Erster Gartner Magic Quadrant „Content Services“ veröffentlicht

7. Oktober 2017 14:47 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Im Oktober 2017 hat Gartner ihren ersten Magic Quadrant zu „Content Services“ veröffentlicht: http://bit.ly/MQCS2017 (überarbeitete Version vom September 2017, veröffentlicht am 6.10.2017). Die Wogen der Diskussion gingen vorher hoch, auch bei uns im Blog: http://bit.ly/GartnerContentServices. Sieht man sich die gelisteten Anbieter an. so hat sich nicht viel getan – die üblichen „Verdächtigungen“ aus der bisherigen ECM-Liga.  Im Bericht geht es um die Content Services Platform (CSP) Anbieter. 

Zunächst erstmal zur neuen Marktbeschreibung für „Content Services“, die auch ausführlicher im Anhang des Reports mit Funktionen und Eigenschaften hinterlegt ist.

<Zitat>

Market Definition

Cloud, social collaboration, mobile and analytics technologies have transformed demands and expectations for content in digital business. The variety and volume of content continue to grow. So does its importance: increasingly, IT and business leaders use content to complement or even drive digital business processes.

Content technology markets are evolving toward three areas: platforms, applications and components. This Magic Quadrant addresses the next stage in enterprise content management (ECM): the ECM market is now the content services platform (CSP) market. As a result, there are changes in how we define and analyze this market (see „Reinventing ECM: Introducing Content Services Platforms and Applications“ and „What You Need to Know About Content Services Platforms“ for additional information on how we have redefined ECM to CSP).

Gartner’s new definition for this market is as follows:

A content services platform is a set of services and microservices, embodied either as an integrated product suite or as separate applications that share common APIs and repositories, to exploit diverse content types and to serve multiple constituencies and numerous use cases across an organization.
 

CSP vendors are recasting ECM in terms of a service-oriented architecture. This core is the basis of an integrated set of content-related services (and microservices — see Note 1 for a definition), repositories and tools that can be easily extended and adapted. A CSP has the flexibility to support existing and emerging content use cases. It has its own repository but should also be able to integrate external repositories through connectors, APIs or packaged integrations. Today, many CSPs can be deployed on-premises, in the cloud or in hybrid architectures. A CSP is characterized in part by the breadth of its support for content types and formats over the entire content life cycle. Key capabilities include:

  • Capturing and ingesting content in digitized formats, including scanning, content migration, user-created content or autogenerated content. 
  • Managing and retaining digitized content and associated metadata, including content associated with systems of record, file sync and transfer, search and findability, and metadata management. 
  • Processing digital business content, including developing workflows, and integrating with enterprise systems and data, line-of-business (LOB) processes, and purpose-focused applications. 
  • Improving user productivity through more-effective finding and use of digitized content in digital business initiatives. 
  • Providing platform services that combine integrated, content-related services and microservices, repositories, publicly available APIs for application integration, and administrative tools.
  • Providing platform services that combine integrated, content-related services and microservices, repositories, logical information layers, and centralized administration of services and management tools.
  • Integrating and extending the platform, content and interfaces to commonly used productivity, LOB and ERP systems through publicly available APIs for application integration, multirepository support, data integration extensions and out-of-the-box connectors.

For a more complete listing of CSP functions and capabilities, see the Appendix.

Since the CSP market is an evolving market in 2017, we have updated the representative vendors, inclusion criteria and evaluation criteria. And while it has evolved from the ECM market, there are significant differences with respect to the makeup of its vendors. As such, the new lineup of evaluated vendors includes those we have evaluated in previous Magic Quadrants for ECM and those that would not have classically fit into the ECM market. The latter group comprises those that were strictly platforms that did not offer packaged solutions, focused on a single vertical market, were too geographically localized or delivered lighter-weight content services functionality, among others.

</Zitat>

Sieht man sich die Definition von Content Services an, so muss man feststellen, dass all diese Eigenschaften schon seit Jahren Merkmale von ECM Enterprise Content Management waren und sind.

Magic Quadrant for Content Services Platforms

Wie immer gilt, nicht nur auf das Quadranten-Bildchen gucken, sondern den ganzen Text zusammen mit der zugrunde liegenden Bewertungsmethodik lesen 🙂 .

Gartner Magic Quadrant Content Services 2017

Durch die neuen Definitionen haben sich die Positionen verändert und der Quadrant sieht nunmehr deutlich anders aus als all die ECM-Quadranten in den Vorjahren. Die Grafik bezieht sich dabei auf die Unterkategorie CSP „Content Services Platforms“, also den direkten Nachfolger von Enterprise Content Management.

Im Quadrant der „Leader“, der führende Anbieter Microsoft – warum eigentlich? – naturgemäß OpenText – gehört eigentlich ganz nach rechts oben, haben gerade wieder dazugekauft und ihren unkonsolidierten Bauchladen vergrößert – und aufgerückt Hyland mit Onbase – nun gut, haben sich gemausert -.

Bisher waren in diesem Quadranten auch einige Anbieter vertreten, die es nun in die „Challenger“-, Herausforderer-Gruppe, verschlagen hat. Da ist IBM, die einen Großteil ihrer traditionellen ECM-Produktentwicklung an einen Partner „outgesourct“ hat (oder rechnen wir IBM + Box als Herausforderer?), da ist Oracle – warum denn immer noch, da läuft praktisch gar nichts -,  da ist Alfresco – OK, gut im Markt unterwegs – und Laserfiche – obwohl die doch eher traditionell aufgestellt sind -.

Newgen aus Indien ist ziemlich genau an den Mittelpunkt der 4 Felder gerückt – OK, die machen auch seit Jahren einen guten Job -.

Interessant wird es rechts unten im Feld der „Visionaries“, der Visionäre: Neben M-Files – kann langsam schon mal höher nach oben -, Box – von links oben nach rechts Mitte gerückt -, und Nuxeo – hat deutliche Verbesserungen im Produkt und ist aufgerückt – ist hier nunmehr berechtigt – auch SER gelandet, deutlich von links aus den Niche Playern zu den Visionären – Glückwunsch. 

Links unten gibt es dann die wilde Mischung zwischen bekannten und neuen Anbietern bei den „Niche Players“. Hier sind mit Micro Focus und iManage zwei ehemalige Bestandteile von HPE gelandet (andere Teile hatte ja OpenText gekauft). Fabasoft, Objective und Everteam konnten sich verbessern und versuchen den Anschluss zu halten. Komplett neu dabei sind Comarch und Docuware. Mit Docuware ist nun der zweite aus Deutschland stammende Anbieter in den Quadranten eingezogen – herzlichen Glückwunsch. Und auch Comarch ist als Anbieter aus Europa viel Erfolg zu wünschen (wo sind eigentlich die anderen Inder, Australier und Chinesen kartiert? Hey Gartner, da auf der anderen Seite der Weltkugel geht doch auch die Softwareindustrie bei Content Services ab 😉 ). 

Einige Anbieter sind ganz raus – XEROX, Lexmark, EMC, SpringCM – , andere haben sich nur eine „lobende Erwähnung“ abholen können: Adobe (?), Docurated, NetDocuments, SpringCM (!) und Veeva. Vier der zuletzt Genannten wären als Newcomer zum Markt einzustufen. 

Interessant ist dann noch Tabelle 3, die die Hauptfunktionen von CSP Content Services Platforms auflistet.

War es jetzt das mit ECM?

Berauschend ist das alles nicht – mussten wir dafür nun den eingeführten Begriff ECM Enterprise Content Management aufgeben? Werbe- und Marketing-technisch werden die Anbieter für die möglicherweise interessierten Anwender damit nicht glücklich werden.

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

4 Kommentare zu “Erster Gartner Magic Quadrant „Content Services“ veröffentlicht

  • Gartner weiß alles und nichts!
    7. Oktober 2017 um 20:28
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    Was ich echt nicht verstehen kann das OpenText so hoch gewertet wird, die sollten sich mal die Verzeichnisse anschauen, was da alles für altes Zeug noch verwendet wird. Ganz schrecklich, diese Software, die ja eigentlich nur eine bunte Mischung ist.
    Und auch Microsoft, die in der Cloud immer noch nur Files mit irgendwas von 128 Zeichen kann. Wenn da mal ein längerer Netzwerkpfad dabei ist, kommt nur ein Fehler. Und es gibt noch andere Probleme, also mal ehrlich, dass ist doch nur Marketing, kann man nicht erst nehmen. Die Firmen sollten lieber selber testen, denn wenn so ein Produkt erst mal etabliert ist, bekommt man es nur sehr schwer wieder los.

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  • Opentexts lausige Qualität rechtfertigt Leaderposition nicht
    8. Oktober 2017 um 7:27
    Permalink

    Wir haben im Juli das Upgrade auf Content Suite 16 durchgeführt. Opentext hat im freigegebenen Produkt schwerwiegende Bugs, welche Content korrumpieren. Diese Bugs sind noch immer nicht behoben. Wir haben selbst einen Patch produzieren müssen damit das Produkt nutzbar wird. So geht das schon seit Jahren.
    Opentext verspricht viel, liefert aber nichts brauchbares.
    Unten rechts, gerade noch im Visionärfeld hätte ich die angesiedelt.
    Documentum hat Gartner viel zu früh verschwinden lassen, die Plattform wird es sicher noch lange geben.

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  • Konsulenten sind wichtig
    9. Oktober 2017 um 7:57
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    Es gibt Applikationen bei denen die Hersteller nur interne Konsulenten zulassen wollen und alle Freien vom Markt wegzukaufen trachten. Das zentralisiert die Applikation und führt zu einer hohen Qualität (->keine Supportleichen), macht sie aber enorm langsam in punkto Innovation & Kompatibilität (z.B. TrackWise).
    Auf der anderen Seite haben wir modulare Ansätze mit Eigenentwicklungen von Partnern welche manchmal zu Produkten von Mama werden. Da kann es mit der Qualität dann hapern, wenn man keine Entwicklungsrichtlinien durchsetzt (=kontrolliert!) und damit auch Querschüsse (->Regressionen!) zwischen den Modulen einschränkt. Es ist – um auf OpenText zu sprechen zu kommen – nicht hilfreich wenn Module von Professional Services (früher Global Services) über Jahre hinweg in Waterloo nicht als Teil des Produkts aufgenommen werden. Von der Durchsetzung einheitlicher Standards bezügl. GUI / Codierung durch die Quality in Waterloo gar nicht zu reden.
    Um die Komplexität bei einem Upgrade zu meistern sind unabhängige Konsulenten Gold wert. Das spart dann viel Arbeit. Und das eigene Configuration Master File mit allen Modulversionen & Patches ist ja eh Pflicht. So kann ein Upgrade trotz 20 Geschäftsprozessen und einer Unzahl von Modulen sogar Spass machen – selbst im GxP-Umfeld.

    Stellt sich nun die Frage wieviel von Documentum in OpenText respektive andersrum reinwächst.
    Ob ich Gartner beim Buzzwording immer folgen mag? Sicher nicht. Aber Hinweise auf Newcomer wie M-Files nimmt man gerne auf.

    Antwort
  • Microsoft zu ECM & Content Services
    23. Oktober 2017 um 16:26
    Permalink

    Die Position von Microsoft (Sharepoint, OneDrive) hat schon immer beim klassischen ECM Enterprise Content Management Quadranten verwundert. Auch beim neuen Content Services Platforms fällt die sehr hohe Platzierung unwillkürlich ins Auge. Auch Ovum platziert Microsoft bei ECM in der Cloud ganz weit oben (http://bit.ly/ovumECMcloud). Nun hat Microsoft selbst in einem Whitepaper nachgelegt und Content Services für sich selbst besetzt: „Modernizing Enterprise Content Management with Microsoft Content Services“ http://bit.ly/MS-ContentServices. Hier ist ECM nicht gleich tot, sondern wird aktualisiert und ergänzt.

