GoBD Entwurf vom 11.04.2014

5. Mai 2014 18:00 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Die Diskussion um die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) nimmt kein Ende: Mitte April wurde die Version 8 an die Verbände zur Kommentierung versendet. Viel diskutieren heißt aber nicht unbedingt viel verbessern.

Ein Jahr später hier nun die Version 8 vom 11.04.2014 zum "Mitlesen": http://bit.ly/GoBD_8.

Ein Punkt ganz am Ende (im Kommentarbogen die Ziffer 181) stieß mir angesichts der gerade vergangenen Diskussion um den "Mythos Revisionssicherheit" besonders auf. Da stand in den Vorgängerversionen (2 und 4) des aktuellen GoBD-Entwurfes allein noch „Keine Bindungswirkung von „Zertifikaten“ oder „Testaten“ Dritter gegenüber der Finanzbehörde.“ Ja, der Satz ist noch drin, aber nunmehr aufgeweicht: "„Zertifikate“ oder „Testate“ Dritter können bei der Auswahl eines Softwareproduktes dem Unternehmen als Entscheidungskriterium dienen, entfalten jedoch aus den in Rz. 179 genannten Gründen gegenüber der Finanzbehörde keine Bindungswirkung." Da freuen sich natürlich diejenigen bei Wirtschaftsprüfern, Anwälten, Verbänden, usw. , die solche tollen Zertifikate ausstellen. In meinem Beitrag zum Thema "revisionssichere Archivierung" war die konsequente Ablehnung von solchen fragwürdigen Zertifikaten noch als Erfolg der neuen GoBD verbucht worden: http://bit.ly/3Argumente.

Solche "kleinen" Veränderungen gibt es zum GoBD Version 2 Entwurf noch mehrere (die Zwischenversionen lasse ich mal aus): http://bit.ly/GoBD2. Der Lobbyismus ist klar zu erkennen. Immerhin wurden eine Reihe anderer wichtiger Positionen nicht verschlimmbessert. Obwohl – eine Reihe der Grundkriterien (die sozusagen den Katalog der Revisionssicherheitskriterien "ersetzen" sollen) in Ziffer 26 verdienen etwas Beachtung:

  • Grundsatz der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit (siehe unter 3.1),
  • Grundsätze der Wahrheit, Klarheit und fortlaufenden Aufzeichnung (siehe unter 3.2),

    • Vollständigkeit (siehe unter 3.2.1),
    • Richtigkeit (siehe unter 3.2.2),
    • zeitgerechte Buchungen und Aufzeichnungen (siehe unter 3.2.3),
    • Ordnung (siehe unter 3.2.4),
    • Unveränderbarkeit (siehe unter 3.2.5).

Die meisten Prinzipien sind grundsätzlich OK, aber mit zwei der Vorgaben wird man so seine Probleme haben: "Wahrheit" und "Richtigkeit". In einer kaufmännischen Buchhaltung sind diese Prinzipien notwendig, aber in einem Aufbewahrungssystem (nein – es gibt den Begriff "revisionssichere Archivierung" immer noch nicht offiziell) wird es in Punkto auf die gespeicherten Inhalte schon schwierig. Wenigstens hat sich bisher in diesem Umfeld die "beweiswerterhaltende Langzeitaufbewahrung" noch nicht in Ziffer 11 einschleichen können.

Es bleibt also spannend. Ich habe hier die PDF-Version mit den gekennzeichneten Änderungen zur Vorversion eingefügt. Den Entwurf des BMF-Schreibens selbst erspare ich Ihnen heute Abend. Alles in Allem sind die GoBD jedoch als Fortschritt zu den GoBS, GoBIT und GDPdU zu sehen. Dies zeigt sich z.B. auch bei der Rücksichtnahme auf die Größe und Organisation der Unternehmen, z.B. in Ziffer 88, 100, 106, 136 und 151 mit Berücksichtigung „der Komplexität und Diversifikation der Geschäftstätigkeit und der Organisationsstruktur sowie des eingesetzten DV-Systems“. Aber es gibt auch stark umstrittene Textstellen wie z.B. Ziffer 81, wo der Text „Die Aufbewahrungsfrist für den Anschaffungsbeleg beginnt erst mit Ablauf der steuerlichen Nutzungsdauer.“ gestrichen wurde. Auch wenn GoBS und GDPdU ersetzt werden, gelten doch die Vorschriften von HGB und AO auch in Zeiten der GoBD fort. Außerdem sollte man noch ein Auge auf das JStG Jahressteuergesetz von 2013 haben, denn dort sind Verkürzungen der Aufbewahrungsfristen vorgesehen. In diesem Umfeld gibt es also sicher noch Klärungsbedarf (unser Vorschlag: Papier generell 15 Jahre, elektronische Unterlagen generell 7 Jahre … ohne hin-und-her … nur so lässt sich die Digitalisierung wirklich vorantreiben).

