten der europäischen Union benachteiligen oder ganz aus den elektronischen Verfahren ausschließen. Das derzeitige eGovG kann daher nur als ein erster Schritt betarchtet werden, dem weitere Anpassungen und vor allem die Bereitstellung von Mitteln und Knowhow für die Umsetzung folgen müssen. Ansonsten wird durch das eGovG nur die vorhandene Ineffizienz in den Verwaltungen elektronifiziert.
Post beschwert sich bei EU-Kommission über eGovG und De-Mail
Nur wenige Stunden nach der Verabschiedung des eGovG legt die Post bei der EU-Kommission Beschwerde gegen De-Mail und dessen Verankerung im neuen E-Government-Gesetz ein: http://bit.ly/DeMail-EPost . Das Einzige, was verwundert ist, wie lange es gebraucht hat. Schon vor Jahren hatten wir geschrieben (2011: http://bit.ly/15lEHx3) , dass ein deutscher Sonderweg nach Europarecht nicht zulässig ist, wenn er Bürger und Unternehmen aus der europäischen Union ausschließt oder benachteiligt. Die De-Mail wäre so schon am eigenen Erfolg gestorben und wäre von den anderen europäischen Nationen "abgeschossen" worden. So ist der Vorstoss der Post auf europäischer Ebene nur ein erster Anlauf auf europäischer Ebene. Dieser Vorstoß zielt auch nicht auf die europäische Dimension sondern beschräönkt sich auf formalistische Fehler, die "Notifizierungspflicht".
Die Fachzeitschrift EGovernment Computing schreibt dazu:
"Streit um eGovernment-Gesetz | De-Mail und eGovG: Post beschwert sich bei EU-Kommission | 19.04.13 | Manfred Klein, Gerald Viola
Das eGovernment-Gesetz muss zwar noch vom Bundesrat abgesegnet werden, aber die Deutsche Post fährt schon jetzt massive Geschütze auf. Das Unternehmen, das mit seiner ePost bei De-Mail nicht zum Zuge kam, beschwert sich bei der EU-Kommission. Die Beschwerde bei der EU-Kommission erfolgte, weil das eGovernment-Gesetz und das De-Mail-Gesetz der Notifizierungspflicht unterliege. Notifizierungspflicht laut Wikipedia: „Als Notifizierungspflicht wird die gesetzliche Verpflichtung des öffentlichen Sektors bezeichnet, eine Subvention, die sogenannte Beihilfe, bei der Europäischen Kommission anzumelden und genehmigen zu lassen.“ Die Post ist nämlich der Meinung, dass die gesetzlichen Regelungen der Bundesrepublik andere Anbieter diskriminieren und dem Inhalt und Geist der Digitalen Agenda widersprächen. Die Post ist besonders darüber verärgert, dass die Zustimmung gestern im Bundestag in Kenntnis der Post-Beschwerde erfolgte. Die neu eingefügte „Hintertür“ für „sonstige sichere Verfahren“ werden beim gelben Dienstleister als möglicher Gnadenweg gesehen, wobei nicht erkennbar sei, wie er angewendet werden soll."
Die Argumente der Post: Die Argumente der Post auf eGovernment Computing: http://bit.ly/Post-DeMail
Der Streit um die De-Mail wird sich noch hinziehen und die Meisten werden sie einfach als überflüssiges Ärgernis ignorieren.
Bundesrat verabschiedet EGovG, De-Mail & Film-Archivierung
Das E-Government-Gesetz (http://www.verwaltung-innovativ.de/cln_339/nn_1978556/DE/Regierungsprogramm/e__gov/e__gov__node.html?__nnn=true) wurde am 07.06.2013 im Bundesrat verabschiedet. Damit kommt jetzt auch De-Mail zum Zuge!
Die Zeitschrift CIO hat zum EGovG ein paar Ratschläge: http://www.cio.de/news/wirtschaftsnachrichten/2918431/
Die beschlossene Vorlage:
http://www.bundesrat.de/cln_330/SharedDocs/Drucksachen/2013/0301-400/356-13,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/356-13.pdf
Der Beschluss des Bundesrates:
http://www.bundesrat.de/cln_330/SharedDocs/Drucksachen/2013/0301-400/356-13_28B_29,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/356-13(B).pdf
… der auch noch ein paar "Nachbesserungswünsche" zum Thema "De-Mail" enthält. Im Gesetzestext steht übrigens immer noch die QES qualifizierte elektronische Signatur an erster Stelle. Alles Folgende zu De-Mail und der "Öffnungsklausel für die Post, ist als Aufzählung als "Die Schriftform kann auch ersetzt werden" aufgeführt. Die Betonung liegt auf "auch" solange das Signaturgesetz nicht geändert wurde. Die Öffnungsklausel am Ende könnte außer dem EPostbrief auch ganz anderen Verfahren zu Gute kommen.
… und nun zu etwas gänzlich Anderem …
Die Änderung des Bundesarchivgesetzes wurde auch gleich mit "durchgewunken":
http://www.bundesrat.de/cln_330/SharedDocs/Drucksachen/2013/0301-400/357-13,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/357-13.pdf
"Mit dem vorliegenden Gesetz sollen die Produzenten deutscher
Kinofilme nun gesetzlich verpflichtet werden, Filme innerhalb eines Jahres
nach der ersten öffentlichen Aufführung in einer beim Bundesarchiv betriebenen Datenbank zu registrieren und dem Bundesarchiv mitzuteilen, wo sich eine
einwandfreie, archivfähige Kopie befindet."
E-Governmentgesetz tritt am 1.8.2013 in Kraft
Am 1.8.2013 trat das neue EGovG in Kraft. An meinen bisherigen Einschätzungen, dass daraus nichts wird, ändert sich nichts … siehe oben und hier http://bit.ly/E-GovG .
Im Einzelnen: