ECM Markt: ein neuer „Quadrant“

20. Mai 2015 08:57 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Marktforscher benutzen gern Grafiken, um die Positionierung von Anbietern und ihren Produkten in einem bestimmten Marktsegment zu visualisieren. Als ein Maßstab galt hier immer der Magic Quadrant von Gartner. Nun tritt mit einer ähnlichen Darstellung das Portal G2 Crowd an. Auch hier gibt es mit dem "Grid" eine Art "Quadrant".

Durch die Form der Visualisierung kann man aber leicht in die Irre geführt werden. Entscheidend sind die Daten und ihre Qualität. Hier spielen gewählte Kriterien, Parameter, Anzahl der Stichprobe, Bewertung und Prüfung der Richtigkeit eine große Rolle.

Das Portal G2 Crowd bietet Bewertungen unterschiedlicher Softwareprodukte in zahlreichen Kategorien an. Neben ERP, CRM und anderen klassischen Disziplinen auch Bereiche des Enterprise Information Management. Die Bewertungen erfolgen durch Anwender der Software. Hier zeigt sich bereits das erste Problem – die Prüfung, ob es sich wirklich um einen "echten" Anwender handelt. Zum Zweiten muss ins Kalkül gezogen werden, dass natürlich die Anbieter ihre "Lieblingskunden" animieren, auf dem Portal eine Bewertung abzugeben. Wie schwierig die Qualitätssicherung der abgegebenen Bewertungen ist, zeigte auch unsere Arbeit mit dem deutschen Portal Benchpark. Auch dort gab es eine Hersteller- und Produktbewertung durch Anwender, wobei aber die sehr konsequente und aufwändige Prüfung dazu führte, dass zahlreiche Bewertungen ausgeschlossen werden mussten. Auch G2 Crowd valdiiert die Bewertungen und verifiziert die Anwender. Erst ab 10 aktuellen Bewertungen erscheinen die Einschätzungen in Vergleich und Grafik.

Die zweite Qualitätshürde sind die Kriterien selbst. G2 Crowd hat hier mit "Meets the Requirements", "Usability", "Setup", "Maintenance", "Support", "Ease of Business" und "Product Direction" sieben Kategorien,d ie von 1 bis 10 bewertet werden können. Interessanter noch sind die Freitbewertungen der verifizierten Nutzer mit zum Teil sehr offenen, ausführlichen Kommentaren zu "ROI", "Adoption", "Implementation", "What do you like best?", "What do you dislike?", "Recommendations to others considering the product" und "What business problems are you solving? What benefits have you realized?".  Macht alles einen sauberen Eindruck.

In der interaktiven grafischen "Grid"-Darstellung und der Auflistung der kartierten Anbieter kann man die grundlegenden Eigenschaften auch direkt vergleichen. Das Grid Scoring ist ausführlich beschrieben und berücksichtigt auch die Größe des Unternehmens, Kundenzufriedenheit, Popularität, Marktanteil, Visibilität im Web, Umsatz und anderen Kriterien. Diese sind aber nicht alle von den Endanwendern bei ihren Bewertungen eingegeben sondern basieren auf Grunddaten der Redaktion, die von den Anbietern zugeleifert oder selbst ermittelt wurden. 

Betrachten wie nun einmal die aktuelle Darstellung der Anbieter für ECM Enterprise Content Management (bit.ly/1HpAuw1). Kartiert wird nach den Einteilungen "Niche", "Contenders", "High Performers" und "Leaders". Da die USA immer noch der größte Markt für ECM ist und die weltweit agierenden Anbieter auch dort zu Hause sind, ist es nicht verwunderlich hier die gleichen Namen wie auch in anderen internationalen Studien wie mit der Forrester Wave oder dem Gartner Magic Quadrant zu finden (Auf Benchpark gibt es deutlich mehr und auch deutsche Anbieter und Pentadoc bietet eine Übersicht, die auch die großen deutschen Mittelständler berücksichtigt.). Die Einordnung ist aber eine gänzliche andere. Letzlich lassen sich die verschiedenen Visualisierungen nicht direkt mit einander vergleichen.

 

Während G2 Crowd und Benchpark auf Einschätzungen der Endanwender – Crowd – setzen, verfolgen IDC, Forrester, Gartner und andere Analysten ein anderes Vorgehensmodell. Dort werden intensiv und aufwändig die Produkte analysiert. Anwenderinstallationen in Augenschein genommen, Standing und Verbreitung der Produkte einbezogen. Die Anzahl der Kriterien ist größer und die Bewertung wird von Spezialisten vorgenommen. Es ist nun Anschauungssache, welches Verfahren für den Leser das Bessere. Potentielle zukünftige Anwender finden sicher die Beschreibungen anderer Anwender hilfreich. Anbieter von Produkten wollen eher eine möglichste akkurate Positionierung im Vergleich zum Wettbewerb erhalten und tendieren daher eher zu den Analysten. Beiden Ansätzen ist gemeinsam, dass es einen Markt für ECM Enterprise Content Management gibt, da sich Anbieter hier positionieren lassen und Anwender diese Lösungen einsetzen (nur in Deutschland scheint die Auffassung vom ECM-Markt etwas "diffuser" zu sein). In jedem Fall bieten die Bewertungen und die Quadranten Orientierungshilfe in der Vielfalt der Angebote.

