Ordnung versus Chaos

6. Januar 2012 09:10 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Man könnte fast den Artikel "Es geht ums Ganze" zum Thema "Der Sinn (und Unsinn) von Ordnung"  in der Zeit empfehlen (http://www.zeit.de/2012/02/Welt-Ordnung), wenn er denn nicht so kreationistisch und anti-darwinistisch angehaucht wäre. Aber darum soll es hier nicht gehen. Interessanter dürfte die Übertragung ins Informationsmanagement sein. Der Konflikt lautet hier Records Management versus Enterprise Search … oder auch gleich Records Management versus Google on my Desktop.

Der Mensch neigt einerseits dazu, Ordnung zu schaffen, zu klassifizieren, Einzuordnen. Gerade bei größeren Mengen von Objekten, aber auch Informationen sucht er die Ordnung. Er braucht die Ordnung besonders dann, wenn er nicht selbst die Objekte oder Informationen klassifiiziert hat. Ordnung ist das Grundprinzip von Archiven ebenso wie des Windows-Dateimanagers. Andererseits ist der Mensch bequem, faul oder auch nur Energie-effizient. Ordnung für sich selbst schaffen und zu halten ist schon schwierig. Ordnung für andere schaffen, die man vielleicht garnicht kennt, von denen man nicht weiss, ob sie die Ordnung und die geordneten Objekte jemals nutzen werden, ist nur durch Anordnung von oben durchzusetzen. Anordnen heißt, andere zur Ordnung anhalten. Ordnung halten funktioniert hier nur dann, wenn das Einhalten der Ordnung auf kontrolliert wird und die Kontrolle nachkontrolliert wird und über die Kontrollen selbst wieder Ordnung geschaffen wird. Unsere genetische Disposition hilft uns einerseits Ordnung zu schaffen in dem wir die Welt und ihre Objekte klassifizieren, andererseits sind die Ordnungen in unserem Kopf sehr individuell und volatil.

Ordnung schaffen versus im Chaos Finden.

Auch elektronische Information leidet unter Unordnung. Durch ihre Menge und Virtualität, die fehlende haptische Anfassbarkeit, leidet sie besonders unter Ordnungslosigkeit. Es ist ein Unterschied eine Schraube in ein Kästchen zu packen oder eine Schraubenbeschreibung in einen elektronischen Ordner zu ziehen und vielleicht sogar noch mit Dutzenden von Attributen zu beschreiben.

Mit dem stürmischen Wachstum der elektronischen Information wird es immer schwieriger Ordnung zu halten.

Der traditionelle Ansatz für das Ordnunghalten bei Informationen und Dokumenten ist Records Management.

Records Management hat das Ziel, Ordnung zu schaffen. Dabei zugleich Nachvollziehbarkeit, Authentizität, Integrität, Vollständigkeit und andere Eigenschaften sicherzustellen, die durch Governance und Compliance Vorgaben auch noch eine rechtliche Stütze haben. Und dies unabhängig vom ursprünglichen Erzeuger der Information und konsistent über lange Zeiträume.

Der Kaufmann muss Ordnung halten. Dies ist das Grundprinzip aller Handels-, Steuer-, Zoll-, Verbraucher-schützende und Qualität-sichernden Gesetze.

Ordnung schaffen durch Klassifikation und Identifikation mittels Meta-Daten ist das Grundprinzip von Records Management.
Records Management braucht Zeit, Disziplin und Wissen über die Ordnung.

Records Management ist aufwändig, besonders bei Erfassung und Erschließung von Inhalten in Informationsobjekten.

Nun gibt es aber seit einigen Jahren verstärkt den Ansatz mittels Enterprise Search einfach alle Repositories, sprich Speicherorte, automatisiert zu durchsuchen, um die Informationsstrukturen, die Informationen und die Informationsobjekte automatisch zu indizieren und zu klassifizieren.

