Information Management Trends 2020

28. Dezember 2019 13:36 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Trends im Information Management … gab es bisher regelmäßig in unserem Update Information Management Veranstaltungen zum Jahresbeginn.

2019 fand diese Veranstaltungsreihe nach 15 Jahren zum letzten Mal statt. Manche Sitcom läuft länger, aber die Zeiten ändern sich.

Daher gibt es die PROJECT CONSULT Trends für 2020 nur in einem Blog-Beitrag.

Die 10 PROJECT CONSULT Trends im Information Management für das folgende Jahr wurden traditionell immer auf dem Berater-Meeting vor Weihnachten ausdiskutiert. Mit Aufschreiben, Punkte-Vergabe, Priorisierung, Hochrechnung, Keksewerfen und Konsolidierung kamen dann die zehn Trends heraus – manchmal mit „&“-Doppel-Titel um alles einzufangen. Fokus dabei ist das Information Management und nicht die allgemeine ITK-Szene nebst deren übergeordneten Trends.

Die Zusammenfassung der Trends aus dem Jahr 2019 mit den Ergebnissen der Update-Teilnehmer-Befragung findet sich hier: http://bit.ly/UpdateIM19-Auswertung . Alle aktuellen Themen, die man in den Trends 2020 erwarten würde – wie z.B. elektronische Rechnung, Signatur, eAkte im eGovernment usw. – finden sich dort oder schon in den Trends der Vorjahre. Es sind halt 2020 keine neuen Trends mehr.

Die Dokumentationen aller Update-Veranstaltungen seit 2004 gibt es hier: http://bit.ly/UpdateIM_Handouts .

Die 10 PROJECT CONSULT Trends im Information Management 2020

Die 10 PROJECT CONSULT Trends im Information Management 2020

(01) DSGVO & Archivierung
(02) Office365
(03) KI & Machine Learning
(04) Nachhaltigkeit („grüne“ Lösungen)
(05) Augmented Humans
(06) Intelligent Capture
(07) Migration
(08) Intelligent Filtering
(09) Digitale Ethik
(10) Information Governance

(01) DSGVO & Archivierung

Die DSGVO ist seit geraumer Zeit in Kraft und noch immer sind grundsätzliche Fragen, was unter personenbezogene Daten fällt und wie man mit dem Löschen umgehen soll, nicht geklärt.

Genereller Trend

  • Erste Strafen zur Nichtbeachtung der DSGVO gehen in die Millionen. Bei der Deutsche Wohnen war es ein Problem des Zugriffs auf das elektronische Archiv.
  • Die DSGVO kommt immer häufiger zum Einsatz und wird durch weitere verwandte Gesetze zum Thema Datenschutz, ePrivacy, GESCHäftsGeheimnisGesetz und andere als Massstab immer wichtiger.
  • Auch international gewinnt der Datenschutz an Bedeutung, z.B. mit dem CCPA in Kalifornien.

Auswirkungen für das Information Management

  • Viele revisionssichere Archive, die zum Teil seit Jahrzehnten bestehen, sind nicht auf das Löschen und das Ermitteln von Daten, die dem Datenschutz unterliegen, ausgelegt. Diese Archive müssen neu organisiert und mit mehr Metadaten angereichert bzw. migriert werden.
  • „True WORM“ Speicher geraten unter den Löschanforderungen immer mehr aus der Mode. WORM als Verfahren auf Festplattenspeichern hält sich.
  • Standard-Records-Management-Verfahren, die auch das Löschen und Aussondern berücksichtigen sowie über eDiscovery-Funktionen verfügen, gewinnen an Bedeutung.

(02) Office365

Collaboration ist fast vollständig in die Cloud gewandert. Gerade Public-Cloud-Angebote gewinnen an Verbreitung.

