Mikrofilm muss aus den Archiven raus
15. Dezember 2012 17:09 Uhr | Dr. Ulrich Kampffmeyer | Permalink
Eine sehr interessante Diskussion entspann sich in den letzten Tagen um einen Blogeintrag, in dem Marc Mudrak vehement gegen die noch in deutschen Archiven weitverbreitete Tradition der Mikroverfilmung wettert.
Er bringt (auf der nicht einfach zu entdeckenden Seite "Altgläubige in der Reformation" http://catholiccultures.hypotheses.org) sechs Argumente gegen den Mikrofilm vor (http://bit.ly/Z8neGu):
(1) Quellenbestände auf Mikrofilmen sind unübersichtlich und oft schlampig gespeichert.
(2) Mikroformate sind oft unleserlich und lassen zentrale Quellenbestandteile verschwinden.
(3) Die Arbeit an Mikroformat-Lesegeräten ist gesundheitsschädlich.
(4) Mikrofilme sind schwierig und teuer zu reproduzieren.
(5) Die Lesegeräte sind störanfällig, die Technik ist oft veraltet.
(6) Mikrofilme entfremden von den Quellen.
Deutschland ist wahrscheinlich inzwischen die Nation, die am Meisten noch Mikrofilm einsetzt …
Aber es blieb in der Diskussion (die auch hier http://bit.ly/TkF1E9 "Das Ärgernis Mikrofilm" reflektiert wird) nicht nur bei der Kritik. In der Diskussion zu http://bit.ly/Z8neGu) gab es auch sehr konstruktive Vorschläge zur Digitalisierung der Mikrofilme und die Vergabe der Metadaten, Indizes und Ordnungskriterien über Crowdsourcing. Dies würde für alle vorhandenen Mikrofilme in etwa soviel kosten wie "100 Meter Autobahn". Vorschlag Andreas Praefcke (Zitat):
"Wenigstens die Mikrofilme einmalig massenhaft zu digitalisieren und ins Netz zu stellen, dürfte doch keine unüberwindliche Hürde sein. Kürzlich hat jemand die Kosten für die geplante DDB sehr schön mit “100 Meter Autobahn” verglichen, die Nachdigitalisierung der Mikrofilme wäre dagegen wahrscheinlich mit einem Katzensprung Autobahn zu bewerkstelligen. Und dann Schritt für Schritt mit “richtigen”, schönen Digitalisaten ersetzen. Wenigstens die nervigen Geräte und die Beschränkung auf den Lesesaal fielen dann bei Quellen ohne sonstige Zugangsbeschränkungen (Urheberrechte, Sperrfristen) weg.
Was man mit Online-Angeboten allerdings auch bewirken könnte, wäre eine viel bessere Erschließung als das mit den normalen Findbüchern der Fall ist.
Beispiel: jeder Nutzer könnte seine Notizen, Stichworte, Tags, Hinweise, Transkriptionen hinterlegen (und seien es nur ein paar Wörter wie Überschriften), und damit würden manche Dokumente auch mit der Zeit per Volltextsuche auffindbar. Die dabei natürlich möglichen Fehler scheinen gegen die nützlichen Aspekte zwergenhaft. Dass der gemeinnützige gute Wille des Benutzers als unbezahlter Hilfskraft durchaus vorhanden ist, zeigen Projekte wie die Wikipedia oder Wikisource.
Als Beispiel für die Nützlichkeit sei der Hinweis erlaubt auf:
1) WLB-Digitalisat einer Handschrift ”Architectura Capucinorum”
http://digital.wlb-stuttgart.de/purl/bsz337692173
2) Spiegelung desselben auf den Commons mit kurzer Inhaltsangabe
http://commons.wikimedia.org/wiki/Architectura_Capucinorum_Cod._Don._879
Was ist nützlicher?"