Der Anwender hat sich an die Mechanismen von Google gewöhnt.Ein Feld für die Suche, eine Ergebnisliste mit den 10 besten Treffern auf der ersten Seite. So sieht der Anwender inzwischen die Welt. Man spricht inzwischen von Google-esque.

Fazettiertes Suchen mit zahlreichen Feldern tritt in den Hintergrund, zumal es die Möglichkeit gibt, hinter nur einem universellen Suchfeld die anderen Attributfelder zu verstecken und automatisch mit zu durchsuchen.

Beim manuellen Erfassen und Indizieren ist das Stöhnen um so lauter je mehr Information erfasst oder – sofern automatisch ermittelt – bestätigt werden muss. Die Qualität der manuellen Erfassung ist vom Komfort der Software, dem Knowhow und Interesse des Anwenders und der Tagesform abhängig.

Automatische Klassifikation bei der Erfassung und/oder bei der Suche ist inzwischen besser und konsistenter in der Qualität als eine manuelle Erfassung von Attributen für Records Management oder Archivierung.

Genau hier setzt der große Konflikt an – Records Management versus Enterprise Search.

Enterprise Search verspricht alles ohne Aufwand zu finden.Die Problematiken mit den Speicherorten, der Relevanz, der Aktualität, den Berechtigungen etc. lassen wir einmal außen vor. Auch die "alten Argumente" dass man sich auf die Richtigkeit und Vollstädnigkeit der Ergebnisse nicht verlassen können, dass man in jedem Fall Ordnung halten muss, vergessen wir für den Moment – und für die Zukunft.

Enterprise Search wird immer besser. Es werden auch hier Beziehungen ermittelt und aus den Informationen, bzw. ihrem Kontext virtuelle Ordnunsgstrukturen geschaffen. Die automatische Klassifkation kann nicht nur bei der Erfassung sinnvoll eingesetzt werden – im Vorwege Ordnung schaffen – sondern auch bei der Suche – beim Finden – Ordnung schaffen.
Hierbei kann man die automatisierten Verfahren durchaus gegen Taxonomien, Klassifikationsschema, kontrollierte Nomenklaturen etc. laufen lassen und die Automatismen verbessern.

Denn letztlich entscheiden nur Qualität und Compliance über die Akzeptanz.

Qualität definiert sich über Orts-, Zeit- und Anwendungsunabhängikeit, Schnelligkeit und Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit und Einfachheit und Intuitivität des Zugriffs. Ziel ist, überhaupt nicht zu Suchen, sondern die Information bedarfsgerecht automatisch in der jeweils aktuellen Situation angezeigt zu bekommen. Dies bedeutet, die Anwendung muss die Suche automatisieren, so dass der Anwender gar nicht merkt, dass gesucht worden ist.

Compliance definiert sich über gesetzliche und regulative Vorgaben zu Richtigkeit, Vollständigkeit, Integrität, Authentizität, Unverändertheit, Nachvollziehbarkeit, Reproduzierbarkeit, Kontextwahrung, Prozesszugehörigkeit und – Ordnung. Es heißt nicht umsonst "ordnungsmäßig" und ordnungsgemäß ist nur, was geordnet ist. Ordnung ist das Gegenteil von Unordnung.

Hiermit sind wir wieder beim Eingangsstatement.

Wie wird Ordnung geschaffen, die sich in Aktenplänen, Metadaten, Aufbewahrungsfristen, Zerstörungsvorgaben, Audit-Trails usw. niederschlägt? Sind diese Methoden überholt? Oder können sie von intelligenter, selbstlernender Software automatisch selbst generiert werden? Bleibt dies eine Domäne menschlicher Arbeit oder schlägt auch hier die automatische Klassifikation zusammen mit übergreifender Suche, Enterprise Search, zu?

Die Antwort lautet: alles nur noch einer Frage der Zeit.