Genereller Trend

  • Microsoft hat sich mit Office 365 im Bereich der Cloud-basierten Collaboration fest etabliert. Alle anderen Anbieter haben nur deutlich kleinere Marktanteile.
  • Microsoft und andere Anbieter treiben ihre Kunden systematisch in die Cloud und Abo-Modelle.
  • Standard-Schnittstellen zwischen Cloud-Systemen, die hybride Installationen mit mehreren verschiedenen Cloud-Systemen ermöglichen, sind ein wesentliches Desiderat für die Integration.

Auswirkungen für das Information Management

  • Für Cloud-basierte Collaborationssysteme werden Informationsmanagement-Lösungen benötigt, um die Anforderungen des Records Management und der revisionssichereren Archivierung zu erfüllen. 
  • Für Office365 & Sharepoint steht zwar eine Records-Management-Lösung von Microsoft zur Verfügung, jedoch ist diese nicht universell für alle Records im Unternehmen einsetzbar.
  • Ein unternehmensweites, durchgängiges Enterprise Information Management  benötigt eine durchgängige, holistische und für alle Typen von Informationsobjekten geeignete Verwaltungs-, Erschluießungs- und Bereitsstellungsplattform.

(03) KI & Machine Learning

Künstliche Intelligenz, KI oder Englisch Artificial Intelligence wird gehypt ohne Ende. Zwar gibt es gute spezialisierte Lösungen für bestimmte Aufgaben, jedoch die generelle Künstliche Intelligenz, die dem Menschen Konkurrenz macht und ihn aus dem Arbeitsleben verdrängen könnte, erscheint erst langsam am Horizont.

Genereller Trend

  • Künstliche Intelligenz mit Machine Learning ist die Schlüsselkomponente für nahezu alle Bereiche der ITK- und Industrie-Entwicklung geworden. Die Erwartungen sind hoch, aber aktuell gibt es nur sehr spezialisierte Künstliche Intelligenz für besondere Aufgaben.
  • Machine Learning gibt es in den verschiedensten Ausprägungen von einfach, die Tätigkeit des Anwenders beobachtenden Systemen bis zu sich selbst optimierenden und replizierenden AutoML-Lösungen.
  • Die gesellschaftlichen Entwicklungen der zunehmenden Automatisierung im Rahmen der Digitalisierung sind umstritten: zwischen Euphorie und Pessimismus.

Auswirkungen für das Information Management

  • KI und selbstlernende Systeme kommen klassisch in den beiden Bereichen Informations-Erfassung und Informations-Retrieval zum Einsatz, wo sie Prozesse automatisieren. zukünftig werden sie auch in Prozessen (z.B. RPA), beim automatischen vernetzen von Inhalten und Lösungen, beim Führen der Anwender und bei der Bewertung von Information eine wichtige Rolle spielen.
  • Daten und Dokumente müssen einerseits der KI zum Lernen zur Verfügung gestellt werden, andererseits muss die KI auf benötigte Informationen zugreifen können, um sie dem Anwender bereitzustellen.
  • Selbstlernende Systeme nutzen gern ordentlich aufgebaute Repositoris und Metadaten-Datenbanken als Referenz zur Bewertung beim Lernen. Herkömmliche Archiv-, DMS- und ECM-Systeme sind daher für den Lernerfolg wichtige Komponenten.

(04) Nachhaltigkeit („grüne“ Lösungen)

Das Thema „grüne“ Lösungen kommt an zwei Stellen hoch: zum Einen beim Energieverbrauch, zum Zweiten beim Resourcenverbrauch. Beides fördert das Nachdenken über nachhaltigere Lösungen und sollte auch im Informationsmanagement über einen nachhaltigere Nutzung von Information anregen.

