Content Management – Im Spannungsfeld von WCM, CM und ECM

18. November 2013 14:42 Uhr  |  PROJECT CONSULT Webmaster  |  Permalink


Die 7i der Webseiten-Entwicklung
Content Management ist ein weit gefasstes Feld. Allein schon die Eingrenzung bereitet Schwierigkeiten, Unterschiedliche Definitionen, verschiedene Branchenansichten und sprachliche Divergenzen haben Content Management fast zu einer inhaltsleeren Hülle verkommen lassen. Dabei geht es genau um die Inhalte, den Content.

Der Begriff Content selbst ist relativ neutral und lässt sich auf verschiedene Bereiche anwenden: vom Inhalt eines Buches oder eines Gefäßes bis zum elektronischen Inhalt in Informationsmanagementsystemen. Im Umfeld der Informations- und Kommunikationstechnologie haben wir uns allerdings daran gewöhnt bei Content meistens an Web Content, also Inhalte, die von Webseiten-Veraltungswerkzeugen bereitgestellt werden, zu denken. Diese Eingrenzung ist jedoch zu eng.

Content im Web

Bei Content im Web denkt man sofort an CMS, Content Management Systeme. Diese haben in den vergangenen Jahren eine stürmische Weiterentwicklung erlebt. Beim Web Content Management erleben wir eine Differenzierung zwischen den großen Lösungen, die häufig noch „inhouse“ installiert und betrieben werden, und den kleinen Werkzeugen, die nahezu kostenfrei jedem seine Webpräsenz ermöglichen. Bei den großen Portal-Systemen sind zahleiche Produkte aus der „Sturm-und-Drang“-Zeit der 90er Jahre heute verschwunden. Als überdimensionierte proprietäre Dinosaurier waren sie der Weiterentwicklung des Web nicht gewachsen. Ansätze wie „Web 2.0“ trugen hierzu erheblich bei. Dennoch gibt es weiterhin eine große Zahl von speziellen Webseiten-Systemen, die Betrieb und Redaktion unterstützen. Auch Standardprodukte, die ursprünglich vorrangig für die interne Nutzung designed worden waren, wie z.B. Sharepoint, besetzen auch das öffentliche Web. Die Vielfalt der Varianten des Web Content Management ist größer geworden:

  • Einfache Webseiten als Baukasten-System werden von Betreibern von Portalen und Telefonie-Anbietern angeboten. Eine Webseite lässt sich als Muster auswählen und einfach anpassen. Ein Beispiel ist 1×1.
  • Blogs als Webseiten erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Sie lassen sich inzwischen auch als professioneller Webauftritt gestalten. Ein Beispiel ist WordPress.
  • Open-Source-Lösungen, für die passende Templates frei verfügbar sind und deren zahlreiche Module auch gehobene Ansprüche von komplexeren Webseiten erfüllen. Beispiele sind hier Drupal, Joomla und Typo3.
  • Professionelle Webseiten-Produkte von arrivierten Anbietern, die auch den Aufbau größerer Portale unterstützen. Auch wenn hier der Markt sich durch Aufkäufe konsolidiert hat gibt es noch zahlreiche Anbieter wie zum Beispiel Reddot. Solche Produkte befinden sich meistens auch in den Portfolios der großen Software-Anbieter, sind jedoch unterschiedlich gut integriert.
  • Die Collaboration-Plattform Microsoft Sharepoint verdient einen eigenen Eintrag, da sie Inhouse wie auch als Service im Web eingesetzt werden kann. Als reines Web Content Management wird Sharepoint aber eher selten verwendet, da die collaborativen Aspekte im Vordergrund stehen.
  • Portal- und Integrationsplattformen sind immer weniger aber größere aam Markt. Neben freien Plattformen wie Apache gibt es immer noch Boliden wie IBMs Websphere.

Neu im Trend sind Micro-Websites, die gleich als App designed sind und eine gleiche Funktionalität im Web wie auch auf mobilen Endgeräten bieten. Im kombinierten Web-/App-Umfeld zeigt sich auch aktuell das größte innovative Potential.