Die Entwicklung neuer Technologien – besonders im Consumer-, Mobile- und App-Bereich – wird in alle Anwendungsfelder in den Unternehmen und Verwaltungen eindringen. Die Vereinfachung der Informationsnutzung, Informationsbereitstellung und Kommunikation wird nicht vor den verstaubten Anwendungsfeldern "Langzeitarchivierung", "Dokumentation", "Schriftgutverwaltung", "Registratur", "revisionssichere Archivierung" – und damit auch Records Management – haltmachen.

So gesehen wird Records Management eine Benutzoberfläche für wenige Mitarbeiter im Unternehmen werden, die sich den ganzen Tag hauptsächlich mit dem Thema "Ordnung schaffen und Ordnung überprüfen" beschäftigen – Archivare, Rechtsanwälte, Revisoren, Prüfer. Für den Anwender wird es einen Schlitz geben zum Alles-Finden.

Die Zukunft des Records Managements ist Enterprise Search.

Der Records Manager der Zukunft hat auch schon einen Namen – Dr. Watson.

 

Ulrich Kampffmeyer

P.S. Auch in der von uns betreuten XING-Gruppe "Information & Document Management" haben wir zu diesem Thema einen Diskussionsthread angelegt.

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

7 Kommentare zu “Ordnung versus Chaos

  • Ein noch tieferer Blick in die Glaskugel
    6. Januar 2012 um 22:53
    Permalink

    Lieber Uli,

    erst einmal möchte ich dir für diesen sowohl inhaltlich als auch stilistisch sehr gelungenen Artikel danken, insbesondere für den Link eingangs, denn diskutiere ich über Ordnung und Unordnung unseres Kosmos seit ein paar Wochen auch auf meinem privaten Blog und habe dort dafür weitere Anregungen erhalten.

    Nun aber zum Thema Records Management und Entreprise Search, zu denen ich zwei Dinge sehe. Fangen wir mit dem ersten Punkt an, rückblickend auf den Records Management & Compliance Fachtag 2011 in Frankfurt ( http://bit.ly/wK6o37 ):

    Bearbeitung von Akten

    Records Management ist ja nicht nur ein Thema für die Männer mit den schwarzen Schutzärmeln, die immer nur dann was rausholen müssen, wenn was schief gelaufen ist, sprich Beweismittel dem Richter vorgelegt werden müssen.

    Records Management hilft auch zu Lebzeit von Dokumenten bei der Sachberabeitung, sprich der schnellen Auskunftsbereitschaft und Entscheidungsfindung.

    Hier denken wir Menschen immer noch in Aktenstrukturen. Wenn das ein Enterprise Search hinbekommt, auch noch so unwichtig erscheinende Kommunikationsschnipsel, die ja inzwischen auch über die social Business Anwendungen wie Facebook, Google+ oder auch Xing ausgetauscht werden, kontextbezogen wieder aus der Datensenken hervorzuheben, so erweitert sich das Anwendungsszenario doch schnell auf alle Mitarbeiter im Unternehmen, oder?

    Transformation unserer Gesellschaft

    Komme ich nun zum zweiten Punkt und der hat was damit zu tun, dass wir im Augenblick so viele Records nur aufheben müssen, um im Streitfall gewappnet zu sein bzw. den Steuereintreibern nachweisen zu können, dass wir nicht geschummelt haben.

    Und jetzt wage ich mal einen ganz tiefen Blick in eine Glaskugel:

    Ich denke, dass es kaum noch einen Menschen auf der Erde gibt, der nicht das Gefühl hat, dass etwas gar nicht mehr in Ordnung zu sein scheint, womit ich den Faden direkt wieder aufgreife. Ich beobachte sehr genau, was sich seit dem arabischen Frühling ereignet hat und sehe über die vielen anderen Proteste, die seitdem über die ganze Welt laufen, dass gerade eine gesellschaftliche Transformation durchlaufen wird (siehe meine letzten Post dazu http://bit.ly/wUY3G7 ), die auch Einfluss auf unser Records Management haben wird.