Genereller Trend

  • Der Strom-Verbrauch von Rechenzentren und Kommunikationseinrichtungen ist erheblich in den letzten Jahren gestiegen und trägt auch zum CO2-Abdruck erheblich bei.
  • Geringere Stromaufnahme bei höherer Leistung ist sowohl in Rechenzentren als auch bei mobilen Lösungen, Bildschirmen und anderen Geräten eine der wichtigsten Design-Eigenschaften geworden.
  • Das Recycling von Hardware muss deutlich verbessert werden um die seltenen und wertvollen Komponenten der Systeme neu nutzen zu können.

Auswirkungen für das Information Management

  • Im klassischen Informationsmanagement geht es um das Vermeiden von Papier und die Umstellung auf elektronische Kommunikation und Dokumente. Hierdurch wird nicht nur Papier und Arbeitskraft gespart, sondern die Nutzung der Information einfacher, schneller und sicherer.
  • Der Bereinigung von Informationsbeständen mit unkontrollierter Redundanz, mit viel Veraltetem und zahllosen wertlosen Inhalten kommt eine wichtige Bedeutung zu, um die Informationsbestände zu straffen, besser zu erschließen und durch Verringerung von Speichern und Kommunikation die Kosten zu senken.
  • Schaffung eines Bewußtseins für den Wert der Information, die Abhängigkeit von Richtigkeit und Verfügbarkeit von Information und den finanziellen und Gesellschaften Kosten von elektronischer Information muss unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten Rechnung getragen werden. Man kann sich nicht darauf verlassen, dass immer Alles und das Richtige zur Verfügung stehen kann.

(05) Augmented Humans

Cyborgs sind noch weit weg. Noch hat die Realität die Science-Fiction noch nicht eingeholt. Aber im Kleinen beginnt sich die Symbiose von Mensch und Maschine bereits abzuzeichnen. Technik und Werkzeuge waren immer Hilfsmittel zur Verbesserung der menschlichen Fähigkeiten, vom Faustkeil zum Computer. Ob dies in symbiontischen Cyborg-Systemen so bleibt?

Genereller Trend

  • Augmented Reality und Virtual Reality sind die Bereiche, wo das Zusammenspiel von elektronischen Informationen und Mensch bereits weit fortgeschritten ist. Das Gleiche geschieht im Bereich der akustischen Information.
  • Chips in Gliedmaßen und Körpern steuern bereits Funktionen wie das Öffnen der Tür, anschalten von Licht und Heizung, Übermittlung von Daten usw. Sensoren ersetzen oder unterstützen fehlende oder fehlerhafte Organe des Menschen.
  • Robotik, Implantate und direkte System-Gehirn-Kommunikation werden in ausgewählten Bereichen und für ausgewählte Individuen Cyborgs hervorbringen.

Auswirkungen für das Information Management

  • Das Informationsmanagement scheint hierdurch zunächst nicht direkt betroffen – doch dies ist nur ein Anschein. Information, gerade personenbezogene Information des Cyborgs, liegt in ihm und außerhalb. Sie muss verwaltet und geschützt werden.
  • Die wachsende Informationsflut und das Überschwappen der digitalen Welle in den privaten und den persönlichen Bereich wird gerade beim aufkommenden Zeitalter des Cyborgs immer wichtiger. Bisher fehlen hierfür Ansätze, Methoden und Lösungen wenn es um die Ausweitung von IOT in den menschlichen Bereich geht.
  • Information Management benötigte neue Strategien, Formate und Wege um Information in Brillen, Ohrstöpsel und andere Mensch-Maschine-Devices in geeigneter humanadäquater Form zu übermitteln. Besondere Heraus entstehen an die Aufarbeitung von Information für die visuelle Nutzung und die direkte Gehirn-Maschine-Kommunikation.

(06) Intelligent Capture

Die aufwändige und fehlerträchtige Erfassung von analoger Information wie auch unstrukturierter elektronischer Information war schon immer der Flaschenhals von Archiv-, DMS- und ECM-Lösungen. Hier setzte man bereits früh mit regelbasierten und Vererbungsverfahren an. Analytics, AI und andere Techniken verbessern diese erheblich.