Und – alle Involvierten dürfen jetzt wieder ihre Folien, Broschüren, Whitepaper etc. ändern – bald ist es soweit: "Dieses BMF-Schreiben tritt an die Stelle der BMF-Schreiben vom 7. November 1995 – IV A 8 – S 0316 – 52/95- (BStBl I S. 738) und vom 16. Juli 2001 – IV D 2 – S 0316 – 136/01 (BStBl I S. 415), das durch BMF-Schreiben vom 14. September 2012 – IV A 4 – S 0316/12/10001 (BStBl I S. 930) geändert wurde.

 

Ulrich Kampffmeyer

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

5 Kommentare zu “GoBD Entwurf vom 11.04.2014

  • GoBD: Lobbyismus
    26. Mai 2014 um 17:08
    Permalink

    Die Diskussion um die GoBD läuft im Hintergrund ab. Dennoch lässt sich beim Vergleich der Dokumente etwas über die Prozesse erahnen, Lobbyismus eingeschlossen.

     

    Nehmen wir einfach mal die Positionen 179 und 180 im aktuellen Entwurf
    [180] "Positivtestate zur Ordnungsmäßigkeit der Buchführung – und damit zur Ordnungsmßigkeit DV-gestütützter Buchführungssysteme – werden weder im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung noch im Rahmen einer verbindlichen Auskunft erteilt."
    [181] "Zertifikate“ oder „Testate“ Dritter können bei der Auswahl eines Softwareproduktes dem Unternehmen als Entscheidungskriterium dienen, entfalten jedoch aus den in Rz. 179 genannten Gründen gegenüber der Finanzbehörde keine Bindungswirkung." 

     

    Ursprünglich stand dort in Position 169 und 170:
    [169] "Positivtestate zur Ordnungsmäßigkeit der Buchführung – und damit zur Ordnungsmßigkeit DV-gestütützter Buchführungssysteme – werden weder im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung noch im Rahmen einer verbindlichen Auskunft erteilt."
    [170] „Keine Bindungswirkung von „Zertifikaten“ oder „Testaten“ Dritter gegenüber der Finanzbehörde.

     

    Kleine aber feine Änderungen. Also wird es weiter Anbieter geben, die mit Zertifikaten werben.
    Wer sich die Mühe macht, findet noch 8 weitere Änderungen (siehe die Nummerierung).

    Antwort
  • GoBD: Zusammenfassung der Änderungen | Haufe.de
    3. Juni 2014 um 12:13
    Permalink

    Auf Haufe.de (http://bit.ly/Haufe-GoBD) findet sich folgender interessanter Artikel vom 28.05.2014, der die aktuellen Unterschiede der GoBD-Entwürfe zusammenfasst: "BMF Kommentierung – Überarbeiteter GoBD-Entwurf liegt vor" (DJFS).
    Zitat Anfang:

     

    "Auch der neueste Entwurf der "Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff", berücksichtigt viele der von der Wirtschaft und Verbänden geforderten Änderungen nicht. Trotzdem plant das BMF eine Veröffentlichung der GoBD wohl noch in diesem Sommer.

     

    Die GoBS (Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme), die GDPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen) und die Fragen und Antworten zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung werden in den GoBD zusammengefasst. Das Erfassen von Belegen innerhalb einer bestimmten Frist, Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit elektronischer Bücher, Aufbewahrungspflichten und noch vieles mehr sollen dort geregelt werden.

     

    Was hat sich geändert?

     

    Die meisten Änderungen im Vergleich zu vorherigen Entwürfen sind redaktioneller Art, teilweise wurde einfach nur Text in ein anderes Kapitel verschoben, Fließtext in eine Liste umgewandelt, eine andere Formulierung gewählt oder eine Klarstellung eingefügt.

    Darüber hinaus gibt es aber natürlich auch gewichtigere Veränderungen:

     

    Rz. 19: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
    In den bisherigen Entwürfen waren Bücher und Aufzeichnungen nur dann materiell ordnungsmäßig, wenn „alle Geschäftsvorfälle nachvollziehbar, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet … erfasst und anschließend gebucht bzw. verarbeitet“ wurden. In dem aktuellen Entwurf der GoBD hat das BMF das Wort „alle“ gestrichen und damit die Anforderungen an die materielle Ordnungsmäßigkeit ein wenig abgeschwächt.

