Gartner: Vom WCM zum DXP Quadranten
13. Februar 2020 17:29 Uhr | Dr. Ulrich Kampffmeyer | Permalink
Gartner hat den ersten Magic Quadrant zu DXP Digital Experience Platforms am 29.01.2020 veröffentlicht.
Gartner definiert DXP in ihrem Glossar wie folgt: “ A digital experience platform (DXP) is an integrated set of core technologies that support the composition, management, delivery and optimization of contextualized digital experiences.„
Den Magic Quadrant für WCM Web Content Management gibt es dagegen nicht mehr.
Gartner teilte Ihren Kunden kurz und bündig mit, dass der WCM Magic Quadrant und der begleitende “Critical Capabilities” Report zur Ruhe gebettet wird: „…because the market has reached its maturity with products becoming more homogenized. Client demand has been shifting from WCM to the broader scope of DXP (Digital Experience Platforms).“. Auch Forrester wird seine Forrester Wave zu WebCMS einstellen.
Auf CMSwire fragt Dom Nicastro am 28.1.2020 „Why Did Gartner Kill the Web Content Management Magic Quadrant?„. Seine Antwort: „Der Gartner Quadrant ist tot, die Technologie rund um Web Content Management jedoch nicht!„. Einen ähnlichen Wandel hatten wir 2017 mit der Ablösung des MQ ECM durch den MQ „Content Services Platforms“ erlebt.
DXP soll auf CMS-Lösungen basieren, so wird zumindest auf CMSwire die Gartner Analystin zitiert: „She sees “content management systems,” those that go beyond the web, as the backbone.“.
Und weiter “Some organizations already have a good DXP vision and strategy. And they know exactly what kind of DXP they want and how they want it. Others are not thinking about this term necessarily, but when they’re coming to Gartner for advice they want an interoperable integrated solution with personalization and all those critical capabilities that align with DXP“. [/Zitat]
Irina Guseva selbst beschreibt im Report die Gründe für den neuen Magic Quadrant DXP wie folgt:
[Zitat] „Customers’ growing expectations for digital experiences make DXP adoption an urgent necessity for global organizations, but the market is fragmented and still evolving. This Magic Quadrant will help application leaders responsible for digital experiences identify vendors
suited to their needs.“ [/Zitat]
DXP: ein neues Marktsegment?
Oder ist DXP nur der Versuch, alten Wein in neuen Schläuchen zu verkaufen?
Das neue Marktsegment DXP wird von Gartner wie folgt definiert:
[Zitat] „A digital experience platform (DXP) is an integrated and cohesive piece of technology designed to enable the composition, management, delivery and optimization of contextualized digital experiences across multiexperience customer journeys.
A DXP can provide optimal digital experiences to a variety of customers, including consumers, partners, employees, citizens and students.
This technology can thrive in a digital business ecosystem via API-based integrations with adjacent technologies.
DXPs are applicable to business-to-consumer (B2C), business-to-business (B2B) and business-to-employee (B2E) use cases.“ [/Zitat]
Darin enthalten sind natürlich wieder alle aktuellen Schlagworte wie Customer Journey, Digital Experiences, Digital Business Ecosystems usw. – Gartner ist auch weiterhin gut im Buzzword-Bingo. „Platforms“ steht ähnlich wie bei Content Services Platforms für große Suiten an Basis-Software und Diensten. Die Customer Journey spielt sich dagegen aber eher auf den Clients und den Apps ab.
Der Magic Quadrant zu DXP besitzt eine Reihe bekannter und neuer Namen aus der WCM- und CMS-Szene. Als „Weggefallen“ werden im neuen DCX Magic Quadrant IBM, Microsoft und SDL aufgeführt. Vergleicht man die Anbieterliste mit dem letzten Web Content Management Magic Quadrant 2019 dann fehlen auch noch Automattic, Ez, e-Spirit, Magnolia, Progress und WPO engine. Die neuen Player sind Opentext und Salesforce. Bis auf zusätzlich Liferay bleibt also „Alles fast beim Alten“.