Genereller Trend

  • Im Rahmen der Digitalisierung kommt der automatischen, hoch-qualitativen Erfassung von Information besondere Bedeutung zu. Sie beschränkt sich hierbei nicht auf die Themen des klassischen Dokumentenmanagements mit Scannen oder E-Mail-Import sondern greift alle Positionen, wo Information entsteht und kommuniziert wird, ab.
  • Ziel aller Verfahren ist die weitgehend automatisierte Erfassung mit Verifizierung gegen und mit Ergänzung vorhandener Informationsbestände. „Intelligenz“ bezieht sich hier nicht nur auf die Verbesserung des Erfassungsergebnisses sondern besonders auf die Verknüpfung, Erschließung und Auswertung der Informationen.

Auswirkungen für das Information Management

  • Der internationale Dachverband der Information-Management-Branche, AIIM international, hat sich von ECM Enterprise Content Management Konzept verabschiedet und setzt auf die neue Ausrichtung IIM Intelligent Information Management.
  • Besonders beim Erfassen von Informationen werden neue Ansätze durch „intelligente“ Verfahren gesehen: Auslesen der Inhalte für die Klassifikation und Indizierung, Lesbarkeits- und Vollständigkeitsprüfung durch die Scan-Software; automatische Klassifikation mit Weiterleitung in die richtigen Prozesse oder Postkörbe, Prüfung auf Zuständigkeit und „Sentiments“ – Interessens- oder Gefühlslage des Absenders für gegebenenfalls notwendige Eskalation, usw.
  • Vom Training der Erfassungslösungen an Musterbeständen führt ein direkter Weg, wo die Capture-Software selbstständig nicht nur bei der Erfassung lernt sondern auch vorhandene Datenbestände nach Vergleichsmaterial durchsucht, auswertet und verwendet.

(07) Migration

Migration wird in der IT sehr unterschiedlich verwendet: vom Umkopieren bis zur kompletten Reorganisation oder Ersetzen einer Lösung. gerade bei großen Datenmengen in langjährig gewachsenen Archivsystemen ist Migration als „Continouos Migration“ ein Dauerthema.

Genereller Trend

  • Gerade ind er Cloud und in virtualisierten Umgebungen wird die Migration von Daten von einem Speicherort zu einem anderen inzwischen vollautomatisiert durchgeführt. Nutzungsmodelle, Speicher- und Übertragungskosten, kontrollierte Redundanz und Backup, Ausfallsicherheit und andere Kriterien treiben die Automatisierung.
  • Datenmigration ist immer dann ein Thema, wenn eine vorhandene ältere Lösung durch ein neues System ersetzt werden soll, dass aber die ursprünglichen Daten möglichst unverändert und vollständig weiter nutzen soll. Vom kompletten Umformatieren bis zum Zugriff auf die alten Speicher über eine harmonisierende Zwischenschicht existieren unterschiedlichste Szenarien.
  • Einmal in der Cloud merkt der Endanwender die Migration praktisch nicht – so ist das Ziel.

Auswirkungen für das Information Management

  • Die Migration von großen Archiven mit Indexdatenbank und Millionen von Dokumenten ist ein Standard-Anwendungsfall im Lebenszyklus der Information. Immer dann, wenn die Aufbewahrungsfrist oder die geplante Lebensdauer einer Information normale technische Entwicklungszyklen überschreitet, ist das Altsystem von Obsoleszenz bedroht und eine Migration ist häufig der einzige Weg die Information zu erhalten.
  • Je komplexer die vorhandene Systemlösung ist, je mehr Schnittstellen integriert sind und je mehr Anwendungslogik eingebaut wurde, desto aufwändiger und langwieriger wird eine Migration. Entscheidend ist hier bei auch, ob die Information neu aufbereitet, in neue Formate gebracht oder nicht mehr gültige bzw. nicht nach DSGVO erlaubte Speicherung, im Migrationsprozess geregelt werden müssen.
  • Moderne Migrations-Werkzeuge untersuchen selbst mit Analytics die vorhandene Datenbasis und stellen ein Template für die verlustfreie Übertragung und Transformation der Information zur Verfügung, das auf das Zielsystem bereits angepasst ist. Dies hilft auch bei einer Erstmigration bei einem neuen System, wenn vorhandene Dateiverzeichnisse systematisch und sauber aufgelöst werden sollen.