    Wer sich fragt, welche Proteste ich anspreche, hier kurz der Abriss: nach Ägypten folgte Tunesien, Lybien, Island, Irland, Spanien (#15m), Portugal, Israel (#occupy), Griechenland, New York und Usa (#occupyNY), Marokko, 15. Oktober weltweit (#15o), Jemen, Syrien, Russland, Weißrußland, Japan (war nicht in den Medien), und jetzt am 15. Januar erneut weltweit (#15j), und da fehlen sicherlich noch ein paar.

    Was ist das für eine Transformation? Seit das Web 2.0 mit den Wikis und Blog, und nun noch mehr mit Facebook, Twitter und Google+ für Interaktion, sprich Gedankenaustausch und Beteiligung und ganz besonders für Vernetzung sorgen, tritt eine Machtumkehr ein. Die Menschen werden mündiger und kompetenter, weil sie selbst an alle Informationen heran kommen, um sich eine Meinung zu bilden. D.h. die Kunden geben vor, was die Firmen an Produkten und Services anbieten sollten. Die Mitarbeiter übernehmen immer mehr Verantwortung, was zu schnelleren Entscheidungen führt. Und die Bürger verlangen mehr Mitbestimmung, wie es ja auch im Artikel 20 des Grundgesetzes fomruliert ist „… durch Wahlen und Abstimmungen.

    Übrigens sehen wir hier auch reichlich Unordnung in der Politik. Die meisten Bürger trauen den Politikern nicht mehr zu, den Wust an aktuellen Probleme zu lösen und schon gar nicht im Sinne des Volkes.

    Aber zurück zur Transformation. Wenn sich nun die Machtverhältnisse umkehren, was bedeutet dies? Wir werden zu einer Gesellschaft kommen, die die krankmachende Konkurrenz und Profitgier hinter sich lassen wird. Denn die Vernetzung zeigt heute schon, wo es hin geht: Kooperation ist Trumpf! Es wird auch gar nicht anders gehen können. Einerseits können wir nicht weiter expandieren, ohne dass unsere Welt unter der Last zusammenbricht. Und andererseits ist unser Leben so kompliziert geworden, dass wir nur noch Lösungen für komplexe Probleme zwischen vernetzten Experten quer über die Welt hinbekommen werden.

    Was hat aber nun die Kooperation mit dem Records Management zu tun? Nun das ist ganz einfach. Wenn wir zu einer kooperierenden Gesellschaft transformieren, gehört dazu Transparenz (hier haben schon heute unsere jungen Menschen sehr viel weniger Probleme mit als wir alten). Wir werden keine Geheimnisse mehr voreinander haben, weil das keinen Sinn mehr macht. Je bessser wir über alles Bescheid wissen, desto schneller werden Ideen aufgegriffen werden, mit weiterem Wissen verkünpft und zu neuen Produkten und Methoden führen. Agilität in Rainkultur! Patente und Geheimnistuerei auf allen Ebenen wird der Vergangenheit angehören, weil dies nur verhindert und zu Streit führt.

    Und dann sind wir schon bei der ganz einfachen Antwort: Wenn nicht mehr gestritten wird, dann müssen geschäftsrelevante Informationen nicht mehr so lange aufgehoben werden. und auch ganz besonders nicht mehr so stark geschützt werden.

    Ich gehe sogar davon aus, dass wir zu einer Ökonomie kommen werden, in der wir kein Geld mehr brauchen. Wer sich hier weiter informieren möchte, der mag nach Zeitgeist Movement suchen oder Commons (Gemeingüter).

    Wenn wir nicht zu dieser Welt gelangen, sehe ich eher düster. Dann kommt nun der dritte Weltkrieg über den Iran-Konflikt. Und dann wird Einstein Recht behalten, wenn er sagte, dass wir den vierten Weltkrieg wieder mit Steinen und Knüppeln führen werden.

    Als wünsche ich uns allen doch den friedlichen Weg. Eine der durch unsere Liebe anstatt durch Angst bestimmt ist.

    Daher von mir dieses Mal liebe Grüße
    Martin

    Antwort
  • Social Search-Neben "wenigen Mitarbeitern" schaffen alle Ordnung
    7. Januar 2012 um 16:58
    Permalink

    Hallo Herr Kampffmeyer,
    stimme Ihren Überlegungen zu.