     

    Rz. 21: Verantwortlichkeit
    Hier wurde am Ende der Satz gestrichen: „Der Steuerpflichtige hat sich darüber zu informieren, ob das in seinem Unternehmen eingesetzte DV-System den GoBD entspricht…“.

     

    Rz. 47: Zeitgerechte Buchungen und Aufzeichnungen
    Für die Erfassung von unbaren Geschäftsvorfällen gibt es eine Frist von zehn Tagen. Die entsprechende Textpassage wurde zwar umformuliert, das Ergebnis bleibt aber so ziemlich das Gleiche, wenn man die vorherige und jetzige Version vergleicht:
    Vorherige Version: „Länger als etwa zehn Tage darf ein unbarer Geschäftsvorfall grundsätzlich grundbuchmäßig nicht unerfasst bleiben.“

    Jetzige Version: „Eine Erfassung von unbaren Geschäftsvorfällen innerhalb von zehn Tagen ist unbedenklich.“

     

    Rz. 77: Erfassungsgerechte Aufbereitung der Buchungsbelege
    Jeder Geschäftsvorfall muss belegt, erfasst und verbucht werden. Welche Inhalte ein solcher Beleg haben muss, findet sich in den GoBD übersichtlich dargestellt. Ein Buchungstext ist nicht mehr zwingend erforderlich; eine hinreichende Erläuterung des Geschäftsvorfalls genügt.

     

    Rz. 81: Aufbewahrungsfrist
    In früheren Entwürfen der GoBD war vorgesehen, dass die Aufbewahrungsfrist für einen Anschaffungsbeleg erst mit Ablauf der steuerlichen Nutzungsdauer beginnt. Diese Verschärfung wurde ersatzlos gestrichen – und das ist auch gut so. Denn eine solche erweiterte Aufbewahrungsfrist hätte nicht zum angestrebten Bürokratieabbau beigetragen (der u. a. durch verkürzte Aufbewahrungsfristen erreicht werden soll), sondern eher das Gegenteil bewirkt.

    Wichtig: Die gesetzlichen Vorschriften zu den Aufbewahrungspflichten im HGB und in der AO sind natürlich weiterhin zu beachten. Dass die GoBD jetzt nicht mehr auf Aufbewahrungsfristen hinweisen, ändert daran nichts.

     

    Rz. 94: Verbuchung im Journal
    Zur Erfüllung der Journalfunktion und zur Ermöglichung der Kontenfunktion sind bei der Buchung bestimmte Angaben zu erfassen oder bereit zu stellen. Welche das sind, wird jetzt in einer vollständigen Liste dargestellt.

     

    Rz. 119 und 133: (Elektronische) Aufbewahrung
    Neu ist: Elektronisch erstellte und in Papierform abgesandte Handels- und Geschäftsbriefe dürfen nur in Papierform aufbewahrt werden, wenn eine elektronische Aufbewahrung nicht zumutbar ist.

    Erfreulicherweise erläutert die Finanzverwaltung anhand einiger Beispiele, wann eine Aufbewahrung zumutbar ist und wann nicht. Wird z. B. eine Rechnung mit einem Textverarbeitungsprogramm erstellt und ausgedruckt und wird anschließend bei Erstellung einer neuen Rechnung die entsprechende Dokumentenvorlage überschrieben, soll eine elektronische Aufbewahrung nicht zumutbar sein. Werden die Briefe jedoch in elektronischer Form z. B. in einem File-System gespeichert, ist die elektronische Aufbewahrung zumutbar.

     

    Rz. 131: Elektronische Aufbewahrung
    Eingehende elektronische Handels- oder Geschäftsbriefe und Buchungsbelege müssen in dem Format aufbewahrt werden, in dem sie empfangen wurden (z. B. PDF). Diese Regel wurde insoweit ergänzt, dass eine Umwandlung in ein anderes Format zulässig ist, wenn die maschinelle Auswertbarkeit nicht eingeschränkt und keine inhaltliche Veränderung vorgenommen wird.

     

    Rz. 168: Datenträgerüberlassung (Z3)
    Hier hat das BMF ausdrücklich klargestellt, dass eine Mitnahme der Datenträger aus der Sphäre des Steuerpflichtigen nur in Abstimmung mit dem Steuerpflichtigen erfolgen sollte.

