ZUGFeRD 2.0 greift europäische Standardisierung auf

21. August 2017 14:16 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Am 21.8.2017 wurde der Entwurf für ZUGFeRD 2.0 nebst Roadmap der weiteren Entwicklung vorgelegt. Er ist Ergebnis der Entwicklertagung. Der Entwurf kann bis zum 25.08.2017 bei FeRD kommentiert werden. Die Verabschiedung ist für den 21.9.2017 vorgesehen. Es wurden zwei Dokumente, eine Roadmap mit allgemeinen fachlichen Erklärungen, und eine erweiterte technische Spezifikation veröffentlicht (http://bit.ly/FeRDZUGFeRD20).

 

Roadmap ZUGFERD 2.0 (http://bit.ly/ZUGFeRD20Roadmap)

Inhalt:

  • ZUGFeRD 2.0: Der internationale Standard für elektronische Rechnungen (entspricht der europäischen Norm EN 16931)
  • Umfang von ZUGFeRD 2.0 / Factur-X
  • Europäische und nationale Verpflichtung zur Akzeptanz von ZUGFeRD 2.0
  • Technische Rahmenbedingungen von ZUGFeRD 2.0
  • Termine und Meilensteine

Interessant ist die ehrgeizige Zeitplanung für die Umsetzung von ZUGFeRD 2.0, bzw. Factur-X:

  • Ende Juli 2017: Veröffentlichung des Release Candidate für das ZUGFeRD 2.0 Teil 1: Profil EN 1693
  • Ende August 2017: Ende der Kommentierungsfrist zu Teil 1
  • Ende September 2017: Veröffentlichung des Final Release für das ZUGFeRD 2.0 Teil 1: Profil EN 16931
  • Voraussichtlich Ende August 2017: Veröffentlichung des Mapping für die UN/CEFACT-Syntax in CEN TS 16931-3-3
  • Ende August 2017: Entwicklung des Release Candidate für die Teile 2 bis 4
  • Ende September 2017: Ende der Kommentierungsfrist zu Teilen 2 bis 4
  • Ende Oktober 2017: Veröffentlichung des Final Release für alle ZUGFeRD 2.0-Profile

 

FACTUR-X | ZUGFeRD 2.0 | Teil 1: Profil EN16931 | Version 1.0 | DRAFT (http://bit.ly/ZUGFeRD20

Inhalt:

  •    Kurzfassung
  • 1 Dokumenteninformationen
  • 2 Anwendungsbereich
  • 3 Rechtliche Anforderungen
  • 4 Spezifikation
  • 5 Praktische Beispiele
  • 6 Anhang

In der Kurzfassung heißt es <Zitat„FACTUR-X (ZUGFeRD 2.0) kombiniert die CrossIndustryInvoice von UNECE und den ISO Standard 17 PDF/A-3 zu einem hybriden Rechnungsformat. Das vorliegende Dokument bildet die Anforderungen der europäischen Norm EN16931 konform durch ein hybrides Format ab. Im Sinne der EN16931 ist es somit eine „fully compliant Core Invoice Usage Specification“ (CIUS). Da diese Spezifikation fully compliant ist, lassen sich mit ihr auch sämtliche weiteren CIUS der EN16931 abbilden, sofern sie als hybrides Rechnungsformat übertragen werden sollen. In diesem Dokument wird beschrieben, wie XML Instanzen erzeugt werden könnnen, die die Anforderungen des semantischen Datenmodells konform abbilden. Darüber hinaus wird erläutert, wie das Übertragungsformat PDF/A-3 erstellt werden kann.“ </Zitat>

Hieraus lassen sich bereits die grundsätzlichen Ambitionen von ZUGFeRD 2.0 ableiten.
Zum einen schafft man mit FACTUR-X einen international griffigeren Begriff für den Standard (der auch von den Franzosen unterstützt wird). Mit Factur-X rückt man auch wieder in eine begriffliche Nähe zur „X-Rechnung“ der deutschen Verwaltung.
Zum zweiten setzt man beim XML-Format für die Rechnungsdaten auf volle Kompatibilität mit dem europäischen Standard CEN EN 16937.
Dies soll den Weg in die öffentliche Verwaltung ebenen, die ab 2018 elektronische Rechnungen nach diesem Standard empfangen und verarbeiten können muss. in Deutschland war hier bisher ZUGFeRD im föderalen Architekturkonzept noch nicht einmal erwähnt. Dort wurde nur von X-Rechnung und EN 16931-Konformität philosophiert.  