    Die Compliance-Vorgaben werden sich mit der Zeit an den neuen Möglichkeiten ausrichten, sofern nur das Finden und Überblick-Halten auch ohne vorheriges Ordnen möglich ist.

    Ich bin mir allerdings sicher, dass neben den „wenige[n] Mitarbeiter[n] […], die sich den ganzen Tag hauptsächlich mit dem Thema […] beschäftigen,“ auch die Mitarbeiter allgemein dazu beitragen werden, dass die notwendigen Meta-Informationen zur Verfügung stehen.
    Wie im WWW wird dies zum Teil gezielt, zum Teil unbewusst stattfinden. Indirekt basiert ja schließlich selbst die inzwischen eher einfach anmutende Page-Rang-Methodik von Google auf den ‚gelebten‘ Bewertungen anderer Web-Autoren. Außerdem werden zudem die zunehmend verbreiteten Social Media-Anwendungen in den Unternehmen wichtige Quellen für Meta-Informationen sein.

    Auch im Unternehmen wird „Social Search“ eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Und so wird sich in der Unternehmenswelt ein weiteres Mal mit zeitlichem Verzug die Entwicklung der Consumer-Technologien wiederholen.

    Beste Grüße

    Ayelt Komus

    Antwort
  • Symbiose von Records Management und Enterprise Search
    8. Januar 2012 um 18:34
    Permalink

    Das Verhältnis von Records Management und Enterprise Search hat mehrere Facetten.

    Dr. Kampffmeyer und Dr. Bartonitz haben bereits sehr anschaulich den gesellschaftlichen Kontext beleuchtet. Alles was wir tun (oder lassen) ist auch immer eine Frage der Einstellung.

    „Die Zukunft des Records Managements ist Enterprise Search.“ – Ich möchte mich den technologischen Aspekten dieser Vision widmen.

    Die Symbiose beider Technologien in gut handhabbaren Produkten ist noch nicht erreicht. Die wichtigsten Puzzle-Steine sind vorhanden und liefern in dedizierten Lösungen nützliche Ergebnisse. Aus unterschiedlichen Gründen haben sowohl Records Management als auch Enterprise Search bisher nicht den Status einer Universallösung für das Informationsmanagement erlangt.

    Der Charme von Enterprise Search als Zugriffstechnologie ergibt sich aus nahe liegenden Gründen.

    Zunächst ist Suche wohl der einfachste und universellste Ansatz für den Zugriff auf große Informationsmengen. Ohne Suchmaschinen wäre die Fülle der über das Internet verfügbaren Inhalte nicht zugänglich zu machen. Gleichzeitig ist uns die qualitative Unzulänglichkeit der Suchergebnisse bewusst, da aufgrund der Informationsmengen die Internetsuche heute noch mehr volltext- als metadatenorientiert ist. Daraus leitet sich das große Potential von Enterprise Search ab. Sie kann systemübergreifend Inhalte nicht nur nach Text sondern insbesondere anhand von Metadaten indexieren. Der Ausspruch: „Wer Ordnung hält, ist nur zu faul zum Suchen!“ muss aus Sicht einer Suchmaschine genau umgekehrt lauten: „Wer erfolgreich suchen will, braucht Ordnung!“. Jedes Metadatum entspricht einem Ordnungskriterium. Je mehr Ordnungskriterien vorhanden sind, desto flexibler kann eine Suche relevante Ergebnisse liefern.

    Mit den Inhalten sind oft schon wichtige Metadaten verbunden – z.B. das Datum der Erstellung oder letzten Änderung eines Dokuments. Aus den vorhanden Metadaten und den Inhalten können automatisiert weitere Metadaten abgeleitet werden. Mit Hilfe maschineller Lernverfahren und hinterlegten Regeln wird aus der Indexierung eine Klassifizierung.