Content im ECM

ECM wird heute immer noch vorrangig für Inhouse-Lösungen "on Premise" für dei internen Dokumente und Prozesse des Unternehmens gedacht. Aber Enterprise Content Management hatte auch immer den Anspruch, Web Content Management als eine  der „Manage“-Komponenten zu integrieren. Der Ansatz war, dass Web Content Management nur zur Präsentation von vorhandenen Inhalten aus dem gesicherten Repository des ECM dienen sollte. Daher hatte WCM in der ECM-Sicht auch keine eigenen Workflows, Archive, Konverter und andere Standard-Dienste eines ECM. Diese Vision hat sich aber am Markt nicht durchgesetzt, obwohl der Ansatz sehr sinnvoll war und ist. Die meisten WCM-Produkte verfügen über eigene Editoren, eigene Freigabe-Workflows, eigene Repositories. Information wird neu erfasst und neu gestaltet, obwohl sie bereits vorhanden ist. Vielfach liegt Content bereits nur im eigenständigen WCM vor und gelangt nicht in die interne Verwaltung der Unternehmensinformationen. Dies wird spätestens dann kritisch, wenn aufbewahrungspflichtige Informationen nur im Web vorhanden sind. Mit dem Thema Web-Archivierung, d.h. Archivierung von Webseiten, Transaktionen und Ansichten – schließt sich wieder der Kreis. Letztlich werden hier Webinformationen wieder einem ECM als sicherem Speicherort zugeführt.

Viele ECM-Anbieter haben Web-Content-Management-Produkte oder –Komponenten mit im Angebot. Sie sehen dies aber nicht als Schwerpunkt. Wichtiger ist den Anbietern, ihre Produkte über das Internet nutzbar zu machen, sowohl bei Inhouse- wie auch bei Public-Cloud-Lösungen. Das WCM ist hier vielfach auf eine Schnittstelle zum ECM-System reduziert und hat nicht die Aufgabe, eigenständige Webseiten aufzubauen und zu verwalten. Eine direkte Verknüpfung von ECM und WCM ist daher nur in sehr seltenen Fällen erfolgt. Was allerdings bemerkenswert ist, dass inzwischen eine Reihe von reinen WCM-Werkzeugen auch den Anspruch erheben ein ECM Enterprise Content Management System zu sein. Ein Beispiel ist hier Typo3. Abgesehen von einer „Fehlinterpretation“ was ECM ausmacht werden solche WCM-Lösungen nur selten dem Anspruch eines klassischen ECM gerecht.

Dennoch ist ein Trend zu beobachten, dass gerade im Web- und Mobile-Umfeld neue Lösungen mit vereinfachten Oberflächen sich verbreiten, die zukünftig dem klassischen ECM Konkurrenz machen werden. Hier ist an Anbieter von synchronisierten Speicherservices wie DropBox oder Box aber auch an Produkte wie Evernote zu denken. Immer mehr Funktionalit aber auf kleine Unternehmen und private Nutzer zugeschnittene Funktionalität aus dem ECM-Füllhorn wandert in diese Produkte. Zumindest im Low-End-bereich entsteht hier Wettbewerb zu den traditionellen ECM-Produkten, besonders der mittelständischen Anbieter. Auch Microsoft sieht hier für Sharepoint in Gestalt als Office 360 einen zukunftsträchtigen Markt. ECM löst sich durch solche neuen Trends auf und geht im EIM Enterprise Information Management auf. Das traditionelle ECM Enterprise Content Management kann heute als "matur" gelten. Funktionsumfang und Einsatzgebiete haben sich zwischen den verschiedenen Anbietern nivelliert. Große "Allround"-Anbieter stehen neben mittelständischen Spezialisten und regionalen "Champions". Neue Technologien und neues Nutzungsverhalten setzt alle drei Gruppen unter Druck. Besonders Mobile, Cloud und Ubiquitous verändern den Markt. Web-Oberflächen und zum Teil auch Web-Funktionalität wird bei allen ECM-Produkten jedoch inzwischen vorausgesetzt. ECM wie auch WCM müssen sich dabei den Trends im Web und bei der Kommunikation anpassen.