Im Juni 2017 wurde europäische Norm für die Kernelemente einer elektronischen Rechnung EN 16931 vom Europäischen Komitee für Normung (CEN) veröffentlicht, deren Umsetzung für die gesamte öffentliche Verwaltung in der Europäischen Union verbindlich ist. Um Kompatibilität zu erreichen musste ZUGFeRD 1.0 angepasst werden. Dies geschah in Zusammenarbeit einer Initiative mit den Franzosen und führte letztlich auch zu der internationalen Bezeichnung Factur-X.

<Zitat> „Im Rahmen der deutsch-französischen Digitalen Agenda wurde Factur-X als gemeinsame Spezifikation zur Umsetzung der europäischen Norm EN 16931 durch das Forum elektronische Rechnung Deutschland (FeRD) und das Forum National de la Facture Electronique (FNFE) entwickelt. Aus ZUGFeRD 1.0 wird ZUGFeRD 2.0 – auf internationaler Ebene  „Factur-X“ genannt.“ </Zitat>

Die Durchsetzbarkeit allein in der freien Wirtschaft wäre ohne diese Anpassungen nicht möglich. 

 <Zitat> „Im Bereich der öffentlichen Auftraggeber in Europa soll der strukturierte Datenaustausch elektronischer Rechnungen gefördert werden. Im B2B-Umfeld stellt die Forderung nach einem ausschließlichen Austausch strukturierter Daten immer noch eine Implementierungshürde dar. […] eine hohe Verbreitung eines solchen Austauschs hat bisher aus Komplexitäts- und Kostengründen nicht stattgefunden. Die Einführung eines rein strukturierten Formats in einer gesamten Volkswirtschaft benötigt die Definition eines Einführungsstichtags mit komplexen Übergangsszenarien, beziehungsweise ist nicht möglich, da bei rein strukturiertem Datenaustausch andernfalls eine bilaterale Abstimmung notwendig ist. Die Anwendung des Konzepts einer hybriden Rechnung hilft diese Lücke zu schließen und so – Zug um Zug – alle Organisationen auf den Weg des Austauschs rein strukturierter Daten vorzubereiten. Nicht jede Organisation muss zeitgleich die strukturierten Daten (eingangsseitig) vollständig verarbeiten können. Somit reduziert die hybride Rechnung die Komplexität, die Kosten für Sender und Empfänger und führt zu einem volkswirtschaftlichen Effizienzgewinn. Mit Hilfe der hybriden Rechnung wird die Anzahl benötigter Ein- und Ausgangskanäle reduziert, während gleichzeitig einer weiteren Herausforderung begegnet wird.“ </Zitat>

ZUGFeRD 2.0 muss aber deshalb unterschiedliche Strategien und Nutzungsmodelle unterstützen, um europaweit Anerkennung zu finden. So ist das Factur-X Profil ein Paket mit mehreren Spezifikationen geworden. Das in der Norm CEN EN16931 definierte Modell bildet nur die Kernelemente einer Rechnung ab. So werden branchenabhängig oder entsprechend gesetzlichen Vorgaben weitere Elemente benötigt, ohne die keine automatisierte Verarbeitung der Rechnung möglich ist. Dementsprechend gibt es für ZUGFeRD 2.0 eine branchenübergreifende Erweiterung:  ZUGFeRD 2.0 – Profil Extended. Dieses Profil definiert, wie das Konzept der hybriden Rechnung im Rahmen einer „fully compliant CIUS“ zur EN16931 umgesetzt werden kann. Dieses wird sich aus folgenden Komponenten zusammensetzen:

ZUGFeRD 2.0 / Factur-X 

  • ZUGFeRD 2.0 – Teil 1: Profil EN 16931
  • ZUGFeRD 2.0 – Teil 2: Profil Extended
  • ZUGFeRD 2.0 – Teil 3: Profil Basic
  • ZUGFeRD 2.0 – Teil 4: Profil Buchungshilfe

Die bisherigen Spezifikationen wurden entsprechend umbenannt (und angepasst). Das ZUGFeRD 1.0-Profil „Comfort“ wurde in der Version 2.0 in Profil „EN 16931“ gewandelt. Es entspricht vollständig der Europäischen Norm (Profil EN 16931). Alle vier ZUGFeRD-Profile „Basic“, „EN 16931“, „Extended“ und „Buchungshilfe“  wurden mit dem französischen Forum harmonisiert.