    Hier kommt der Mehrwert von Records Management für Enterprise Search ins Spiel. Eine klassifizierende Indexierung bedarf einer möglichst hohen Datenqualität. Das gilt für regelbasierte und mathematische Verfahren gleichermaßen. Viele Verfahren erreichen nur eine befriedigende Qualität, wenn sie auf Vorwissen in Form von Referenzdaten aufbauen können.

    Records Management liefert hierzu in zweifacher Hinsicht einen Beitrag: durch die manuelle Annotation von Metadaten und durch die Kontrolle über die Inhalte. Es ist recht einfach, automatisch in einem Dokument Personennamen zu erkennen. Aber verlässlich den Autor beliebiger Dokumente zu ermitteln ist praktisch unmöglich. Zumindest bei wichtigen Dokumenten müssen hierzu die Dokumenteigenschaften manuell gepflegt werden, z. B. beim Einchecken in ein Dokumentmanagementsystem. Und noch eine Frage kann Enterprise Search nicht allein lösen – welche Version eines Dokuments ist die aktuell verbindliche? Auch hier wünscht sich die Suchmaschine Hilfestellung durch Content Management.

    Damit ist das Potential der Symbiose aber noch nicht ausgeschöpft. Die relativ wenigen Dokumente, die durch einige Mitarbeiter gepflegt werden, können einen hohen Nutzen für alle stiften. So können durch Such-Index-basierte Funktionen z.B. automatisch zu Wiki-Beiträgen Referenzdokumente zugeordnet werden.

    Eine enge Integration von ECM-Systemen und Enterprise Search ist eine Voraussetzung für ein erfolgreiches Informationsmanagement.

    Antwort
  • Das Vogelschwarm Prinzip als Beispiel
    9. Januar 2012 um 10:41
    Permalink

    Ich habe gerade per Zufall eine Web-Site gefunden, die eine neue Managementmethode darstellt, die meine These des mündiger, kompetenter werdenden Menschen unterstützt:

    „Ergebnis: Businesshaltung mit Zukunft

    Komplexe Problemstellungen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und unterschiedlichste Erfahrungen im Sinne einer produktiven Lösungsfindung miteinander zu vernetzen ist das Ergebnis des angewandten Vogelschwarm Prinzips®.

    Das Ergebnis sind zufriedene und hoch motivierte Mitarbeiter, die sich gegenseitig unterstützen und diesen Geist auch nach außen tragen – zu Kunden, Lieferanten und nicht zuletzt in ihre Familien und in ihren Freundeskreis.“

    http://www.livecompetence.net/vogelschwarm-prinzip/konzept.html

    Antwort
  • Verlagerung der fachlichen Kompetenz für die richtige Ablage
    9. Januar 2012 um 10:55
    Permalink

    Hallo zusammen!

    Ein sehr interessanter Artikel und sicher diskussionswürdig.

    Die bisherige Arbeit in Büros verschwendet derzeit immer noch unglaublich viel Potential. Wir haben als Anbieter versucht, die Art der Ablage neu zu überdenken, denn anders wir es nicht gehen. Richtig ist, dass wir zahlreiche Informationsströme zusammenbringen müssen. Und die Qualität einer ECM Lösung liegt künftig in der Einfachheit, wie dies erreicht werden kann.

    Sind die Informationsströme (Dateisysteme, Fremdsysteme, Mails, Blogs, Wikis, Social Networking, etc) für Unternehmen zentral zusammengefasst, dann stellt sich die Frage der Darstellung für Experten und normale Wissenssuchende (Knowledgeworker).

    Eine komplette Abkehr von einer „strukturierten“ Ablage und Hinwendung zu einer Enterprise Search halte ich derzeit nicht für realitätsnah, obgleich verführerisch.