Die sieben „i“ des Web Content Management

Man kann die Entwicklung von Webpräsenzen im Internet mit sieben „i“ – Image, Information, Interaction, Individualisation, Integration, Investigation und Infiltration – beschreiben, die zugleich die Entwicklung des Webs aufzeigen:

[i1 ] Image
      In der Frühzeit des Webs ging es bei Web-Präsenzen nur um die Repräsentation von statischen Inhalten.

[I2 ] Information
      Der nächste Schritt war die Bereitstellung von Information. Webseiten mit einem umfangreichen
      Informationsangebot, zunehmend durch Medien angereichert.

[I3 ] Interaction
      Mit dem Web 2.0 rückte die Interaktion und der Austausch von Information in den Vordergrund der
      Webseiten.

[I4 ] Individualisation
      Mit der Individualisierung und Personalisierung von Webangeboten wurden die Webseiten genau auf der
      Besucher zugeschnitten um eine entsprechende Bindung zu erzeugen aber auch zielgerichteter die
      gewünschte Information bereitzustellen.

[I5 ] Integration
      In der Phase der vollständigen Integration werden Web-Inhalte mit mobilen Inhalten und den Inhalten
      innerhalb des Unternehmens gemischt, integriert und zusammengeführt. Die Trennung der verschiedenen Welten wird für den Endbenutzer aufgehoben.

[I6 ] Investigation
      Die Ausforschung mit Prism, Tempora & Co. zeigt sich in einfacherer aber ebenso gezielter Form in Web-Plattformen. Die vollständige Analyse des Be-suchers und die Auswertung seiner Daten für exakt zugeschnittene Angebote werden Bestandteil der Webseiten.

[I7 ] Infiltration
      Das siebte „i“  steht für das Eindringen und Beeinflussen des Webs mittels Ubiquitous Computing, Devices wie Google Glass, dem Smart-Telefon als Abhörgerät, immer mehr Sensoren und Kameras, etc. die ihrerseits die Präsentation von Inhalten im Web verändern.

Web Content Management wie auch Enterprise Content Management verändern sich daher in Bezug auf die zugrunde liegenden Technologien und die Integrationsansprüche ständig. Was sich mit Web 2.0 noch als positive Vision des uneingeschränkten Wissensaustausches und der weltweiten Kooperation darbot, ist jedoch inzwischen in eine schleichende Beeinflussung und Manipulation umgekippt. Die Nutzung immer neuer Technologien und die sich ständig erweiternden Möglichkeiten der Interaktion im Web führen letztlich auch zur Notwendigkeit, ständig Webseiten zu überarbeiten und zu modernisieren – und dies nicht nur auf Grund von Marketingtrends, Attraktivitätserhaltung und Design-Ansprüchen. Auf interne ECM-Lösungen hat dies nur den Effekt, dass die Anwender zunehmend auch von den Inhouse-Lösungen den gleichen Komfort, die gleiche Usability und eine ähnliche Nutzbnarkeit erwarten. Hier ist der Druck nicht so hoch und zu dem steuerbar.

Das traditionelle ECM Enterprise Content Management bleibt so aber auch hinter diesen Entwicklungen im öffentlichen Web und im Enterprise 2.0 zurück. Aber es gibt weiterhin Anwendungsbereich. Wo auch traditionelle ECM-Technologien ihren Platz finden werden. Ungeklärt und weiterhin eine offene Flanke ist nämlich auch, was mit all den Inhalten in Zukunft passiert, wo sie gespeichert werden und wie sie bewahrt werden können. Content wird zwar zur Laufzeit „gemanagt“, aber die Bewahrung des Wissens als Ressource und als historisches Dokument steht erst in den Anfängen.

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