     

    Rz. 181: Zertifizierung und Software-Testate
    Bei der Auswahl eines Softwareprodukts können Zertifikate und Testate Dritter als Entscheidungskriterium dienen. Diese Aussage hat das BMF neu eingefügt. Allerdings entfalten diese Zertifikate bzw. Testate gegenüber der Finanzbehörde keine Bindungswirkung.

    Augenfällig sind darüber hinaus die neu eingefügten Beispiele.

     

    Die Reaktionen auf den neuen Entwurf

     

    Wirtschaft und Verbände halten eine Modernisierung der Regeln zur digitalen Buchführung angesichts der schnellen Entwicklung in den letzten Jahren seit langem für dringend geboten (z. B. DStV, Stellungnahme v. 2.5.2013). Allerdings können sie sich mit den vom BMF vorgelegten GoBD nicht wirklich anfreunden und haben sich zu den Vorversionen kritisch bis ablehnend geäußert – und bei dem nun vorliegenden Entwurf ist das leider nicht anders.

     

    Besonderer Anstoß wird an dem Passus in Rz. 156 genommen. Danach kann die Finanzbehörde vom Steuerpflichtigen verlangen, dass dieser auf seine Kosten die aufzubewahrenden, elektronischen Unterlagen ganz oder teilweise ausdruckt. Angesichts immer weiter gehender Verpflichtungen von Steuerberatern und Unternehmen, steuerlich relevante Daten elektronisch zu übermitteln, ist diese Regelung in den GoBD nicht wirklich nachvollziehbar.

     

    Darüber hinaus wird das Fehlen von Übergangsfristen kritisiert. Die Unternehmen bräuchten ausreichend Zeit, um die Anforderungen der GoBD, die über die der GoBS bzw. GDPdU hinausgehen, umsetzen zu können (Deutsche Kreditwirtschaft, Schreiben v. 15.4.2014).

     

    Und letztlich wird bemängelt, dass die GoBIT (Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beim IT-Einsatz), die in mehrjähriger Arbeit von der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e. V. (AWV) erstellt wurden, kaum bis keinen Eingang in die GoBD gefunden haben (z. B. Verband elektronische Rechnung, Beitrag v. 19.5.2014; DATEV, News v. 4.7.2013) und dass deshalb die GoBD mehr die Belange der Finanzbehörde berücksichtigt als die der Unternehmen.

     

    Fazit und Ausblick

     

    Grundsätzlich sind die GoBD zwar zu begrüßen. Problematisch bleiben aber vor allem die zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe, die es in der Praxis baldmöglichst zu klären gilt. Darüber hinaus fehlen bei einigen Regeln die Konsequenzen bzw. Folgen, wenn der Betriebsprüfer einen Verstoß gegen die GoBD feststellt. Auch wird an manchen Stellen ein Regelfall beschrieben, es aber leider versäumt, auf die Ausnahmen einzugehen. Die Verweise auf viele alte BFH-Urteile, teilweise aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, hinterlassen darüber hinaus nicht den Eindruck, dass in den GoBD tatsächlich der aktuelle Stand der Technik dargestellt wird.

     

    Trotz aller Bedenken hinsichtlich der Praxistauglichkeit und der Kritik aus Wirtschaft und von Verbänden scheint die Finanzverwaltung aber ernst zu machen. Geplant ist ein Inkrafttreten wohl im Sommer 2014. Man darf gespannt sein, wann es das erste Anwendungsschreiben geben wird."

     

    Antwort
  • GoBD auf Wikipedia
    19. November 2014 um 12:55
    Permalink

    Die GoBD "Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff" (GZ IV A 4 – S 0316/13/10003; DOK 2014/0353090) wurden mit BMF-Schreiben vom 14.11.2014 veröffentlicht: http://www.PROJECT-CONSULT.de/files/GoBD_20141114.pdf

    Der von uns neu auf Wikipedia angelegte Artikel zu den GoBD bedarf noch ein wenig der Ergänzung: http://bit.ly/WP_GoBD

    Immerhin gibt es bei uns schon das Seminar S112 "Verfahrensdokumentation nach den GoBD", das die Neufassung berücksichtigt: http://www.project-consult.de/ecm/leistungen/seminare/verfahrensdokumentation_nach_den_gobd

    Antwort
  • Zu 121 Email-Header vs. "Briefumschlag"
    7. Juli 2017 um 16:00
    Permalink

    Hallo Dr. Kampffmeyer,

    vielen Dank, dass ich eine Rückfrage schreiben darf. Wir sind in einer Streitfrage bei Punkt 121 angekommen.

