GoBD, GoBIT, Aufbewahrungsfristen
10. Mai 2013 15:05 Uhr | Dr. Ulrich Kampffmeyer | Permalink
Viel los bei Regularien, viel Hin-und-Her, Ungereimtes, Seltsames dabei – LSR, Bestandsdatenauskunft, De-Mail. Aber auch bei den bodenständigeren Themen Im Umfeld von Handels- und Steuerrecht, bei Aufbewahrung und Archivierung, bei Prüfung und Verfahrensdokumentation, tut sich einiges: GoBD, GoBIT, ReSiScan und Aufbewahrungsfristen lassen grüßen.
Schon mehrfach haben wir in unserem Blog zu den verschiedenen Themen Stellung bezogen. Zu den neuen GoBD hier http://bit.ly/PC-GoBD, zu ReSiScan hier http://bit.ly/RESISCAN, zu De-Mail jüngst hier http://bit.ly/PC-DeMail, zu den Aufbewahrungsfristen hier http://bit.ly/PCHH-JStG, und so weiter und so weiter. Und weiter geht es auch mit GoBD, GoBIT und Aufbewahrungsfristen. Im Vergleich zu den großen publikumsbekannten Themen wie De-Mail und den gesellschaftlich relevanteren wie Acta natürlich eine absolut nachgeordnete Schattenbaustelle. Dennoch, für jedes Unternehmen, das Steuern zahlt und handelsrechtliche Belege aufbewahren muss, ein ganz entscheidendes Thema mit viel Spaß-, Frust- und Verwirrungspotential.
GoBD & GoBIT
Wir haben die GoBD "Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff" (schöner langer Titel …) bei uns im Blog veröffentlich. Eine Woche später war dann mit einem Mal die GoBIT da – welch Erstaunen! Und nun kommt der BITKOM um die Ecke und beschwert sich über die GoBD des BMF: http://bit.ly/Bitkom-GoBIT
… etwas spät, oder?
Da hat die AWV jahrelang mit den GoBIT rumgemacht und diese von einem Jahr ins nächste verschoben: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Eine gute Zusammenfassung zu den GoBD gibt es auch hier bei PSP: http://www.pspmuc.de/media/in-public/GoBD_Entwurf_23_04_2013.pdf.
Unsere Empfehlung 1: was in der GoBIT besser oder vollständiger als im GoBD-Entwurf ist, in die GoBD übernehmen (Vorschlag zur Güte "GoBID").
Unsere Empfehlung 2: alles was nur im Entferntesten mit elektronischer Signatur (QES), Nachsignieren, De-Mail und anderen nationalen Sonderlocken zu tun hat, konsequent aus den GoBD rauslassen.
Aufbewahrungsfristen
Eigentlich sollten mit dem Jahressteuergesetz 2013 (JStG) die Aufbewahrungsfristen verkürzt werden. Eine einfache Verkürzung stieß auf Widerstand und so einigte man sich zunächst auf ein stufenweise Vorgehen: von 10 auf 8 dann später sieben, von 7 auf 6, einiges aber weiterhin 10 Jahre. Im Bundestag wurde dies abgesegnet, im Bundesrat scheiterte die Verkürzung zum zweiten Mal.
Der Bundestag hat nun am 7.5.2013 das Thema "Verkürzung der Aufbewahrungsfristen" wieder in die Ausschüsse verwiesen: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/133/1713389.pdf
Verwirrend genug ist ja die Regelung mit der stufenweisen Anpassung der Fristen und die Diskussion um den Steuerfall Höneß lässt die Verkürzung sogar eher unwahrscheinlich werden.
Aber macht die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen überhaupt Sinn?
Wer soll außerdem in den Unternehmen in den nächsten Jahren die Entscheidungen treffen, was denn nun wie lange aufbewahrt werden soll?
Angesichts des offenbaren Hortens von Dokumenten ist Löschen und Vernichten derzeit eher unüblich. Das Wirrwarr der neuen Regeln wird voraussichtlich zu noch mehr und längerem Aufbewahrungswahn führen – man setzt dann einfach die Frist pauschal auf 15 Jahre um auf der "sicheren Seite" zu sein.