    Nach meiner Erfahrung wird es mindestens eine Mitarbeitergeneration dauern, bis wir die geistige Kompfortzone der „Datei- und Ordnerbasierenden Ablage“ abgelegt haben. Diese klassische Ablage verliert aber seine Zukunftsberechtigung. Ich habe ein solch klassisches ECM System über 7 Jahre erfolgreich entwickelt, merkte aber, dass wir damit nicht mehr effektiv für die meißten Benutzer sind. Die Benutzer müssen einen echten Mehrwert eines ECM in der täglichen Arbeit spüren, um die Angst davor zu verlieren.

    Wir wollten als neues Startup erreichen, dass die Benutzer schneller Inhalte ablegen können, als in einem Dateisystem. Das ist das Mindeste an spürbarer Arbeitserleichertung. Klassische DMS Systeme erfordern weiterhin die Eingabe umfassender Meta-Informationsfelder, obwohl sich eigentlich bereits alle Informationen IM Dokument selbst befinden. Warum also die doppelte Eingabe? Die Volltext- und OCR Mechanismen können Heute so ziemlich jedes Format in hoher Qualität erkennen.

    Dies ist natürlich die ideale Grundlage für Enterprise Search. Die Form einer „Google“ Suche ist sicher ein tolles Konzept, aber nicht für jeden Benutzer passend.

    Wir unterscheiden die Qualität der Benutzer in Experten und normale Benutzer. Die Benutzer wollen eine möglichst einfache Oberfläche, geringsten Aufwand der Ablage, schnellste Suche und Zugriff von „überall“. Der Benutzer wünscht sich eine Google-Suche, aber zum anderen auch eine „strukturierte“ Ablage, wie in einem Ordnersystem. Es muss sich zumindest so anfühlen.

    Der Experte möchte ebenso eine einfache Oberfläche. Aber er gehört mit zu den Personen, welche die Ablagestruktur (oder Recherchestruktur) in einem Unternehmen definieren kann und soll. Die Kompetenz der fachlich richtigen Ablage liegt somit in den Regeln der Experten und des Unternehmens und nicht mehr in der Hand der einfachen Benutzer. Dabei definiert der Experte die „Regeln“ der fachlich korrekten Ablage, z.B. nach Ordnungskriterien wie Kunden- und Lieferantennummern, Fachbegriffen (Schlagworte, Kategorien). Kennzeichen. Diese Regeln werden zentral im ECM vorgehalten. Dies verhindert Falschablagen und Redundanzen. Es erhöht die Ablage- und Informationsqualität des gesamten Unternehmens und darüber hinaus. Für den Mitarbeiter reicht letztendlich sein „Container“, in dem er seine Inhalte reinkippt und diese organisieren sich durch die Regeln selbst.

    Wir sehen die Zukunft genau in dieser Form.

    Sobald sich Daten aus einer der Informationskanäle ergeben, werden diese analysiert und stellen sich wahlweise über automatisch organisierende Ordnerähnliche Strukturen dar oder bieten eine Enterprise Search. Sobald sich der Kontext eines „Content“ ändert, wird sich auch der Bezug zu den Regeln automatisch ändern und eine neue fachliche Zuordnung ergeben. Dies kann sogar aufwendige Workflows ersetzen.

    Wir glauben an diese neue Sichtweise auf Inhalte und denken, dass die bisherigen Ansätze klassischer Systeme an ihre Grenzen gekommen sind. Daher begrüße ich den Artikel sehr. Enterprise Search – aber in Kombination mit optisch aufbereiteter, selbstorganisierender Strukturierung – werden die Zukunft im Records Management sein. Den ich auch lieber als „Social Workplace“ im „Social Business“ bezeichnen würde.