Abschließend noch einmal zurück zum Angebot von G2 Crowd. Dort gibt es zahlreiche weitere Bewertungskategorien, die ebenfalls dem Umfeld von EIM Enterprise Information Management zuzuordnen sind, aber andere Anbieter und Produkte berücksichtigen (aber nicht den Markt in Deutschland reflektieren):

Man kann dort gut stöbern und eine andere Sicht auf die verschiedenen Märkte, Anbieter und Produkte gewinnen.

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

4 Kommentare zu “ECM Markt: ein neuer „Quadrant“

  • G2Crowd
    20. Mai 2015 um 20:27
    Permalink

    Ich kann die Platform G2Crowd nur empfehlen. Reale Anwender, realistische Bewertungen, Vergleiche einzelner Anbieter mit Wettbewerbern, das ist ein wirklich hilfreiches Bewertungsportal, das dem Anwender richtig wertvolle Rückmeldungen liefert. Toll, dass es jetzt auch in Deutschland bekannter wird.

    Antwort
  • Qualität bei "Markt-Quadranten"
    25. August 2015 um 12:49
    Permalink

    Die alljährlichen Diskussionen um die Bewertung von Anbietern und deren Produkten, die üblichen "Wave-Quadrant-Matrix-Circle"-Diagramme, führt immer wieder zur Frage nach den Kriterien, der Auswahl und letztlich der Qualität und Aussagekraft. Gerade bei Plattformen wie G2Crowd oder Benchpark (dort habe ich selber lange Zeit den Bereich ECM betreut) stellt sich die Frage, wie die Plattformen die Qualität, Objektivität und Ehrlichkeit der Eingaben überprüfen (eine "Schweine"-Arbeit). 

    Gartner, die mit dem ECM Enterprise Content Management Quadranten – auf den gerade wir alle warten -, setzt auf eine neue Qualitätsinitiative, um sich von den "Folksonomy"- und Wettbewerbsanalysten-Diagrammen abzusetzen: das klassische Peer Review (Pressemitteilung). Man will EInschätzungen und Ergebnise zukünftig von weiteren Fachspezialisten prüfen und kommentieren lassen. Die Qualität soll den Unterschied bringen zu denjenigen Bewertungen, die wir im Eingangspost dargestellt haben. So soll auch der Anspruch und der Vorsprung von Gartner als im IT-Umfeld führendes Analysten-Unternehmen gefestigt werden.

    Und – vergessen wir unseren Merksatz nicht: Nicht allein die Grafik ansehen sondern den ganzen Text lesen

    Im Übrigen beschreibt Gartner in seinem Disclaimer sehr deutlich, wie mit den Ergebnissen und der Grafik umzugehen ist:

    "Gartner spricht keine Empfehlung für die in seinen Forschungspublikationen beschriebenen Anbieter, Produkte oder Dienstleistungen aus und rät Technologienutzern nicht, nur die Anbieter mit den höchsten Bewertungen zu wählen. Die Forschungspublikationen von Gartner enthalten Meinungen der Forschungsorganisation von Gartner und sollten nicht als Darstellung der Tatsachen angesehen werden. Gartner gibt in Bezug auf diese Forschungsergebnisse keinerlei Gewährleistung, ob ausdrücklich oder konkludent, auch nicht hinsichtlich der Marktgängigkeit oder Eignung für einen bestimmten Zweck."

    Eigentlich sind alle Waves, Circles, Quadrants, Maps und Matrix's nur Sichten auf einen Markt und keine Grundlage für Produktentscheidungen. Und wenn dann die Eingangsdaten nicht sauber  oder verifizierbar sind, dann ist diese Sicht auch noch ziemlich willkürlich oder vom Interesse von bestimmten Anbietern getrieben. Dies beginnt bei der Auswahl der Anbieter und endet bei der Bewertung der Kriterien.

    Wir sind gespannt, wie es mit dem Thema Markteinschätzungen beim Information Management weitergeht. 

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    • Aussagekraft von Marktstudien
      4. September 2015 um 7:40
      Permalink

      In unserem Blog haben wir nahezu alle aktuellen Marktstudien zu ECM versammelt. Vergleicht man diese, dann kommt man doch zu sehr erstaunlichen Unterschieden:

      Forrester nimmt an, dass das Marktvolumen für ECM im betrachteten Zeitraum ca. 9 Milliarden US$ ist, Gartner nimmt für den gleichen Zeitraum ca. 5,4 Milliarden US$ an.

      Das ist ein großer Unterschied, der sich vielleicht dadurch erklärt, wie die Analysten-Unternehmen den Markt und ECM selbst definieren. Hier ist die Definition von Forrester weiter gefasst und beinhaltet so ziemlich alles, was die Definition der AIIM für ECM ausmacht. Gartner verteilt dagegen einige Komponenten von ECM auf verschiedene Magic Quadrants.

      Die aktuellen Markt-Studien zu ECM bei uns im Blog:

       

       

      Antwort
  • Alternative zu benchpark, g2crowd und Co
    24. September 2017 um 10:59
    Permalink

    Ich möchte hier noch auf ein alternatives Portal hinweisen.
    Benchpark ist nicht mehr wirklich aktiv. Es ist in Zeit von Smartphones auch fast unbedienbar geworden.

    Wir haben mit recogate.com ein B2B Bewertungsportal geschaffen, wo man neben Software auch die dazu passenden Dienstleister bewerten kann.
    Unter https://marketing.recogate.com könnt Ihr Euch ein eigenes Urteil bilden

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