    Fiktive Annahme: Rechnungen werden als PDF-Anhänge an invoice@unternehmen.com gesendet, Empfänger archiviert lediglich PDF-Anhänge und tut dieses vollautomatisch.

    Der Consultant äußert sich, i.S. „Email ist nur ein Briefumschlag (Transportmedium) und müsse selbst nicht archiviert werden, lediglich der Anhang – alles andere wäre nicht aufbewarungspflichtig“.
    -> Das Bamf-Schreiben ist hier klar und deutlich.

    Der Technologe sagt: Der Email-Header ist relevant: Er enthalte alle Mailserver, DKIM-Schlüssel des sendenden Mailservers, Prüfergebnisse zum Virenschutz, Informationen zur Legitimität des Senders und dessen Inhalt, möglicherweise enthalte der Mail-Body eine PGP-Signatur. Ohne Nachrichtenkopf könne der Inhalt der Nachricht, auch eine Rechnung, nicht als legitim eingestuft werden.
    -> Die GoBD ist hier unklar und undeutlich.

    Wer von beiden hat recht?

    Viele Grüße,
    John Lose

    Antwort
  • GoBD: es geht nicht um "Rechthaben" ;)
    7. Juli 2017 um 16:48
    Permalink

    Sehr geehrter Herr Lose,

    bezugnehmend zu Ihrer Frage zu Randziffer 121 der GoBD [„Bei den Daten und Dokumenten ist – wie bei den Informationen in Papierbelegen – auf deren Inhalt und auf deren Funktion abzustellen, nicht auf deren Bezeichnung. So sind beispielsweise E-Mails mit der Funktion eines Handels- oder Geschäftsbriefs oder eines Buchungsbelegs in elektronischer Form aufbewahrungspflichtig. Dient eine E-Mail nur als „Transportmittel“, z. B. für eine angehängte elektronische Rechnung, und enthält darüber hinaus keine weitergehenden aufbewahrungspflichtigen Informationen, so ist diese nicht aufbewahrungspflichtig (wie der bisherige Papierbriefumschlag).„]

    In Randziffer 121 wird ein Beispiel gegeben, warum E-Mails mit einer elektronischen Rechnung als Attachment (meistens PDF) nicht unbedingt aufbewahrt werden müssen. Es wird eine Parallele zur Papierwelt gezogen und deutlich darauf hingewiesen, dass keine zusätzlichen steuer- oder handelsrechtlich aufbewahrungspflichtigen Informationen im Körper der E-Mail enthalten sind, die die E-Mail dennoch insgesamt aufbewahrungspflichtig machen (spezielle Fälle wie Single Instancing des Attachments, Stubbing der E-Mail, ZUGFeRD u.a.) lassen wir einmal außen vor.

    Das Beispiel der GoBD zielt ebenso wie Ihre Eingangsfrage auf die Massenverarbeitung eingehender Rechnungen ab. Bestimmte große Rechnungsempfänger, besonders bei Handel und ähnlichem, vereinbaren mit ihren Lieferanten ein besonderes Verfahren, bei dem die E-Mails mit der Rechnung an eine dedizierte Adresse zu senden sind. Dies ist exakt Ihr Beispiel in der Eingangsfrage. Hier werden täglich große Mengen an E-Mails mit Attachments empfangen und sollen möglichst schnell in Verarbeitungsprozesse eingesteuert werden. Ein komplexes Objekt wie eine E-Mail mit einem oder mehreren Attachments ist hier hinderlich. Das Empfänger-Unternehmen entscheidet hier nach Geschwindigkeit und Notwendigkeit zur Verarbeitung größerer Informationsmengen mit einem standardisierten, automatisierten Prozess. Archiviert werden dann die Buchungssätze nebst zugehörigem Beleg – der Rechnung selbst. Dies ist legitim und zulässig. Es muss dann aber bei Empfänger auch bei der Verarbeitung sichergestellt sein, dass keine fehlerhafte Information in die nachgelagerten Prozesse gelangt und das Entnehmen der Attachments für die weitere Bearbeitung sicherstellt, dass der originäre Charakter der Rechnung, die ja digital aufbewahrt werden muss, erhalten bleibt.