Nimm man den Anlass für die geplante Verkürzung, dann ist man geneigt, zunächst an Papier zu denken. Dort kann das Freischaufeln der Regale im eigenen Haus und beim Dienstleister wirklich Geld sparen.
Aber wie sieht dies bei elektronischen Archiven aus?
Dort ist aus den "Informationsmanagement-Kosten" häufig nur der Speicherplatz ein Kostenfaktor. Hier beliebig anzupassen, zu verkürzen oder auch zu verlängern (wenn die Informationen noch da sind …) eigentlich kein Problem. Aber auch in der elektronischen Welt der Archive wird nicht gelöscht.
Unsere Empfehlung 3: Aufbewahrungsfristen einheitlich für Papierdokumente 30 Jahre, für elektronische Daten und elektronische Dokumente einheitlich 15 Jahre.
Diese Strategie fördert auch das papierlose Büro!
Wirtschaft sieht GoBD kritisch
Das Forum "Elektronische Steuerprüfung" berichtet am 20.05.2013: "Wirtschaft sieht Entwurf der GoBD des BMF kritisch" http://bit.ly/GoBD-Kritik.
Zitat: Der im April 2013 vorgestellte Entwurf eines BMF-Schreibens "Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)" wird in der Wirtschaft durchweg kritisch gesehen. So leht der BITKOM den Alleingang der Finanzverwaltung bei der elektronischen Buchführung ab und sieht zusätzliche Kosten und neue Bürokratie auf die Unternehmen zukommen. Die Wirtschaftsprüfer sehen die Rechtslage deutlich verschärft und dies einseitig zu Lasten des Steuerpflichtigen. Die Steuerberater fordern eine umfassende Überarbeitung des Entwurfs.
Das Forum "Elektronische Steuerprüfung" veröffentlichte dankenswerter Weise die öffentlich zugänglichen Stellungnahmen der angefragten Verbände:
Gemeinsam von nachfolgenden Wirtschaftsverbänden:
Das heißt aber nicht, dass jetzt doch noch die GoBIT zum Zuge kommt … man wird eher versuchen, die Hauptkritikpunkte in einen neuen Entwurf einzugiessen. immerhin hat der Vorstoß des BMF die Hängepartie mit dem Warten auf die GoBIT beendet!
DATEV & die GoBD
Auf der Pressekonferenz der DATEV wurden gleich mehrere "heiße Eisen" diskutiert. So ist Prof. Kempf, Vorstandsvorsitzender der DATEV eG und zugleich Präsident des BITKOM, auch mit dem neuen Entwurf der GoBD (Juni 2013) nicht zufrieden. ZUGFeRD und BSI TR 03138 ReSiScan finden jedoch sein Wohlgefallen. ZUGFeRD sei eine Chance besonders für mittelständische Unternehmen. Zum Scannen nach BSI-Vorschrift beteiligt sich die DATEV sich an einem Musterversuch (siehe auch die aktuellen Pressemitteilungen).
Der BITKOM hatte bereits sich stark gegen die GoBD positioniert. Kempf unterstellt den Autoren ein "IT-Verständnis wie vor 20 Jahren". Obwohl zahlreiche Ergänzungs- und Änderungswünsche in den GoBD (auch aus der GoBIT) eingearbeitet wurden, zeigt sich die Industrie nicht zufrieden. Außer dem Thema "Technik-Verständnis" schwingt zuviel Transparenz, zu viele Rechte für den Staat, mit. Ob dies allerdings angesichts des NSA-Skandals eine Rolle spielt, wenn Unternehmen offen ihre Daten kommunizieren und den Zugriff auf ihre Systeme nicht ausreichend absichern?
Die gute Botschaft zu den GoBD für die EIM-Branche ist, dass die meisten professionellen, revisionssicheren DMS-, ECM- und Archivierungssysteme die grundsätzlichen Anforderungen der GoBD beherrschen. Letztlich kommt es wie immer auf den Einsatz, die Nutzung und die Berechtigungen vor Ort an. Hier ändert sich nichts.