(08) Intelligent Filtering

Im Rahmen des IIM Intelligent Information Management bekommt neben dem Intelligent Capture auch die intelligente Aufbereitung von Suchanfragen und Suchergebnissen zunehmend Bedeutung. Deutlich über Enterprise-Search-Ansätze hinaus gehend gibt es neue Ansätze für effizientes Informationsmanagement.

Genereller Trend

  • In der Informationsflut kommt der Vorauswahl und Bewertung von Information, die dem Endanwender zur Verfügung gestellt oder in Auswertungsprogramme überführt werden soll, besondere Wichtigkeit zu, um Überforderung und Erschöpfung zu vermeiden.
  • Wahrheit, Klarheit, Richtigkeit, Aktualität, Konsistenz, Authentizität, Aktualität und all die anderen Begriffe aus den Compliance-Anforderungen sind von „intelligenter“ Software beim Aufbereiten und Filtern zu berücksichtigen.
  • Selektion, Filterung, Verdichtung und andere Mechanismen sind bei der Informationsbereitstellung aber auch kritisch zu sehen, da sie zu falschen Entscheidungen führen und für manipulative Zwecke genutzt werden können.

Auswirkungen für das Information Management

  • In traditionellen Informationsmanagement-Lösungen wie einem ECMS oder DMS kamen SQL- und Volltext sowie Enterprise-Search-Erschließungssysteme zum Einsatz. Grundlage war meistens die zentrale Index-Datenbank. Neue Formate wie strukturierte Datensätze, neue Sicherungsverfahren wie Blockchain und neue Nutzungsmodelle wie Vorlesen, Visualisierung in einer 3D-Brille und ähnlich erfordern neue Erschließungs-, Verwaltungs- und Bereitstellungsstrategien.
  • Bisherige Dokument-Formate lösen sich auf und werden zu strukturierten Komponenten, z.B. XML-Bausteinen, die beliebig neu kombiniert und für den Anwender in neuen Sichten praktischer dargestellt werden können.
  • Filter- und Selektions-Software wird auch im eDiscovery-Bereich wichtiger, um gezielt Daten zu ermitteln, herauszulösen, zu schützen oder zu löschen. Diese art von Anwendungen existiert bereits länger ind en USA kommt jetzt aber mit den GDPR und anderen Gesetzen auch nach Europa. Passende Module werden zukünftig zum Standardrepertoire des Information-Managements gehören.

(09) Digitale Ethik

Mahner*innen gab es in hinreichender Menge, die auf die Auswirkungen der Informationstechnologie auf den Menschen hinwiesen. Fake-News, Manipulation, Indoktrinierung haben das Internet korrumpiert. Mit dem Ausgreifen der Technologien in alle Bereiche des menschlichen Lebens stellt sich die Frage des ethischen Einsatzes von Informations- und Kommunikationstechnik immer dringlicher.

Genereller Trend

  • Besonders im Umfeld der Künstlichen Intelligenz und der Robotik regen sich die Vorstöße mit ethischen Regelungen für den Einsatz dieser Systeme. Richtlinien und Initiativen weltweit wollen dem Mißbrauch vorbeugen.
  • Die Erkenntnis wächst, dass man keine Ethik der Maschinen kreieren kann wenn es keine Ethik des Menschen gibt. Software arbeitet nach gänzlich anderen Regeln, so dass der Mensch und sein Verhalten hier nicht als Maßstab dienen kann.
  • Eine Ethik der Software wird besonders benötigt, um die Akzeptanz in der Zusammenarbeit mit der Maschine zu fördern, Software als „Kollege“ zu begreifen.

