Verwaltungsgerichte & elektronische Aktenführung

20. April 2011 11:30 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Elektronische Akten in der öffentlichen Verwaltung – ein schwieriges Thema. Ein Aufsatz "Anforderungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit an die Führung elektronischer Verwaltungsakten" in JurPC Web-Dok. 66/2011, Abs. 1 – 73, soll hier Hilfe bieten:  http://icio.us/fbt3DL . Er wurde von der Arbeitsgruppe "Elektronische Verwaltungsakte" als Leitfaden erstellt.

Der Artikel ist ziemlich konkret, macht aber das Leben für die Verwaltung nicht einfacher. Der Anspruch des Leitfadens ist wie folgt formuliert:  

Die Orientierungshilfe formuliert Vorschläge zu Anforderungen, die aus der Sicht der Verwaltungsgerichtsbarkeit an die Bildung, Führung und Übermittlung elektronischer Verwaltungsakten zu stellen sind, und enthält erste Überlegungen, welche Rechtsfolgen sich ergeben können, wenn die vorgelegten elektronischen Verwaltungsvorgänge diesen Anforderungen nicht entsprechen.

Er kann und will der Verwaltung keine verbindlichen Vorgaben machen und ist insbesondere nicht zur verbindlichen Klärung von Rechtsfragen "für die Verwaltungsgerichtsbarkeit" bestimmt. Die richterliche Unabhängigkeit der im Streitfall entscheidenden Richterinnen und Richter bleibt ebenso unberührt wie der Verantwortungsbereich der Verwaltung. Es kann nur um die Annäherung an ein gemeinsames Verständnis im Sinne von "Orientierungshilfe" gehen. 

Erleichterungen in der Verwaltung durch die Einführung elektronischer Verwaltungsakten werden in der Verwaltungsgerichtsbarkeit zunächst einmal zusätzliche Belastungen bewirken. Denn die Verwaltungsgerichte müssen die Kommunikation mit dem einzelnen Bürger auch dann sicherstellen (Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 103 Abs. 1 GG), wenn dieser nicht an einer elektronischen Kommunikation teilhaben kann. Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit sind aufgerufen, bei der Bewältigung der hierdurch entstehenden technischen und organisatorischen Probleme konstruktiv zusammenzuwirken. 

 

In dem Leitfaden werden einige sehr kritische Aspekte angesprochen, z.B.
# Was ist die führende Akte – Papier oder Elektronik?
# Wie steht es mit Hybrid-Akten?
# Wie steht es um die Vollständigkeit einer Akte?  
# Was ist die Lebensdauer einer Akte?
# Was ist ein elektronisches Aktendoppel?
# Welche Qualität müssen die enthaltenen elektronischen Unterlagen haben?
# Kann die elektronsiche Akte entgegen SGB 10 das Original werden?
# Die qualifizierte elektronische Signatur ist nicht unbedingt erforderlich!
# "Archivierung" heisst "Aufbewahrung" und "Information Capture" ist "Medientransfer …
# Gilt bei Dateien der Begriff des "Originals" nicht mehr?
# Beid er Übermittlung elektronischer Akten gibt es wieder ein "Original" …
# Darf elektronische Akten ausdrucken und in Papier vorlegen?
# Was ist eigentlich mit dem JKomG und der elektronischen Signatur? (diese Frage wird nicht offensichtlich beantwortet)
# Was ist der Unterschied zwischen Aktenüberlassung und Aktenvorlage in der elektronischen Welt?
Und dann die entscheidenden Fragen
# Muss ein Gericht elektronisch vorgelegten Akten folgen, sie als Beweis anerkennen (Ja, aber)
# und das Gericht muss die System-Lösung des Vorlegenden prüfen können und so gibt es auch die Organisationsbeschreibung als verkappte Verfahrensdokumentation!
 

Viel Spass mit dem Verwaltungsdeutsch, das wieder zu vielen Missverständnissen in der Archivierungs-, Dokumentenmanagement- und Enterprise-Content-Management-Branche beitragen wird!

Unsere Darstellung von der Funktionalität elektronischer bzw. virtueller Akten finden Sie hier: http://bit.ly/gWM5id

Die Diskussion zum Thema in unserer XING-Gruppe "Information & Document Management" finden Sie hier: http://bit.ly/gMOnyQ

Die vollständige Inhaltsübersicht zum Leitfaden:

I n h a l t s ü b e r s i c h t


1. Berechtigung zur Führung elektronischer Verwaltungsvorgänge


2. funktionale Anforderungen an die Führung elektronischer Verwaltungsvorgänge
2.1 Vollständigkeit
2.2 Aktenwahrheit/-integrität
2.3 Aktennachvollziehbarkeit/-verständlichkeit
2.4 Aktenverfügbarkeit/-beständigkeit


3. Medientransfer/ersetzendes Scannen
3.1 informatorische Übernahme in eine elektronische Verwaltungsakte als Zweitakte
3.2 Orientierung an § 110a ff. SGB IV?
3.3 Standardabweichungen


4. Medientransfer bei Altaktenbeständen


5. Übermittlung/Vorlage elektronischer Verwaltungsvorgänge
5.1 Form der Bereitstellung
5.1.1 Elektronische Übermittlung an das Gericht
5.1.2 Übermittlung Papierausdruck bei elektronischer Aktenführung
5.1.3 Aktenüberlassung durch elektronischen Zugriff
5.2 Inhalt der vorgelegten/übermittelten Verwaltungsakte


6. Folgen einer den materiellen Anforderungen nicht genügenden elektronischen Aktenführung

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

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