    Contents

    • Executive summary
    • Traditional enterprise content management
    • Modern approach to content services
    • Harvest
    • Create 
    • Coordinate
    • Protect 
    • Architecture
    • Summary 
    • Calls to action 
    • References
    • Analyst Research 

    ECM – bewußt – falsch verstanden

    Auf den 17 Seiten Inahlt finden sich viele neue Schlagworte, die das bisherige ECM-Konzept ergänzen sollen. Aber wie immer definiert der Anbieter ECM und Content Services so, wie es das eigene Produkt abbildet. So versucht Microsoft ECM auf „Systems of Record“ nach AIIM zu reduzieren und ignoriert, dass Document Management, Collaboration und Business Process Management schon immer – seit den ersten Definitionen um 2001 – wesentliche Komponenten von ECM sind. <Zitat> In traditional ECM, users created content freely—but after “publishing,” content moved to permanent silos, preventing broad user access. These ECM solutions were based on what AIIM defined as „Systems of Record” to provide control throughout the capture, store, manage, deliver, and archive phases of the content lifecycle. ECM was not designed for people who work with content daily, but for those who need to record the content. </Zitat>. Diese Sicht ist zu kurz gesprungen, besonders wenn man bedenkt, dass ECM Enterprise Content Management auch immer Strategien und Methoden vorrangig vor Werkzeugen implizierte.

    Microsoft konzentriert sich hier auf die traditionelle Sharepoint-Funktionalität ergänzt um EFSS mittels OneDrive. Wenn man so vorgeht, ist natürlich traditionelles ECM obsolet. Aber auch Content Services wie von Forrester und Gartner definiert, werden nur ansatzweise abgedeckt. Und von vielen klassischen ECM-Funktionen ist man so immer noch weit entfernt. 

    Microsoft Content Services

    Der Microsoft „Approach to Content Services“ sieht dann so aus:

    Microsoft Approach to Content Services

    Vier Säulen

    Die vier wichtigsten Säulen dieses Ansatzes sieht Microsoft wie folgt <Zitat>:

    The four pillars of content services are:

    • Harvest. Content shouldn’t be saved, stored, and managed to fill up storage space. Content exists to support a future business purpose, such as providing information on a related decision or seeding the next cycle of content creation.
    • Create. Content velocity requires documents to be managed from the moment they’re created. SharePoint and OneDrive allow you to create content using new tools such as Office Lens, or existing tools like Office, to easily publish content to team sites or group members. Content types ensure that content is shaped by templates, with rich metadata and governance policies.
    • Coordinate. Structure your teamwork with co-authoring, metadata, groups, taxonomy, Microsoft Flow, and PowerApps. In addition to working together, managed metadata provides a centralized way to tag and classify information and structure libraries. You can tag content and customize the view from the library home screen, so you don’t need multiple clicks to open a property-editing window.
    • Protect. You can manage compliance and reduce risk with information lifecycle governance, including information architecture, auditing, rights management, records and retention labels, and eDiscovery.

    </Zitat>

    Dies alles sind Funktionen, die nicht zum Kern des ursprünglichen ECMS-Funktions-Kanons gehören. Sie machen Sinn – als Ergänzung. Microsoft baut hieraus jedoch gleich eine Art neuen Informationslebenszyklus, ein „Content Services Lifecycle“ Modell.

    Content Services Lifecycle

    Microsoft Content Services Lifecycle Model

    Nur ein guter Versuch? Microsoft bietet weder ECM noch Content Services

    Die klassischen Funktionen von ECM wie Capture, Document Management, Records Management, Preservation, Deliver, Business Process Management, Collaboration, Web Content Management usw. kommen hierin nicht mehr vor. Dieses Modell hat nichts mehr mit ECM Enterprise Content Management zu tun – aber auch nicht mit Content Services, wie dies von Analysten definiert wurde. Microsoft verwurstet die alte und die neue Begrifflichkeit, um daraus wieder eine eigene Suppe zu kochen. Sharepoint online und Office365 sind dabei gute Collaborations-Lösungen, aber in Bezug auf die Weiterentwicklung von ECM immer noch schmalbrüstig.

     

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