Auswirkungen für das Information Management

  • Beim Maschinenlernen hat sich z.B. in Versuchen von Facebook gezeigt, dass die bereitgestellte Information entscheidend dafür ist, in welche Richtung sich eine künstliche Intelligenz entwickelt. KI wurde so zu Rassisten und Nazis herangelernt. Es müssen „saubere“ Informationsbasen für das maschinelle Lernen aus unseren Informationsbeständen generiert werden.
  • In Bezug auf den Schutz von digitalen Identitäten, personenbezogenen und persönlichen Daten und der Wahrung der Privatsphäre des Menschen ist das Informationsmanagement gefordert.
  • Ethische Grundprinzipien müssen überall dort in das Informationsmanagement einziehen wo Intransparenz, Automatisierung und Ersatz menschlicher Kontrolle durch Maschinen sich ausbreiten. Die Nutzung von Information muss angemessen und nachvollziehbar sein ebenso wie die Bereitstellung Manipulation des Benutzers ausschließen muss.

(10) Information Governance

Die Beherrschung der Information ist schon immer die wichtigste Aufgabe von Archivierungs-, Dokumentenmanagement-, Enterprise-Content-Management- und Information-Management-Systemen gewesen. Die wachsende Informationsflut und die immer neuen Compliance-Anforderungen  bedingen ein effizientes Informationsmanagement mit darauf ausgelegten Methoden und Systemen.

Genereller Trend

  • Die Informationsflut entzieht sich zunehmend jeglicher Kontrolle. IOT, Streaming und andere Funktionen generieren immer mehr Daten in der Kommunikation und im Speicher. Datensparsamkeit, wie sich der Gesetzgeber diese wünscht, bleibt hier auf der Strecke.
  • Die Bewertung der Information durch Analytics und die Verdichtung von Information in neuen Konstrukten wie Profilen versucht werthaltige Information aus der Flut zu erschließen.
  • Fragen nach Eigentümerschaft, Richtigkeit und ordnungsmäßiger Verwendung finden angesichts der schieren Menge täglich entstehender Information kaum eine Antwort. Immer neue Gesetze und Regularien versuchen dem Herr zu werden, greifen aber in einer globalisierten Informationsgesellschaft immer weniger.

Auswirkungen für das Information Management

  • Die Beherrschung der Information, ihre Erschließung und Nutzbarmachung erfordert neue funktionale Ansätze die über die bisherigen Prinzipien des Records Managements und der revisionssichere Archivierung hinausgehen. Prinzipien wie die unveränderbare Speicherung von Information müssen Lösungen mit kontrolliertem Löschen weichen. Manuelle Prozesse müssen angesichts der Informationsflut intelligent automatisiert werden.
  • Sogenannte „moderne“ Lösungen in der Cloud, mit Apps und neuen Nutzerinterfaces bieten komfortable Nutzungsfunktionalität ohne sich jedoch um das Management oder gar die Archivierung der zu Grunde liegenden Informationen zu kümmern. In einer digitalen Welt, wo die Anwendungen sogar auf den schnellen Verfall und das Verschwinden von Information ausgelegt sind, kommt der Bereitstellung von Informationsmanagement-Lösungen, die die Compliance-Anforderungen so quasi nebenbei erfüllen, eine größer werdende Relevanz zu.
  • Informationsmanagement muss aus dem „keller des Archivdenkens“ heraus geholt und als Grundprinzip einer vernünftigen Bewirtschaft des Gutes Information etabliert werden. Die notwendige Information ist hier zugleich Begründung wie auch Gegenstand des Handels.