Die Anbieter sind wie üblich in die vier Segmente Leaders, Challengers, Visionaries und Niche Player entsprechend in ihren Möglichkeiten der Umsetzung und der Vollständigkeit des Portfolio-Ansatzes gruppiert. Gartner gibt wie immer detaillierte Beschreibungen der Kriterien und der kartierten Anbieter – deshalb, wie immer, nicht nur auf das Bildchen blicken sondern den ganzen Bericht lesen.
LEADER
Als Leader werden Unternehmen angesehen, die über zahlreiche Anwendungsszenarien DXP-Kriterien bereits für viele Kunden ungesetzt haben und weiterhin innovativ unterwegs sind. Hier finden sich Adobe, Sitecore, Acquia, Liferay und Episerver wieder. Zum Teil klassische WCM-Anbieter. Die Führungsrolle von Adobe ist kaum bestritten.
CHALLENGER
In die Gruppe der Challengers sind Unternehmen starker Umsetzungskraft und Marktmacht eingeordnet, die viele Anwendungen für zahlreiche Anwender bereitstellen. Allerdings fehlt es hier häufiger an Vision und Innovation. Hierher hat es Anbieter von kommerziellen Lösungen wie SAP (ERP u.a.), Salesforce (CRM) und Oracle (ERP, Datenbank) verschlagen. Durchweg keine WCM-Anbieter. Umso erstaunlicher, dass hier Microsoft „untergegangen“ ist. Opentext ist dagegen ein klassischer ECM-Anbieter, der auch etwas im WCM- und DAM-Revier zu bieten hat.
Eine große Lücke. Dann kommen erst die anderen.
VISIONARIES
Als Visionaries werden Unternehmen gesehen, die bereits innovative DCX-Szenarien platziert haben, denen aber noch Marktdurchdringung, Support und Anwenderbasis fehlen. Hier nur Bloomreach zu platzieren ist deutlich zu kurz gesprungen. Es gibt genügend innovative internationale Anbieter, die hier ein Plätzchen verdient haben. Neue Ideen für die Customer Journey und die Digital Experience kommen eher nicht von den klassischen Software-Boliden.
NICHE PLAYERS
Hier wäre erstmal nachzusehen, was denn Gartner eine „Nische“ nennen möchte. Es werden unterschiedliche Kriterien für die Platzierungen benutzt, die keine Vergleichbarkeit ermöglichen: nur bestimmte Lösungen mit DCX-Anspruch, nur regional vertreten oder nur in bestimmten speziellen Branchen aktiv unterwegs. In dieses Segment hat es auch der deutsche Anbieter Coremedia geschafft, der aus dem WCM-Bereich herauswächst. Warum dann noch Anbieter wie Kentic, Squizz oder Crownpeak für wichtig erachtet werden – nun gut, kann man nachlesen und gegebenenfalls akzeptieren.
Die Details mit Stärken und Schwächen der Anbieter finden sich im Report. Um den Quadranten für Anwender nützlich zu gestalten, muss noch einiges an den Kriterien seitens Gartner geschärft werden. So ist es nur ein wenig aussagekräftiges Sammelsurium ehemaliger WCM-Anbieter und großer Anbieter kaufmännischer Lösungen, die auch DXP bieten.
Ungeachtet von DXP tummeln sich weiterhin viele Anbieter im WCM-Segment. Dabei solche, die auf einfache, den Benutzer quasi automatisch unterstützende Webseiten-Erstellungswerkzeuge, die weit verbreiteten Web-Baukästen wie WordPress, Typo3 und andere, sowie Spezialisten für Web und Portal-basierte Anwendungen, die durchaus für die einfache Nutzung im Sinne von DCX etwas zu bieten haben. Hier noch einmal der Gartner WCM Report von 2019.
Das Marktvolumen für DCX wird von CISION mit 15.8 Milliarden $US im Jahr 2025 angenommen (CAGR 10.9% von 2019nach 2025).