 

Damit hat ZUGFeRD zunächst die notwendige Grundlagenarbeit getan, um technisch mit der europäischen Norm konform zu gehen. Ob dies dem hybriden Format verhilft sich durchzusetzen, steht auf einem anderen Blatt. Im B2C dominiert weiterhin das einfache PDF-Rechnungsdokument, im B2B Rechnungsaustausch zwischen Unternehmen setzt man eher auf reine auswertbare Datenformate ohne „extra Verpackung“ und die öffentliche Verwaltung in Deutschland „schießt sich“ gerade auf X-Rechnung ein. Factur-X als hybrides Format sitzt also weiterhin zwischen mehreren Stühlen. Auch Gerhard Schmidt (Rechnungsaustausch.org) sieht die Verwendung des Container-Formates PDF/A-3 weiterhin als Hindernis an und spricht von einer „Spirale des Zuwartens“. David Spaeth (WMD) weist zudem auf hohe Kosten als Hindernis hin, wenn es z.B. um den Einsatz von ZUGFeRD im SAP-Umfeld geht.
Wird ZUGFeRD 2.0 wirklich den Durchbruch bringen? Hilft die Kooperation mit den Franzosen wirklich?
Zu lange dümpelt ZUGFeRD schon vor sich hin.
Und vergessen wir nicht – das Austauschformat von Rechnungen ist nur ein ganz kleiner Teil wenn wir an durchgängige, digitale Geschäftsprozesse insgesamt denken.

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

Ein Kommentar zu “ZUGFeRD 2.0 greift europäische Standardisierung auf

  • ZUGFeRD als Schraube-Mutter-Parabel
    4. September 2017 um 7:31
    Permalink

    Sachliche Kritik am hybriden Format ZUGFeRD gibt es schon lange. ZUGFeRD bewegt sich in einer Nische. Wo Endkunden einfach PDF- oder HTML-E-Mail-Rechnungen bereitgestellt werden und Großunternehmen seit Jahrzehnten mit EDI vollautomatisiert unterwegs sind, ist das hybride ZUGFeRD-Format zwar gut gemeint aber völlig überflüssig. 

    Gerhard Schmidt bringt dies in einer Glosse auf den Punkt: „Wie Zugferd durch das Geschäftsinteresse einiger kleiner Unternehmen ausgebremst wird“ http://bit.ly/ZUGFeRDausgebremst. Als Gleichnis über Schrauben und Muttern führt Schmidt den Anachronismus von ZUGFeRD aus und zeigt zugleich, wie durch geschäftliche Interessen die Durchsetzung des Formates noch verhindert wird. Gerhard Schmidt selbst nennt das ein „Märchen“ wo es doch traurige Wirklichkeit ist: „Erzählt als Märchen über rostende und nichtrostende Schrauben und Muttern erfahren Sie, warum bei der hybriden Zugferd-Rechnung PDF/A3 zur Pflicht wurde und Pflicht bleiben soll und warum Zugferd deshalb nie richtig in Schwung kam.

    Das Rechnungsformat ist nur ein einziger, kleiner Aspekt in durchgängigen elektronischen Geschäftsprozessen bei Absender/Bereitsteller und Empfänger. Hier sollte man auf automatisch verarbeitungsfähige Daten-Formate und nicht auf Dokumente setzen. Gerade mit mobilen Bereich läuft alles auf strukturierte Daten beim Bezahlen hinaus. Der elektronische Rechnungsbeleg als Datensatz wird hier folgen. Das KassenG verlangt ja auch schon längst keine Aufbewahrung von Kassenpapierrollen mehr sondern will auch die elektronischen, strukturierten, automatisch verarbeitungsfähigen Datensätze. Und Standards für Rechnungsdatensätze gibt es ja. Selbst die lahme öffentliche Verwaltung setzt hier auf strukturierte XML-Datensätze und nicht auf hybride Rechnungsformate. Und ob das Zusammengehen mit den Franzosen und ob die Übernahme der europäischen XML-Rechnungsstandards nun ausreichen, um ZUGFeRD zum Durchbruch zu verhelfen?

    Immerhin waren die ZUGFeRD-Protagonisten mutig genug, mich als bekannten ZUGFeRD-Kritiker als Referent zu einer Tagung einzuladen.

    Informationen zu ZUGFeRD gibt es hier: http://www.ferd-net.de/

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