Zukünftige Entwicklungen im Information Management 2020 – 2026

Anstelle der Themen, die es nicht unter die ersten zehn Trends geschafft haben, gibt es diesmal eine Übersicht, welche Trends sich wie weiterentwickeln. Fokus ist auch hier das Information Management und nicht die allgemeine IT.

Das Modell der Entwicklung ist hier in 4 Ebenen zusammengefasst. Ausgangspunkt ist die traditionelle Ausrichtung der ECM-Branche in 2017. Der „Start-of-the-Art“ 2020 beschreibt die Weiterentwicklung mit Content Services, Enterprise Information management, Intelligent Information Management und weiteren Ansätzen. „2023 – Automatisierung zeigt den aktuellen Trend mit RPA, Analytics, Automatischer Klassifikation und weiteren Automatisierungsansätzen. Im Szenario „2026 – Intelligence“ kommt die künstliche Intelligenz weiträumig im Information Management zum Tragen.

ECM Enterprise Content Management traditionell 2017

Das Szenario „Traditionell 2017“ in der ersten, untersten Ebene greift die bisherigen Kategorien des Enterprise Content Management auf: Archivierung, Dokumentenmanagement, Records Management, BPM/Workflow, Capture, Deliver, Web Content Management, Search, Collaboration sowie weitere Zusatzdienste.
Klassisches ECM nach dem AIIM/PROJECT-CONSULT-Modell sozusagen.

Content Services & Enhanced ECM State-of-the-Art 2020

Das Szenario „State-of-the-Art 2020“ zeigt bereits die neuen Entwicklungen aus dem Umfeld von Content Services, Enterprise Information Management, Cloud, Mobile, Analytics, Automatisierung usw. Die klassischen Säulen werden hier um „New Stuff“ ergänzt.
Nicht alle klassischen ECM-Anbieter haben 2020 schon diesen Vervollständigungsgrad des ECM-Modells erreicht. Die Konsolidierung des Marktes schreitet mit Übernahmen traditioneller Anbieter voran und neue innovative Unternehmen aus anderen Segmenten des Marktes drängen ins Thema Informationsmanagement.

Information Management Automation 2023

Das Szenario der dritten Ebene steht unter dem Motto „Automatisierung 2023“. Automatisierung von Klassifikation, Prozessen, Entsorgung, Indizierung, Ordnung usw. steht auf der Agenda aller alten und neu in diesen Markt einsteigenden Anbieter.
Neben neuen Themen steht aber auch die zunehmende Obsoleszenz anderer funktionaler Module, die einst Archivierung, Dokumentenmanagement und ECM ausgemacht haben.

Intelligent Information Management 2026

In der vierten, obersten Ebene „Intelligence 2026“ sind nunmehr neben die bisherigen ECM-Themen Automatisierung, Intelligence und weiterer „New Stuff“ getreten.
ECM ist Geschichte weil auch ganze Säulen des ECM-Modells wegbrechen oder nur als Stümpfe stehenbleiben. Collaboration ist eine eigenständige Disziplin weniger führender Standard-Software-Anbieter, die nur noch durch wenige Funktionale Module ergänzt wird. Dabei wird Dokumentenmanagement mit den Konzepten des vergangenen Jahrtausends gleich mit in den Abgrund des Vergessens gezogen. Capture füttert nicht mehr Archive sondern Anwendungen mit Daten, denn auch das Überführen von alten Papierarchiven wird deutlich seltener. Und auch WCM hat sich aus dem ursprünglichen Modell verabschiedet, endet als App-Interface auf Informationsbereitstellungsplattformen. Hier kursieren zwischenzeitlich Begriffe wie Headless CM oder DXP Digital Experience ohne jedoch wirklich Bedeutung zu erlangen.

Wir sind endlich im Zeitalter der Vision des „Intelligent Information Management“ angekommen. Auch dieser Prozess wird von den ersten Ideen zu IIM Intelligent Information Management in 2017 bis zur Umsetzung in 2026 zehn Jahr gedauert haben.

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

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