    Sofern nicht dieses „Massen-Problem“ zu bewältigen ist, lohnt ein Blick in die besondere Problematik der „nachlässig verpackten Information“ in einer E-Mail, die bei anderen Anwendern zu einer anderen Entscheidung führt als oben bei den Massen-Eingangsrechnungen.

    • E-Mail und in der E-Mail enthaltene Rechnungen können (und haben häufig) ein unterschiedliches Datum. Dies kann bei Fristen, Skonti-Inanspruchnahme, Rückfragen und anderen Prozessen wichtig sein, beide Daten zu haben.
    • Der Körper der E-Mail kann weitere steuer- oder handelsrechtliche Inhalte haben, wie z.B. eine Erklärung warum Rechnungsbetrag abweichend ist vom Auftragsbetrag. Dann ist die E-Mail selbst auch als Beleg aufbewahrungspflichtig.
    • Die E-Mail kann als Absender einen Provider haben, der nicht der eigentliche Rechnungsteller ist. Dies ist bei der Klärung von Rückfragen unter Umständen auch eine notwendige Information.
    • Sie haben hier selbst noch weitere Informationen zusammengestellt – wie DKIM-Schlüssel, Mail-Server-Identität, PGP-Signatur, Identifikation des Absenders und andere.

    Die GoBD verlangen explizit nichts von dem, da sie Technologie-neutral sind. Dies ist so gewollt und auch richtig. Es wird nur auf die allgemeinen Anforderungen nach HGB/AO wie Authentizität, Richtigkeit und andere Verfahrenseigenschaften verwiesen. Es wird ferner ein Prozess vorausgesetzt, bei dem die Rechnung formal und inhaltlich geprüft wird. Wenn für diese Prüfung die Informationen aus Header (und Inhalt) notwendig sind, kann man die E-Mail natürlich nicht wegwerfen. Aber was Sie nicht ausgeführt haben, ist, ob bei dem oben beschriebenen Massen-Eingangsverfahren des Entnehmens von Rechnungen und Löschung der transportierenden E-Mail nicht genau eine solche Prüfung technisch erfolgt und die entscheidenden Informationen als Metadaten zur Rechnung mitgeführt werden. In der nachfolgenden Verarbeitung der Rechnung erfolgt sowieso immer eine Prüfung, ob es eine Bestellung dazu und ob es den Lieferanten zur Rechnung gibt. Hierbei können auch Übersendungsdaten zur Prüfung verwendet werden.

    Bei Unternehmen, die nicht sehr viele Rechnungen täglich erhalten sowie die E-Mails in einem manuellen Prozess öffnen und den Inhalt bewerten, empfiehlt sich gleich die Rechnung mit Attachment einem automatisierten Prozess zuzuführen, der beides zusammen in den Kontext des Geschäftsprozesse einstellt und in die Aufbewahrung einsteuert. Grund für das Aufheben der E-Mail ist hier, vom Sachbearbeiter eine individuelle Entscheidung wegzunehmen … „heb ich bei dieser Rechnung die E-Mail auf, heb ich sie bei einer anderen nicht auf“. Die Durchgängigkeit des Prozesses mit Schaffung einer einheitlichen Qualität ist mir hier wichtiger als individuell die Option des Wegwerfens einzelner E-Mails wahrzunehmen.

    Aber auch hier wird sich in den nächsten Jahren einiges ändern. Während heute im B2C und auch in Teilen von B2B noch PDF dominiert, kommt parallel auch HTML5 in Rechnungs-E-Mails auf. Ferner werden anstelle die Rechnung in die E-Mail zu packen, zunehmend Links zum Download der Rechnung von einem Portal versendet. Der Absender hat dann auch die Kontrolle, ob die Rechnung empfangen wurde – weil heruntergeladen – und vermeidet der aufwändigen Prozess der Erstellung von Rechnungskopien. Und durch die EN 16931 Norm für elektronische Rechnungen werden immer mehr E-Mails ankommen, in denen kein PDF sondern ein automatisiert verarbeitungsfähiger XML-Datensatz enthalten ist. Unterschiedliche Verfahren und Formate der Rechnungsinformationen werden so zukünftig eine noch variablere Verarbeitung notwendig machen, bei der man dann auch die Information in Header und Body zusätzlich auswerten wird. Und übrigens – Rechnungen in Europa benötigen keine Signatur, und sei es nur eine  PGP. Solche speziellen kryptografischen Anhängsel machen das Verarbeiten und Aufbewahren nun wahrlich nicht einfacher.

    Ulrich Kampffmeyer

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