    Viele Grüße aus dem trüben Oldenburg

    Jens Büscher, amagno

    Antwort
  • Was in der Occupy-Bewegung zu erkennen ist ...
    9. Januar 2012 um 16:34
    Permalink

    Auf The Intelligence ist heute ein Artikel veröffentlich worden, der die aktuelle Transformation unserer Gesellschaft aus dem Blickwinkel der kognitiven und emotionalen Konstruktionsmechnismen unserer Realität betrachtet und am Ende feststellt:

    „Wir nähern uns der Überwindung des bürgerlichen Polit- und Kunst-Theaters durch die Einführung unendlich vieler Wahrnehmungszusammenhänge. Wurde im psychologisch realistischen Theater der Raum als Materialisierung gesellschaftlicher Verhältnisse inszeniert, erweitert er sich jetzt zum multiplen Hör- und Sehraum mit ständig wechselnden Raum-Zeiten. Der Zuschauer ist so Ebenen des Dazwischen ausgesetzt, die den Wahrnehmungsprozess dynamisieren. Wo der Raum bisher Trennungen vorgab, ermöglicht er nun zunehmend ein In-Mitten-Sein. Der Mensch ist so auf einmal im Raum inmitten des Sichtbaren und Unsichtbaren.“

    Quelle: http://www.theintelligence.de/index.php/gesellschaft/kommentare/3818-occupy-unsere-begriffe-unser-denken-und-unsere-herzen-neu-besetzen-.html

    Was passiert ist, dass wir Vorgegebenes als nichts Stabiles betrachten werden und somit immer damit rechnen, dass es auch anders gemacht werden könnte. D.h. unsere schon jetzt empfundene Schnelllebigkeit wird vermutlich noch weiter zunehmen. Und das bedeutet, das Entscheidungswege immer kürzer werden müssen, und damit geht die Kompetenz und Verantwortung an jeden Einzelnen. Womit Prof. Gunter Dueck in seinem neuen Buch Professionelle Intelligenz – Worauf des morgen ankommt in das gleiche Horn stößt. Wir brauchen nicht nur die linke, logisch arbeitende Gehirnhälfte sondern auch die emitional, empathische, wenn wir kompetent entscheiden werden müssen.

    Übrigens kann ich dazu auch noch den neuen Artikel von Max J. Pucher empfehlen, der interessanterweise auch darauf kommt, dass wir beide Gehirnhälften brauchen, wenn wir in gleichermaßen strukturierte und unstruktierte Geschäftsprozesse beherrschen wollen: http://isismjpucher.wordpress.com/2012/01/04/acm-and-bpm-a-battle-of-hemispheres/

    Antwort
  • Finden statt suchen
    12. Januar 2012 um 16:20
    Permalink

    Finden statt suchen: Records Management will jeder, Enterprise Search ist eines der Werkzeuge!

    Gibt es diese drei Situationen für einen Menschen, der eine Information sucht?

    1. Die Information ist bekannt, ich will sie nocheinmal sehen oder hören (vielleicht bald auch fühlen oder riechen).

    2. Zu einem Vorgang müsste es eine Information geben, bitte zeige sie mir.

    3. In welchem Kontext wird eine Information verwendet, ich will mehr darüber erfahren.

    Das Beispiel zu 1. Ich habe gestern ein Foto gemacht, das einen Mangel auf einer Baustelle zeigt.

    Das Beispiel zu 2. Ich habe einen "Offenen Posten" meines Kunden in der Buchhaltung und will die Ausgangsrechnung und den Vertrag dazu sehen.

    Das Beispiel zu 3. Mich interessiert, welche Auswirkung Stromausfälle hatten und welche Maßnahmen ergriffen wurden.

    Meine These zu 1. Ohne die Metadaten "Foto", "Erstellungsdatum" und "Projektname" werde ich das Foto unter den 5.000 Bildern von gestern im Netzwerk sehr schwer finden.

    Meine These zu 2. Mehr als ein Klick auf die beiden angezeigten Dateien neben dem "Offenen Posten" ist nicht zeitgemäß.

    Meine These zu 3. Die Eingabe der Begriffe "Stromausfall", "Auswirkung", "Maßnahme" findet unter Verwendung zugehöriger Synonyme, Konjugationen und Deklinationen passende Informationen.

    Meine Meinung: Wie die Lösung für das Finden einer Information technisch oder organisatorisch erfolgt ist dem Menschen "gleichgültig".

    Eines will er sicher nicht: suchen.

    Antwort

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